Unterwegs im Koreanischen
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KDrama nach Themen: Mehr Drama geht immer

My Golden Life

"My Golden Life" ist eines jener KDramen, die in Südkorea Seriengeschichte geschrieben haben. Die Beliebtheit nahm rasant zu, die Zuschauerzahlen haben sich im Verlauf der Ausstrahlung verdoppelt. Gegen Ende sahen sich knapp die Hälfte aller Fernsehzuschauer*innen des Landes an den Ausstrahlungswochenenden von "My Golden Life" eben diese Serie an. Damit gilt sie heute als ´nationale´ Serie.

 

"My Golden Life" ist zwar ein Familiendrama, doch dabei eines, das sich nicht nur in Familien-, Makjang- und RomCom-Clischées verliert, sondern darüberhinaus doch ausdrücklich einige kritische Zeitthemen anfasst. Und nicht nur das. Gängige Haltungen und Überzeugungen werden dabei mutig dekonsturiert. Das macht "My Golden Life" zu einem erfreulich progressiven KDrama. Zu den Zeittehmen zählt auch das ´recht neue´ Konzept, persönliche Lebensentscheidungen schon mal über den Kopf der Familie hinweg im eigenen Interesse zu treffen und nicht aus traditionellem Prinzip, ohne Rücksicht auf eigene Verluste die Großfamilie über alles (und dabei die eigenen Wünsche) zu stellen. Recht progressiv ist dabei ebenfalls der Umgang mit dem Thema ´Scheitern´ (bis hin zur ´Depression´ als Ergebnis erlernter Hilflosigkeit). Ob reich oder arm, diese Themen machen vor verschiedenen Einkommensklassen keinen Halt. So auch nicht in "My Golden Life". Sie treffen hier gleich mehrere Protagonist*innen auf jeweils eigene Art. Hinzu kommen aktuelle Dauerbrennerthemen wie die (fehlende) Vereinbarkeit von Beruf und Familie, soziale Diskriminierung und die Schande einer Scheidung, sowie zunehmend auch die Brisanz von ´Altersdiskriminierung´.

Und letztlich bei alledem: Was bedeutet es, ´erwachsen´ zu sein? Ist es erlaubt? Überhaupt gewollt? Tatsächlich erwünscht? Erwachsen im Sinne von: herausgewachsen aus dem vertrauten Nest und in der Lage, mit den eigenen Flügeln zu fliegen? Auf meine individuelle Weise anzuwenden, was ich gelernt habe? Mündig im Sinne von: eigene Entscheidungen treffen, die ich dann auch selbst verantworten muss/kann?

 

Erfreulich und erstaunlich daran: Praktisch alle Protagonsit*innen durchlaufen vor dem Hintergrund diverser gesellschaftlicher Zeitthemen ihre ganz persönlichen  Entwicklungsprozesse. Viele dramaturgischen Motive mögen zwar vertraut sein, doch man/frau kann sich sicher sein, dass früher oder später alle herausgefordert werden, ihre Einstellungen und Lebenshaltungen auf den Prüfstand zu stellen. Es reicht nicht, mit einem sozialen Reptiliengehirn im Reiz-Reaktionsmuster durchs Leben zu stolpern. Und es gelingt eben auch nicht immer, mit der Überheblichkeit absolutistischer Machtphantasien die Umwelt kontrollieren zu wollen.

"My Golden Life" dekonstruiert systematisch die gängigen dramaturgischen Stellschrauben für die kritischen Lebensentscheidungen (und Plotentwicklungen.) Da wird letzlich zwangsläufig individuell viel hinterfragt und die Protagonist*innen kommen dann doch immer wieder zu erstaunlich reifen, weisen, erwachsene Neueinschätzungen und Neuentscheidungen. Die sind (in  diesem KDrama zumindest) möglich, erlaubt, sogar erwünscht.

 

´Neueinschätzung´ ist geradezu die übergeordnete Moral von der Geschichte.

Im Sinne von: Traditionelle Strukturen, Regeln, übliche Handlungsmuster und gegebene Ordnungen, schön und gut. Die mögen im Leben eine Richtung vorgeben und ein gewisses Sortiment an Handwerkszeugs an die Hand geben, wie man/frau den Herausforderungen und Geschenken des Lebenes begegnen kann. Doch letztlich gilt es in jedem Einzelfall, zudem immer auch noch selbst nachzuspüren und zu überprüfen, was jetzt und hier wirklich angesagt und gefragt ist. Und was ich wirklich wünsche, vermag, für richtig erachte und zu leisten bereit bin. Einfach Übernehmen, was andere sagen, machen würden oder wie sie ähnliche Situatione gelöst haben, das ist NICHT gefragt. Die stimmige Entscheidung ist letztlich nicht immer unbedingt die leichte, angenehme oder naheliegende Lösung... 

