Unterwegs im Koreanischen
Unterwegs im Koreanischen

KDrama nach Themen: Bildung & Arbeitswelt

Agency

"Agency" hat es in sich. Die Zuschauerzahlen sind rasant in die Höhe geschossen, die Bewertungen ebenfalls. "Agency" ist der Renner. Kühle Frische, Fashion, Tempo, die ein oder anderen Rivalitäten sowie sämtliche Schubladen menschlicher Umgangsformen, auch die untersten, untermalen das handverlesene Lifestyle-Ambiente. Das alles garantiert viel Spaß, und das ganz im Ernst...

 

Das Thema trifft den südkoreanischen Nerv der Zeit. Den Nerv insbesondere der Frauen, sollte ich hinzufügen. Was für das westliche Augen vielleicht wie ein unterhaltsames Bürodrama mit Zickenkrieg daher kommt, hat im Auge der asiatischen, insbesondere  der südkoreanischen Betrachter*innen noch eine ganz andere Brisanz: Das in der Tiefe verborgene, aufrüttelnde Thema der Zeit, das alle betrifft, lautet ´schrumpfende Gesellschaft´. Der an der Oberfläche brodelnde, kritische Nerv zirkelt dabei um Sexismus und Frauenfeindlichkeit. Der amtierende Präsident Yoon meinte zwar, diese Themen getrost in die Geschichtsbücher verorten zu können, doch spätestens "Agency" straft ihn Lügen. Das KDrama führt anschaulich vor, wie aktuell es ist. Mehr als eine südkoreanische Frau in dieser Geschichte, egal in welcher Position sie sein mag - bis hin zur Generation der Mütter jener Mütter in der Serie - wird sich hier wiederfinden. Und mehr als ein Mann ebenso... 

 

Erfreulich, wie messerscharf und kompetent die Protagonistin sich in dieser Männerwelt bewährt. Erfreulich ebenfalls: alternative Modellansätze für weiblichen vs. männlichen Führungsstil. Pointiert erfrischend zudem die extravagante, privilegierte Jaebeol der jüngsten Generation. Bei aller Schlagkraft, werden beide Lead-Damen dennoch auch berührbar gezeichnet. Da macht das Serienschauen Freude, selbst wenn die angerissenen Themen durchaus auch andere Gefühle wecken... Ein bunter Strauß thematisch kritischer, Plot-relevanter Fäden wird dramaturgisch feinsinnig ineinander verwoben. Darin tummeln sich neben den beiden Leads auch die (Frauen)bewegenden Geschichten um Go Ah-ins Mitarbeitende und Kolleg*innen. 

 

Grandiose, gut aufgelegte Darsteller*innen. Exzellentes Skript. Eine wunderbar gelungene Mischung aus Spaß und Ernst, aus Tempo und Tiefgang. Die stimmigen Details stricken unbeirrt an einem ausdifferenzierten Gesamtbild der gegenwärtigen Arbeitswelt, das wenig auslässt. High-end KDrama-´Genuss´, der mal entzückt, mal erzürnt, mal begeistert und mal betroffen macht. Bei alledem setzt "Agency" auf der Nebenspur in aller Unschuld, hübsch lächelnd und doch raffiniert dosiert seinen frauenbewegten Stachel an.

Prädikat "Besonders wertvoll."

 

 

 

Randnotiz:

Frauenfeindlichkeit und schrumpfende südkoreanische Gesellschaft

Ohne Frauen geht es nicht. Doch Präsident Yoon hat sich nun ganz offiziell mit ihnen angelegt. Als bekannt wurde, dass er das Ministerium, das vor ca. 20 Jahren zur Rückendeckung von Frauen, gegen sexuelle Übergriffe und für Gleichberechtigung eingerichtet worden war, abschaffen wolle, weil dessen Thema ja kein Thema mehr sei, gab es eine enorme Protestwelle. Rund 800 Organisationen formierten sich, um dies zu verhindern. Präsident Yoon, seines Zeichens gefördert und protegiert von einer starken konservativen, patriarchalen Strömung, hat da in ein Hornissennest gestochen. Seine Welt -die der Machomänner - ist offensichtlich eine andere als die der Frauen.

