Unterwegs im Koreanischen
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KDrama nach Themen: Rom +/- Com

King the Land

"King the Land" erzeugt in mir äußerst ambivalente Gefühle. Ich bin immer noch nicht entschieden, ob ich dieses KDrama als Trojanisches Pferd einstufen soll, oder als gelungener Prototyp eines KI-Produkts. Anders formuliert: handelt es sich um bewusst eingefädelte Gehirnwäsche, die haarscharf daran kratzt, den menschlichen Intellekt zu beleidigen, oder um das Ergebnis einer auf Publikumserfolg programmierten KI als Showrunner in ihrem ersten, dann doch erstaunlich erfolgreichen Testlauf?

 

"King the Land" ist eine Rom+Com. Ein Märchen, wie wir es seit Generationen kennen und lieben. Das Undenkbare wird möglich: emsig fleißiges Mädchen von nebenan findet Ritter in schillernder Rüstung - einen Jaebeol Sprössling, der sich den Luxus erlauben kann, am fetten Erbe des Konglomerats gar nicht interessiert zu sein. Also, wer darauf Lust hat, der bekommt eine hochglanzpolierte Variante von heiterer, trivialer (und konservativer) Lovestory, die klischeehafte Einblicke in das obere Segment der High-end Luxuswelt eröffnet, und sich dabei für rein gar nichts zu schade ist.

 

 

Hier meine Kritik. Meine Ärgernisse.

An Product-Placement kann man/frau sich ja gewöhnen (und muss das ja mittlerweile auch). "King the Land" setzt da jedoch unerschrocken eine geradezu obszöne Schippe obendrauf. Das geht so weit, dass ich stellenweise das Gefühl hatte, in einem 16 Folgen langen Werbespot gestrandet zu sein. Aufdringlich. Schamlos. Dreist stellenweise. Schlimmer geht offenbar immer. Ich spule selten vor. Doch selten habe ich so viel vorgespult, wie in "King the Land". Ich bin bereit, mich auf Momente einzulassen - Blicke, Gesten, Stillstand, das alles darf in meinen Augen schon auch mal Teil der Dramaturgie sein. Ist sogar willkommen, wenn´s stimmt. Doch hier dient die lange Einstellung viel zu oft dem materiellen Produkt, das bei der Gelegenheit präsentiert werden will, oder einer Belanglosigkeit, die man/frau als nett bezeichnen kann oder auch nicht. Just for fun, sozusagen, weil es (vermeintlich?) so schön ist. Meist geht es dabei um das eindringliche Zurschau-Stellen eines Lifestyle im höchstpreisigen Luxussegment, der für die große Mehrheit des Publikums wohl nie eine Rolle spielen wird. Da werde ich dann doch ärgerlich. Nicht, weil die Story in einer exklusiv aufgestellten Gesellschaftsschicht angesiedelt ist, sondern weil es so überdimensional inszeniert wird. Mit reichlich mehr Screentime, als zum Feeling und Verständnis der Story nötig oder stimmig wäre. 

Ich erklär mir das so: Der hochglanzstilisierte Luxuslifestyle der geradezu absolutistisch anmutenden (konservativen oder raktionären) Elite birgt zwischen den Zeilen eine Botschaft, die an alle Klassen darunter gerichtet ist: ´Da kommt ihr nie hin! Vergesst es. Freut euch an dem, was ihr habt. Gebt euch Mühe, dann könnte das ja sogar noch etwas mehr werden. Aber! WIR spielen in einer anderen Galaxie, die ist Lichtjahre von euch entfernt. Gebt auf. Unterwerft euch. Lasst uns machen. Dann soll es zu eurem Schaden nicht sein.´

 

Dazu passt: Das KDrama wählt eine fiese Mischung aus bewährten dramaturgischen Elementen und verkettet sie mit einer weiteren darin verborgenen, fragwürdigen (zu der obigen passenden) Botschaft, die vielleicht kaum auffällt. 

Da ist die Arbeitswelt, die so viele Menschen im Land (und sonstwo in anderen Ländern) teilen. Im südkoreanischen Fall steht dabei die autoritäre Hierarchie der Unternehmensstruktur im Vordergrund. Das geht durch alle Instanzen. Dazu gehört fast wie selbstverständlich: Rumkommandieren, Ausnutzen, Mißbrauchen, Ausbeuten. Das ist nicht neu. Das ist Alltag für ganz viele.