In Ausbildungen gibt es am Ende meist eine Form von Diplom oder Meistertitel. Und in "My Golden Life" haben sich so einige ihre Auszeichnung verdient... jeweils auf ihre Art. 

 

"My Golden Life" ist auch ein Lehrstück in Emanzipation, im ursprünglich lateinischen und auch im modernern Sinne. Mit "emancipatio" war die „Entlassung des Sohnes aus der väterlichen Gewalt“ gemeint. Im weiteren Sinne: das erwachsene Kind oder der/die Schüler*in wird in die Selbstständigkeit entlassen. Und heute generell: die Befreiung aus der Diskriminierung aufgrund einer Gruppen-, Geschlechts- oder Klassenzugehörigkeit.

 

Sinnbildlich für diesen vielschichtigen Dekonstruktionsprozesses ist der Wandel der Bedeutung von´Gold´ und der Einschätzung seines Wertes - parallel zu den Prozessen, welche die Protagonist*innen diesbezüglich durchmachen... Bei den meisten Figuren herrscht anfangs die Überzeugung vor, dass Geld (und damit einhergehend: Status) die Voraussetzung oder Garantie fürs Glücklichsein ist... (und andererseits, dass der Mangel oder Verlust von Geld ein Grund oder die Ursache fürs Unglücklichsein darstellt.) Doch sie lernen und erkennen im Laufe der Geschichte, dass das ´goldene´ (= strahlend glückliche) Leben eben nicht notwendigerweise eines mit viel Geld ist. (Und dass Unglücklichsein auch MIT viel Geld durchaus möglich, sogar verbreitet ist - in einem (wenn auch) goldenen Käfig...)

 

In den dramaturgisch nach verspielter Makjang-Manier dann doch recht spannend und komplex durchkonjugierten Beziehungsdynamiken werden ´verarmte Mittelklasse´ und ´richtig reicher Jaebeol Clan´ einander raffiniert gegenübergestellt und daran die Überhöhung der Bedeutung der sozialen Klassenzugehörigkeit geradezu offensiv konfrontiert. Unreflektiert aus Prinzip übernommene Überzeugungen werden hinterfragt, unterwürfiger Gehorsam und selbstbewusste Rebellion knackig nebeneinandergehalten. Zudem: Eine zweifelhafte, arrogant gönnerhafte ´Noblesse oblige´-Tugend pointiert kritisiert. Dies gelingt in einer reifen Mischung aus mal witzig, mal intelligent, mal unverschämt provokant und mal gefühlvoll ernst. Stellenweise ist es wirklich komisch, und stellenweise zum aus der Haut fahren. Mal berührend, mal geradezu grotesk. Einerseits Leichte Kost und andererseits doch stets (sanft, aber beharrlich) mit dem Finger an den gesellschaftlichen Schrammen, Macken und tiefen Wunden. Ein rundum gelungener, ambitionierter Seiltanz für ein Familiendrama am Wochenende und auch mit 52 Folgen nicht langatmig.

 

Auch ich reihe mich in die vielen positiven Kritiken dieses KDramas ein und gebe dafür das "Prädikat wertvoll".

황금빛 내 인생 - Hwanggeumbit Nae Insaeng
Lit: Mein goldenes Leben
 
2017, 52 Episoden
 
Hauptdarsteller*innen:
-Park Si-hoo
-Shin Hye-sun
-Lee Tae-hwan
-Seo Eun-soo
-Chun Ho-jin 
-Kim Hye-ok 
-Lee Tae-sung 
-Shin Hyun-soo
-Jeon No-min 
-Na Young-hee a
-Lee Da-in
-Kim Byung-ki 
-Wi Ha-joon
 
 
Plot:
Die Wege zweier Familien sind in schicksalhafter Weise miteinander verstrickt. Da ist der reiche Jaebeol Clan und hier die verarmte Mittelstandsfamilie. Seo Ji-an hat seit dem Bankrott ihres Vaters den Traum, Bildhauerin zu werden, aufgegeben. Sie versucht stattdessen verzweifelt, eine feste Anstellung zu bekommen. Endlich hat sie gute Aussichten, dass sie dieses Mal nach Auslauf ihres befristeten Vertrags von der Haeseong Group übernommen wird. Der Zusammenstoß mit dem arroganten Choi Do-kyung, dem aussichtsreichen Erben eben jener Haeseong Group, verändert ihr Leben in völlig ungeahnter Weise. Wer hätte ahnen können, dass die beiden sich nach dieser unerfreulichen Begegnung als Geschwister wiederbegegnen? 
 
Die verheißungsvolle Aussicht, ihr weiteres Leben im Wohlstand leben zu dürfen, erweist sich aus der Nähe betrachtet dann jedoch als gar nicht so erquicklich für Ji-an, wie sie dachte. Und es kommt noch doller. Ihr Traum von einem privilegierten Leben platzt mit großem Knall.  Nicht nur ihr Leben, auch das der ihr nahe stehenden Menschen gerät völlig aus den Fugen...
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