Unterwegs im Koreanischen
Unterwegs im Koreanischen

KDrama nach Themen: Crime & Politics

Money Heist:                                  Korea - Joint Economic Area

"Money Heist: Korea - Joint Economic Area" ist ein Remake der spanischen Netflix Produktion "Haus des Geldes". Wie auch bei "Designated Survivor: 60 Days", "Suits" oder "The Good Wife" hält sich auch dieses südkoreanische Remake eng an das Original. Viele Zuschauer*innen mögen sich daran abarbeiten, was nun besser ist, ob das nötig ist, etc.  -

Ich nicht. Mich fasziniert vielmehr, wie es gelungen ist, in die vorliegende Geschichte spezifisch koreanische, gesellschaftspolitische Dynamiken einzuweben und im hohen Spannungsbogen in ein weltweites Bewusstsein zu katapultieren.

 

Vor diesem Hintergrund ist die Serie stellenweise wahrlich brillant. An den meisten Zuschauer*innen wird das möglicherweise eher vorbei gehen, da sie ihre Aufmerksamkeit darauf gar nicht legen. Jedoch bleibt wahrscheinlich unbewusst dennoch das ein oder andere hängen. (Oder auch nicht.) 

 

Jedenfalls. "Money Heist: Korea - Joint Economic Area" spielt in einem fiktiven wirtschaftlich geeinten Korea. Diese Prämisse als Setting allein ist schon raffiniert visionär, denn damit wird ein solches gar nicht sooo unrealistisches Einigungs-Szenario für die verfahrene Situation zwischen den beiden Ländern mal eben ins Massenbewusstsein befördert. Eine Wirtschaftsunion, die gewinnträchtig und reizvoll für alle Seiten sein könnte... Und sogleich schwimmen im Fahrwasser die potenziellen Stolpersteine mit... Ausbeutung, Betrug, Missbrauch! Was dem Volk hier und da Freiheit und unbegrenzte Möglichkeiten verspricht, entpuppt sich als nur noch mehr Profit und Gewinnmöglichkeiten für jene, die ohnehin schon auf der Überholspur leben. Damit wird dem vielversprechenden Szenario für Frieden und Wohlstand für alle zugleich ein erhobener Zeigefinger entgegengehalten: Achtung! Wiheom! Gefahr!

 

"Money Heist: Korea - Joint Economic Area" setzt diesen potenziellen kapitalistischen Dynamiken, die ein erfolgsversprechendes Friedenszenario einerseits ermöglichen könnten, andererseits jedoch im selben Atemzug auch torpedieren würden, ein dramaturgisches "Hallo-Wach!" gegenüber. Die Story grätscht gleichsam in diese fiktive Dynamik hinein - der große Plan des ´Professors´. Er will den Machenschaften der Mächtigen, die bereits in bewährter Weise in ihre ohnehin schon vollen Taschen wirtschaften, ein Spektakel entgegensetzen, damit die Öffentlichkeit (und ihre Entscheidungsträger) aufrütteln und das System letztlich zu mehr Achtsamkeit und Bewusstheit, zu echter Zusammenarbeit zwingen. 

 

In diesem Zusammenhang werden die charakteristischen Schwierigkeiten zwischen Koreaner*innen aus Nord- und Südkorea immer wieder gelungen vorgeführt: Das so lange mit aller Gewalt gezüchtete, tiefe Misstrauen. Die Angst davor, dass der Krieg, der ja offiziell nie beendet wurde, weitergeht. Die stetige Bespitzelung. Die Verächtlichkeit dem jeweils anderen System gegenüber. All das wurde über ein halbes Jahrhundert unermüdlich politisch inszeniert. Die Menschen wurden damals (1950er Jahre) praktisch willkürlich auseinander gerissen. Es gibt zahlreiche Familien, die - wie nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland - getrennt wurden. Die einen waren zum Zeitpunkt X auf der einen Seite der Grenzlinie und die anderen auf der anderen. Zufall. Schicksal. Was folgte war Propaganda, hier wie dort. Ein Feindbild. Und das, was damals angerichtet wurde, muss auch wenn die Rahmenbedingungen für Annäherung einmal geschaffen werden, erst noch über die Zeit behutsam heilen. Das lehrt auch die Erfahrung im seit inzwischen über drei Jahrzehnten wiedervereinten Deutschland, wo bis heute die Gräben (oder besser die ´Mauer´) zwischen Ossis und Wessis noch nicht wirklich überall überwunden sind.

 

"Money Heist: Korea - Joint Economic Area" gelingt es mit dieser starken Produktion (neben und trotz all den auf Absatz und Gewinn ausgerichteten Absichten im internationalen Streaming-Business) in eine spannende Story raffiniert ein reelles Zukunftsszenario für eine geeintes Korea zu weben. Mit allen Schwierigkeiten und Chancen. Damit rückt das KDrama diese Möglichkeit eines koreanischen Friedens näher in das Massenbewusstsein - zunächst einmal für die südkoreanische Gesellschaft, die für diese Thematik äußerst sensibel ist, doch letztlich auch für den Rest der Welt. Respekt!

