KDrama nach Themen: Historiendramen
Eingebettet in ein munteres Kaleidoskop der Beziehungsgeflechte, Freundschaften, Waffengefährtenschaft, Blutsbande, Loyalitäten, sowie Heldenmut und Herzschmerz werden die Jahre der Regentschaft von König Yeongjo, Kronprinz Sado und König Jeongjo episch opulent (für eine Serienproduktion aus dem Jahr 2011) aufbereitet.
"Warrior Baek Dong Soo" ist ein KDrama, das Spaß macht. Über manch gewagten Spagat im Skript und die punktuell sehr optimistische dichterische und choreographische Freiheit in der Heldeninszenierung darf man/frau getrost und wohlwollend hinweg sehen. "Warrior Baek Dong Soo" balanciert zwischen Geschichtsaufbereitung und Unterhaltung, zwischen epischer Tragweite und persönlicher Tragik, zwischen tiefgehender, dramatischer Emotionalität und luftig verspielter, humorvoll gestimmter, guter Laune. Das KDrama findet dabei einen mitreißenden Seegang, bei dem die emotionalen Wellen aus alle Richtungen hochpeitschen dürfen - mit einer Geschichte, die zwischen historisch einprägsamen Facts, legendären Helden, steilen (aber keinesfalls absurden) Hypothesen, und bunter dramaturgischer Freiheit schippert. Verkörpert wird die Story durch eine ausnahmslos starke Präsenz sämtlicher Schauspieler*innen - ob jung oder alt.
Mit Yoo Jin-goo (jung) und Ji Chang-wook (erwachsen) wird die heldenhafte Figur des Baek Dong-soo als über weite Strecken gleichsam impulsiver Narr, der sein Herz auf der Zunge trägt, wunderbar dargestellt. Demgegenüber steht der in sich gekehrte, stets ernste und verschlossene Yeo Woon (verkörpert durch Yoo Seung-ho als Erwachsener und Park Gun-woo in jungen Jahren). Versüßt wird das Leben der jungen Krieger durch den jeweils ganz eigenen Charme der Hwang Jin-joo (frech und burschikos: Yoon So-yi) und Yoo Ji-sun (stoisch und reserviert: Shin Hyun-bin). Dabei vermittelt die lebende Schauspiellegende Choi Min-su dem 29-Folgen Epos beim Ritt durch die Zeit leitmotivisch als Assassinen-Lord im Gothic-Look seine ganz persönliche Würze. Tatsächlich ist es in diesem KDrama eher die dramatische Lovestory und Dreiecksgeschichte der älteren Generation, die sich emotional in den Vordergrund drängt, als die der jüngeren. Das liegt wohl daran, dass in der Generation des Baek Dong-soo eher Humor und freches Mundwerk dominieren, die es mit dem Schicksal gerne aufnehmen wollen, während unter der älteren Generation die Jahrzehnte währende, schwere Last des erlebten Schicksals mit ihrer erdrückenden Kraft vorherrscht.
Der historische Aufhänger des KDrama ist (wie der Titel schon sagt) Baek Dong-soo, der als heldenhafter Schwertkämpfer als Legende in die südkoreanische Geschichte eingegangen ist. Er war einer von drei Autoren des inzwischen als Weltkulturerbe eingestuften ´Muye Dobo Tongji´ (= illustriertes Handbuch der Kampfkunst). In diesem vierbändigen Werk werden die gängigen Waffentechniken der Joseon Zeit zusammengefasst. (Seine außerordentliche Bedeutung hat das Buch v.a. als rare, wertvolle historische Quelle bezüglich Militärwesen und heimischer Kampfkunst gewonnen, da ältere Werke den zerstörerischen Qing-Invasionen aus dem Norden zum Opfer gefallen waren.) Back Dong-soo wurde jedoch zuallererst legendär, da er mehrfach König Jeongjo vor Attentaten bewahren konnte. Und diese Gegenüberstellung von Schwertkämpfern im Dienste des Königs versus Attentätern im Dienste eines wie auch immer motivierten Auftraggebers inspirierte die Manhwa-Vorlage für das KDramas aus dem Jahr 2010 mit dem Titel "Ehrenhafter Back Dong-soo".
"Warrior Baek Dong Soo" stellt als dramaturgischer Aufhänger Schwertkämpfer und Assassinen einander gegenüber - in ihrer Ethik, ihrer Loyalität, ihrem Kodex, ihrem Auftrag, ihrer Ausbildung, ihre Gefühlswelt. Sie sind sich so ähnlich und doch sind es Welten, die sie trennen. Der eine soll beschützen, der andere töten. Und doch beschützt auch jener, der tötet. Und doch tötet auch jener, der beschützt. Beide sind Handlanger. Beide geben alles. Riskieren alles. Nur stehen sie auf verschiedenen Seiten. Je nachdem gilt der Einsatz des Schwertkämpfers als richtig und ehrenhaft, jener des/r Assassinen hingegen als ein Verbrechen und niederträchtig. Jedoch...
Mit die stärksten Momente offenbart das KDrama meiner Meinung nach in der emotionalen Brisanz der fatalen Verbundenheit zwischen dem jeweils ersten Schwertkämpfer und dem obersten Assassinen-Lord seiner Generation. Sie stehen sich emotional so nahe und leben doch in verschiedenen Welten. Die einen im Licht, die andere im Verborgenen. In bewährter KDrama-Manier spielen sich dennoch auch die ´Bösen´ (Assassinen) hier einmal wieder trotz geballter Ambivalenz ihrer Figur wortkarg, aber wirkungsvoll ins Herz der Zuschauer*innen.