 

Fakt ist: Frauenfeindlichkeit prägt den Alltag in allen Schichten. Eine tief verwurzelte, durch Männer dominierte Geschäftswelt, von ganz unten bis hinauf in die Chefetagen, Benachteiligung im Beruf und Diskriminierung am Arbeitsplatz, das alles ist nicht Geschichte, sondern wurde durch die Wahl des aktuellen Präsidenten Yoon sogar nochmals angeheizt. Zum Glück gibt es gegenläufige Bewegungen und Kritik. Das KDrama "Agency" setzt hier eine gesellschaftskritische Lupe an. Doch der Weg ist noch weit, obwohl eine drastische Besinnung angesagt wäre, um die wirtschaftliche Entwicklungsprognosen für die Zukunft in einem positiven Licht ansiedeln zu können. Die aktuelle demographische Entwicklung ist eng verknüpft mit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation, die durch antiquierte patriarchale Überzeugen geprägt ist. Jene (scheinbar immer wieder gerne aufs Neue aus dem soziokulturellen Regal genommenen, abgestaubten und hochglanzpoliert dann wieder zurückgestellten,) alten Überzeugungen wiederum stehen in krassem Widerspruch zum hohen Tempo der hoch technologisierten Modernität des täglichen Lebens.

 

Dieses spannungsgeladene Paradox wirkt sich inzwischen bereits negativ (nicht nur auf das Lebensgefühl der Frauen, sondern auch) auf die Wirtschaft Südkoreas aus. Die amtliche Statistik zur Bevölkerungsentwicklung vom August 2022 belegt erstmals rückläufige Zahlen. Die Geburtenrate des Landes wiederum ist weltweit die niedrigste. Da ist keine Trendwende in Sicht. Das Schrumpfen der Bevölkerung wird weitergehen. Und das wird sich auf die Wirtschaftskraft auswirken. Dabei wäre der Anteil der Frauen an der arbeitenden Bevölkerung mit 55,1 Prozent durchaus ausbaufähig. Zwar sind südkoreanische Frauen im Schnitt sehr gut ausgebildet, doch nur etwas mehr als die Hälfte bringt ihre Skills tatsächlich ins Geschäftsleben ein. Unter den Männern wiederum sind 73,7 Prozent erwerbstätig. An diesem Ungleichgewicht ist nicht zuletzt die frauenfeindliche Grundhaltung in sämtlichen Bereichen Schuld. Der Unterschied in der Bezahlung zwischen Frauen und Männern ist mit 31,1 Prozent beziffert. So schlimm ist es nirgendwo sonst unter den 38 OECD Ländern. Hinzu kommt die Benachteiligung auf dem Karriereweg. Work-Life-Balance steckt in den Kinderschuhen, denn die Devise ist: Frau an den Herd. Chefetage ist Männersache. Frauen sind hier die Seltenheit. Und wenn, dann oftmals zudem lediglich fürs Image einer leeren Marketinghülse (ähnlich, wie in "Agency").

 

Höchste Zeit, dass die vielen frauenfeindlichen unter den südkoreanischen Männern (samt ihrem Präsidenten) in der Gegenwart ankommen. Eine Trendwende gelingt nur miteinander.

대행사 - Daehaengsa

Lit.: Werbeagentur

 

2023, 16 Episoden

 

Hauptdarsteller*innen:

-Lee Bo-young
-Son Na-eun
-Jo Sung-ha
-Han Joon-woo

 

Plot:
Go Ah-in hat sich in der angesagten Werbeagentur, die Teil des Konglomerats der VC Group ist, auf der Karriereleiter eisern nach oben gekämpft - mit Skills, Professionalität in der Sache und im Auftreten, sowie mit pathologischem Workaholism. Ihr kann man/frau wenig vormachen und sie lässt sich wenig sagen, wenn es nicht sein muss. Zeit, dass ihre Leistungen mit einer Leitungsposition gewürdigt wird. Tatsächlich bekommt sie ihre Chance. Doch eigentlich soll sie in der durch Männer dominierten Geschäftswelt der VC Group lediglich den Weg für das verwöhnte, überhebliche Nesthäkchen der Kang-Dynastie  ebnen, die es als zukünftige weibliche CEO auf Anerkennung und Standing in der Businesswelt abgesehen hat. Sie muss sich gegenüber ihrem Großvater als Frau in Leitung und als potenzielle Erbin der VC Group beweisen. Das ist jedoch eine ziemliche Herausforderung, denn diese Welt bitterster Konkurrenz voll strategischer und oftmals diplomatischer  ´Kriegsführung´ ist ihr reichlich fremd.

 

Go Ah-in sieht sich zwei Fronten gegenüber: den rivalisierenden männlichen Kollegen bzw. Chefs einerseits, der jungen und unerfahrenen Jaebeol an machtvoller Position andererseits. Dabei ist Go Ah-in jedoch keinesfalls bereit, für irgendjemanden zur Seite zu treten... 

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