Unterwegs im Koreanischen
Unterwegs im Koreanischen

Eintauchen in eine fremde Welt

Mitgerissen von der Koreanischen Welle

Ich bin mal so zufällig in das Koreanische hineingeschlittert und hängengeblieben. Ziemlich schnell habe ich dann begriffen, dass Korea eigentlich im Trend ist. Ich wusste das davor noch nicht. Die Rede ist von der Koreanischen Welle, der KWave - Hallyu - die weltweit über die südkoreanischen Grenzen schwappt. Die K-Fangemeinde ist heute praktisch überall aktiv und kreativ, digital sozial vernetzt und schnell zu allen möglichen Zeitthemen mobilisierbar. Die Welle umfasst dabei neben KDrama und KMovie auch KPop, KBeauty, KFashion, KFood...  

 

Ich sag es gleich: ich finde das nicht alles toll, was da passiert. Ich bin kein Fan der Koreanischen Welle, aber fasziniert und inspiriert davon. Mich beeindruckt die enorme Entwicklungsdynamik, die von der Kreativwirtschaft auf das Land und die Menschen übergeht und wie sie den gegenwärtigen gesellschaftlichen Umwälzungsprozess auslöst und fördert. Natürlich steckt dahinter eine Industrie, die für manche regelrecht als Gelddruckmaschine funktioniert. Über die KWave wird vor allem Jugend und Schönheit, bzw. die Produkte, die dabei helfen sollen, weltweit raffiniert vermarktet. Doch das KDrama schafft es zudem, Menschen unterschiedlichster kultureller Hintergründe zu berühren,  zu bewegen, zu bilden und das eigene, vergleichsweise kleine Land mit seiner Kultur gleichsam weltweit näher zu bringen. In diesem Fall kein Coca Cola als verflüssigter American-Way-of-Life, sondern KDrama als emotionales KFood-for-Thought.

KDrama als Auslöser: Aufbruch zu neuen Horizonten

Es war ein unspektakulärer Mittwochabend im September 2019. Auf der Suche nach inspirierender Unterhaltung stolperte ich bei einem Streamingdienst über das koreanische Remake einer amerikanischen Serie, die ich kannte. Es handelte ich um "Designated Survivor: 60 Days". Nachdem das Gebäude der Nationalversammlung am Tag der geplanten Friedenserklärung zwischen Nord- und Südkorea durch eine Bombenexplosion zerstört und mit ihm alle Menschen, die sich darin aufhielten, tot sind, muss das letzte noch lebende Mitglied der Nationalversammlung - in diesem Fall der Umweltminister -vorübergehend als Präsident eingesetzt das Land für 60 Tage bis zur Neuwahl führen. Währenddessen gilt es, auch die Hintergründe des Bombenangriffs aufzudecken. Das dramaturgische Potenzial  im amerikanischen Original reichte für mehrere Staffeln. Aber was bedeutete ein solches Szenario für Südkorea - ein Land von dem ich eigentlich nur wusste, dass es seit seinem ´Bruderkrieg´ in den 1950er Jahren geteilt ist und bis heute keinen Friedensvertrag hat?

 

Ich war neugierig genug, um einmal reinzuschauen, da ich mir davon einen interessanten Einblick in die südostasiatische, geopolitische Perspektive versprach. Und ich wurde nicht enttäuscht. Tatsächlich bin ich seit dem immer tiefer eingetaucht in eine mir bis dahin völlig fremde Welt. Bis heute hat mich das Land mit seiner gegenwärtigen Entwicklungsdynamik, seiner Kultur, Sprache und Geschichte nicht wieder losgelassen. Dabei habe ich auch festgestellt, dass mir vieles gar nicht so fremd ist, da es zu allererst um Menschen und ihre Hoffnungen, Verwicklungen, Ängste, Nöte, Gier, Liebe, Hass, die verzweifelte Suche nach einer Lösung, Vergebung, Sehnsüchte usw. geht. Auch habe ich bemerkt, dass ich so manches vergessen habe, was auch in meiner eigenen Kultur bis vor kurzem eine noch viel größere Rolle gespielt hat, als heute - das ist noch gar nicht so lange her. ...Und dass ich noch einiges mehr verstehen möchte, auch rein sprachlich.