 

Kritik habe ich auch. Nicht an der Story oder den Schauspieler*innen, im Gegenteil. Auch nicht an der Tatsache, dass Kenner*innen von "Haus des Geldes" vieles (bis hin zu den Namen der Figuren) sehr vertraut sein wird. Nein. Vielmehr ist es ein eher genereller Vorwurf, den ich den koreanischen Netflix-Produktionen (vs. den nationalen TV-Produktionen) mache und der auch hier zutrifft: das Aufpeppen der Erzählweise für ein an Sex&Crime und höheres Tempo gewohntes internationales (eher männliches) Auge sowie das Häppchenweise Präsentieren im übersichtlichen Binge-Format, ohne die Geschichte wirklich zu Ende zu erzählen.  In Bezug auf den für das KDrama so charakteristischen ´Raum für emotionale Zwischenräume´ wird dabei gerne gespart. Die Stärke des KDrama besteht jedoch gerade darin, dass man/frau emotional reingezogen wird, sich identifiziert, empathisch mitfühlt, ganz nah ran rückt an die Protagonist*innen und ihre Welt. International Style ist eher durch kritische Distanz geprägt. Hier schauen die Zuschauer*innen zu. Es mag eine/n schon mal packen, aber man/frau bleibt draußen und schaut zu. Man/frau geht nicht notwendigerweise emotional mit rein. Es sind und bleiben die Geschichten anderer. Zu-schauen eben. So nun auch hier. Damit wurde wieder einmal für die Netflix-Welt ein zentrales KDrama-Alleinstellungsmerkmal aufgegeben. Das ist nicht notwendiger Weise schlecht, aber anders. Glücklicherweise hat ´das KDrama´ noch weitere Stärken und kann dafür diese bei "Money Heist: Korea - Joint Economic Area" durchaus sehenswert ausspielen. 

종이의 집: 공동경제구역 - Jong-i-ui jib: Gong-dong-gyeong-je gu-yeok

Lit.:  Papierhaus: Zone der Wirtschaftsunion

 

2022, Staffel 1, Teil 1 mit 6 Episoden (+ Staffel 1, Teil 2 mit 6 Episoden, folgt)

 

Hauptdarsteller*innen:

-Yoo Ji-tae
-Park Hae-soo
-Jeon Jong-seo
-Lee Won-jong
-Park Myung-hoon

-Kim Ji-hoon 
-Jang Yoon-ju
-Lee Hyun-woo 
-Kim Yun-jin 
-Kim Sung-oh

 

Plot:

Der "Professor" formt aus unterschiedlichsten Personen mit mehr oder weniger krimineller Vergangenheit, Stärken und Talenten eine Truppe, die gemeinsam einen nie dagewesenen Raubzug durchführen wollen. Dazu brechen sie in die gemeinsame Banknoten-Druckerei des neu als Wirtschaftsunion geeinten Koreas. Sie nehmen die Menschen vor Ort als Geiseln, während sie ihr eigenes Geld drucken und an ihrem Fluchttunnel graben.

 

In der Zwischenzeit stehen die politischen Entscheidungsträger sowie die Polizei und Sicherheitskräfte aus dem Norden und Süden Kopf. Die Tatsache, dass unmittelbar ein wichtiger internationaler Wirtschaftsgipfel bevorsteht, auf dem sich die neue koreanische Wirtschaftsunion international profilieren und bewähren will, sowie der Umstand, dass die Tochter des US-Botschafters unter den Geiseln ist, heizt die Öffentlichkeit zusätzlich an und setzt die Einsatzkräfte vor Ort ebenso unter massiven Druck, wie die Reibereien und Vorurteile zwischen den Vertreter*innen der beiden Koreas.

 

Der "Professor" hat in seiner hochpräzisen Planung an vieles gedacht. Aber die Dynamiken zwischen Geiselnehmer*innen und Geiseln sowie jeweils auch untereinander entwickeln ungeahnte Kräfte, die der "Professor" von draußen kaum noch kontrollieren kann. Es kommt zu Rivalität um das Kommando im Innern. Auch unter den Einsatzkräften wird das Teamplay durch unterschiedliche Nord- und Südinteressen herausgefordert. Mehrmals droht die Situation zu eskalieren.

 

Kaum zu glauben, dass der Plan am Ende funktionieren wird... Und was ist der Plan überhaupt? Unmengen an Geld zu rauben? Oder geht es dem "Professor" tatsächlich noch um mehr?

Druckversion | Sitemap
© Wörtertanz.com 2021-2024