Ein rebellisches Aufbegehren ist diesbezüglich im KDrama immer gerne gesehen, als willkommenes Ventil. In diese Kiste greift auch dieses Produktion beherzt und mit einigem Humor: Dem Frust, dass sich ja nie etwas ändert, setzt der Held gleich mal gehörig was entgegen. Er begehrt auf. Wagt Widerworte. Setzt sich durch, mit energischen Lösungen, wenn es sein muss. Und behält die Oberhand. Wie wunderbar. Zu dumm nur, dass er zufällig der Sohn des Vorsitzenden ist, und sich das nun mal erlauben darf. Hier; und da; und dort.

So verkehrt sich die an sich positiv daherkommende, rebellisch anmutende (demokratisch inspirierte?) Botschaft ins (autokratische) Gegenteil: ´Etwas verändern können nur die, die monetär das Zepter schwingen, die Macht haben, tatsächlich was zu sagen haben. Die ganz oben also. Aus gutem Grund sind sie ganz oben, denn sie tragen ja (weil sie die Stamina und die passenden Gene haben) de fakto die Verantwortung für alle...´ 

Das KDrama wird nicht müde, diese Botschaft den Zuschauer*innen immer wieder in aller epischen Breite aufs Ohr zu hauen. Insbesondere verkörpert durch die Stiefschwester und Gegenspielerin des Protagonisten, aber sogar auch durch den vertrauten Sekretär des Protagonisten. Klar, unser Held tickt anders, aber (so die harmlos im Fahrwasser mitschwimmende Erkenntnis zum Mit-Nach-Hause-Nehmen): ´Es sind eben nicht die bösen Vorsitzenden, sondern da gibt es eine ökonomische Realität, mit der sich alle halbwegs verantwortlich denkenden und handelnden Menschen abzufinden haben. Punkt! Das sind gegebene Zusammenhänge, denen man/frau sich nicht entziehen kann, wenn in solch verantwortlicher Position. Ergo: DIE da oben sind nicht schlimmer als wir da unten. Im Gegenteil: DIE da oben tragen Verantwortung, wir da unten nicht. Und DIE da oben meinen es ja eigentlich gut mit uns. Wir können eigentlich froh sein: Uns geht es doch gut...´ Mag sein, dass es vielen besser geht als anderen, dass sie ein komfortableres Leben führen, als ihre Eltern oder Großeltern. Dennoch empfinde ich die Botschaft, die da so oft mitschwingt, als eine, welche die Menschen und ihr Potenzial prinzipiell klein halten will. Das gefällt mir persönlich nicht.

 

Daher: Ein Trojanisches Pferd der autokratischen Hinterzimmer-Drahtzieher, die eine moderne, anschauliche Einführung in den Absolutismus der heutigen Zeit geben wollen?

Oder (augenzwinkernd!) noch eine weitere Vermutung: "King the Land" ist ein KI Produkt, wobei die KI bei all ihren Algorithmen, auf ihren heuristischen Lösungenssuchen und bei ihren logischen Schlussfolgerungen blind für gesellschaftspolitische Zwischentöne in den bunten Topf erfolgsgarantierender, dramaturgischer Determinanten greift, sie für noch mehr Erfolg etwas aufbläst und dem Ganzen durch beliebte (erfolgsgarantierende?) Mimen, Musik, und Licht Leben einhauchen lässt. Auffällig dabei ist, dass man/frau stellenweise den Eindruck gewinnen kann, dass ein bisschen der Herzschlag fehlt. Vieles ist gewollt. Vieles überflüssig, just nice, wenn überhaupt. (Hierzu passt, dass eine Welle internationaler Empörung dem KDrama im Zusammenhang mit einem Kapitel, das sich um einen superreichen Hotelgast arabischer Herkunft drehte, gar jegliches interkulturelle Feingefühl abgesprochen hat.) 