 

Und dann bekam ich als Psychologin und Redakteurin plötzlich Lust mal etwas ganz anderes zu machen. Es war ein Aufbruch zu neuen kulturellen Horizonten und dabei zugleich die Heimkehr zu einer urmenschlichen (kulturübergreifenden) Qualität: dem Mitgefühl.

KDrama: Der direkte Weg ins Herz des Massenbewussteins

Korea ist vergleichsweise klein, Südkorea durch die scharfe Grenze zu Nordkorea geradezu eine Insel. Das Land ist eher auf sich selbst konzentriert, bis heute mit vergleichsweise wenig Multi-Kulti. Doch mit dem KDrama hat das Land einen neuen Exportartikel geschaffen, der es in sich hat. So schwappt Südkorea weit über seine Landesgrenzen, erfasst Menschen auf dem gesamten Erdball - und hat schließlich auch mich erreicht. Ich wollte nach meiner ersten Begegnung mit dem KDrama mehr über die Menschen in diesem geteilten Land erfahren. Mit großer Begeisterung habe ich mir dazu das KDrama in seiner mannigfaltigen Ausprägung zu Nutze gemacht.

 

Das KDrama war für mich der Ausgangspunkt und eine hervorragende Lehrmeisterin, um mir Kultur und Sprache auch über die Entfernung von rund 8.500 km näher zu bringen. Wiederkehrenden Themen, alltagspraktischen Handlungsfelder und Motive spiegeln das Land in seiner Kultur und Geschichte. Ich fing an, vor diesem Hintergrund weiter zu recherchieren. Und das geht immer noch weiter. Geschichte, Sprache, Landeskunde, Küche, Musik, Lyrik, Kunst und Literatur: das kleine Land bietet einen reichhaltigen Fundus ... selten hat es mir so viel Freude bereitet, mich mit der Fülle an Errungenschaften einer mir völlig fremden Kultur zu befassen. Mein persönlicher Hintergrund als Psychologin und Redakteurin führte unweigerlich dazu, dass meine Recherchen auch rechts und links des KDrama verliefen und meine Gedanken dazu immer auch ein bisschen die kritische Distanz wahren. Ich bin deswegen kein klassischer Fan. Dennoch geht das KDrama ans Herz und hat dabei auch meines berührt...

 

Nach 3 Jahren intensiver Studien habe ich das Gefühl, dass ich dem Koreanischen um einiges näher gekommen bin. Was fremd war, ist mir heute vertraut und verständlich. Wo Unverständnis und Kritik war, ist Verständnis und Respekt. Ich finde vieles nicht gut - Diskriminierung, Unterdrückung, Korruption, Gewalt, Missbrauch... - aber ich bin sogar noch neugieriger auf Land und Leute geworden und möchte in einem nächsten Schritt vor Ort meine Beobachtungen und Erkenntnisse validieren... (So habe ich nun vor, meine Sprachkenntnisse (u.a. am KDrama) weiter zu vertiefen und wenn Covid, Klimawandel und Weltpolitik mir keinen Strich durch die Rechnung machen, im kommenden Jahr das Land zu bereisen.) ****Edit 2023: Ende Mai/Anfang Juni findet er endlich statt, der Besuch vor Ort. Ich habe meine Erkenntnisse, Erlebnisse und Erfahrungen im Reiseblog vom 23.5. - 9.6.2023 dokumentiert. ****

 

Auf diesen Seiten habe ich einiges an Erkenntnisse aus meinen KStudies zusammengetragen. Frau/man könnte dieses Projekt hier vielleicht ein bisschen wie ein Buch verstehen, das sich horizontal und/oder vertikal und/oder in Auszügen lesen lässt.

Der Bereich der Reviews zu einzelnen KDramen und KMovies wird dabei laufend ergänzt und erweitert. Es lohnt sich also, immer mal wieder vorbei zu schauen.

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