 

Das ´done with love´ dieses KDramas zuckelt nach meinem Gefühl so hin und her zwischen ´ja´ und ´nein´. Da muss schon mal ein hübsches Gesicht reichen, ein harmonisches Tune, eine rührende Geste, ein Blick, ein Kuss zur rechten Zeit, um für den Rest wieder gut zu machen. Zum Ende hin gibt sich das KDrama nochmal alle Mühe, die amouröse Beziehungsdynamik rückt etwas mehr in den Vordergrund, und manches ist ganz vielversprechend, dahin gehend, dass sich vielleicht doch etwas ändern könnte an den zementierten Arbeits- und Lebensbedingungen der (meisten) Menschen. Doch eingebettet in die absolutistisch gefärbte Gehirnwäsche des Gesamtszenarios verliert es auch schon wieder etwas von seinem Charme. Es bleibt (bei mir) ein fader Geschmack zurück. 

 

 

Die gute Nachricht zum Schluss.

Ich kann nicht behaupten, dass ich völlig meine Zeit verschwendet hätte. Wenn ich (zwischendurch, was schon möglich war) all das oben erwähnte mal ausgeblenden konnte, dann hat das KDrama auch immer wieder geliefert - eine nette, klischeehafte Lovestory im Jaebeol-Milieu, mit einigem Katz-und-Maus-Spiel, ohne allzuviel Tiefgang, aber mit extra viel (!) Sahne. Einfach so. (Manche handeln "King the Land" ja inzwischen bereits als das KDrama mit der besten Kusszene...) Will sagen, die Produktion hat sich mit vielen Erfolgsfaktoren mächtig ins Zeug gelegt und (wie auch immer geartete) Mühe gegeben... 

 

 

Fazit:

Ich bin also ambivalent, denn selbst die von mir kritisierte, unverfrorene Machart finde ich dann trotz allem faszinierend. Ich habe bis zum Ende geschaut. Nicht nur aus professioneller Neugier. Ich hatte bei aller Empörung, die sich unweigerlich immer wieder in mir breit machte, phasenweise auch meinen Spaß. (Andernfalls wäre ich auf der Strecke, und da schon recht früh, ausgestiegen.)

Das ist eben auch KDrama... 

킹더랜드 - Kingdeolaendeu

Lit.: King the Land (anglizistisch)


2023, 16 Episoden

 

Hauptdarsteller*innen:
-Lee Jun-ho
-Im Yoon-ah

 

Plot:
Jaebeol Sprössling Goo Won ist lieber nicht im Land. Er lässt es sich mit seinem exklusiven Studentenleben in Großbritannien gut gehen - fern jeglicher Konglomerats-Geschäftspolitik. Seit er seine Mutter verloren hat, hält ihn in dieser Familie nichts mehr. Auch sein Vater nicht. Seine Stiefschwester soll sich mit "The King" rumärgern, zumal es ihr Freude zu machen scheint. Goo Won hasst seit seiner Kindheit das als King-Markenzeichen antrainierte, verlogene Lächeln des Personals sämtlicher Dienstleistungs-Unternehmen der King Gruppe - allem voran der King Hotels mit dem First Class Zweig "The Land". Doch auch die Tochtergesellschaften, etwa die Fluggesellschaft KingAir oder das DutyFree Kaufhaus Alanga, sind ihm reichlich egal.

 

Cheon Sa-rang arbeitet sich in der King Hotelkette mit viel Einsatz Schritt für Schritt nach oben. Ihre Freundinnen sind bei KingAir und Alanga angestellt. Sie alle leben von diesem berühmten King-Lächeln und haben dabei alle Mühe, mit den Vorgaben der Geschäftsleitung und den Übergriffen ihrer Vorgesetzten zurechtzukommen.

 

Die Schicksalswege von Goo Won und Cheon Sa-rang kreuzen sich. Und so sehr sie einander abstoßen, ziehen sie sich doch auch an. Goo Won ist zum ersten Mal bereit, Verantwortung zu übernehmen und in der Firmengruppe seines Vaters für eine andere, mitarbeiterfreundlichere Unternehmenskultur einzutreten. Doch das passt seiner Stiefschwester gar nicht, die im Establishment bereits längst als die Erbin der King Gruppe gehandelt wurde. Sie will in jedem Fall verhindern, dass Goo Won ihre Pläne dann doch noch durchkreuzt...

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