Das Gerüst für die Handlung bilden in schöner Kontinuität Schwertkämpfe und politische Intrigen. Das Fleisch liefern die fatalen, ambivalenten, intensiven Beziehungsbande und
-fehden zwischen den Protagonisten. Die Richtung gibt dabei die Geschichte vor. Hier finden Geschichtsepos und Action bewegend und dabei verbunden mit einem humorvollen Schleifchen zueinander.
Historische Randnotiz:
Joseon im 18. Jahrhundert - Yangbang zwischen Konservativem Denken und reformistischen, modernen Impulsen.
Der historische Hintergrund des KDrama ist durch drei einprägsame Sprösslinge der Joseon-Dynastie geprägt. Königs Yeongjo, der mit 52 Jahren Regierungszeit auf dem Thorn den Rekord hält, Kronprinz Sado, der als tragische, möglicherweise stark missverstandene Persönlichkeit in die Geschichte einging, und sein Sohn, der als König Jeongjo zu Frieden und Wohlstand beitrug. Neben dem ernsthaften Bemühen der beiden Könige um Stabilität und Fortschritt stehen die zerstrittenen Lager unter den Yangban - der Oberschicht -, die mit allen Mitteln um ihre Vorherrschaft in politischen und gesellschaftlichen Angelegenheiten kämpfen.
Nachdem zwischen 1674 und 1689 die Namin (Östlichen) die Verwaltung des Landes in ihrem Sinne gelenkt hatten, folgten die Seoin (Westlichen), die ihre Machtposition dann allerdings in Streitereien verstrickten, aus denen die Noron als Vertreter der alten, strikten, konservativen neokonfuzianischen Doktrin und die Soron als Vertreter einer neuen, modernen, reformistischen, praxisorientierten Doktrin (Sirhak) hervor gingen. König Yeongjus Verdienst war es wohl, die Kräfteverhältnisse zwischen den Lagern den massiven Differenzen trotzend lange Zeit gut auszubalancieren. Den Preis, den er für halbwegs stabile Lebensbedingungen im Reich zahlen musste, war allerdings sein Sohn, Kronprinz Sado, der auf die moderne Lehre setzte und damit die Noron provozierte. So zumindest interpretiert eine historische Theorie jene dramatischen Ereignisse um Sado, der eingesperrt in einer Kiste gestorben sein soll. Das KDrama folgt dieser Theorie (und nicht jener, die den Annalen gemäß Sado als dem Wahnsinn verfallen sah, dem anders nicht mehr beizukommen war, oder einer weiteren, die einen massiven Vater-Sohn-Konflikt als Ursache vermutet).
Ganz im Sinne der Theorie, die Sado als progressiven, reformistischen Geist sieht, der sein Land aus der Vormacht durch die Qing befreien will, erzählt "Warrior Baek Dong Soo" von den treuen, im Schwertkampf bewanderten Gefolgsleuten um die Herrscherfamilie, und davon, wie schließlich König Jeongjo den modernen Visionen seines Vaters alle Ehre machen will. Dabei wählte der junge König stets das gute Gleichgewicht und führte so die bewährte politische Strategie seines Großvaters, der sich nicht umsonst über ein halbes Jahrhundert am Hof hatte halten können, in aufgeschlossener Haltung fort. Auf diesem Wege gelang es König Jeongjo in den Jahren seiner Regierung zwischen 1776 bis 1800 die Festungsanlage Hwaseong als neues Machtzentrum seiner Herrschaft zu errichten, Bildung und Wissenschaft voranzubringen, die Landesverteidigung zu optimieren und die königliche National-Bibliothek Gyujanggak zu erschaffen. Allerdings war er seines Lebens dabei nie sicher... zumindest sieben versuchte Attentate allein während seines ersten Regierungsjahres sind historisch überliefert. ... Ein eindrucksvolles Abbild des massiven Widerstands gegen die Modernisierung des Denkens in Yangban Kreisen.
무사 백동수 - Musa Baek Dong-su
Lit.: Krieger Baek Dong-su
2011, 29 Episoden
Hauptdarsteller*innen:
-Ji Chang-wook
-Yoo Seung-ho
-Yoon So-yi
-Shin Hyun-bin
-Choi Min-soo
-Jun Kwang-ryul
Plot:
Am Hof und im Umfeld des königlichen Palasts rivalisieren die Noron und Soron um die politische Macht. Erstere stehen für eine konservative konfuzianische Doktrin, während die Soron progressiver denken und eine Modernisierung der Gesellschaft favorisieren. Kronprinz Sado will das Land aus der Vormacht der Qing befreien und in eine neue Ära führen. Dazu hat er einige fortschrittlich denkende Köpfe und versierte Krieger auf seiner Seite. Doch die politisch einflussreichen Noron positionieren sich klar zu den Qing und wollen Sado einer Verschwörung überführen. Um seinen Sohn und zugleich Kronprinz zu schützen, einigt sich König Yeongjo mit den Noron darauf, Sados nächsten Gefolgsmann, Lehrer und Schwertkämpfer Baek Sa-gong an Sados Stelle zu opfern, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Die Noron geben sich damit jedoch nicht zufrieden, sondern wollen zugleich die gesamte Blutlinie des Verräters auslöschen. Im Zuge dieser Verfolgung verspricht der erste Schwertkämpfer des Landes Kim Kwang-taek seinem treuen Waffenbruder Baek Sa-gong im Angesicht dessen Todes, seinen Sohn zu retten und sich um ihn zu kümmern. Damit geht der Kampf um eine Modernisierung Joseons in die nächste Runde.
Als Baek Dong-Soo mit einiger Verspätung das Licht das Welt erblickt, hatten bereits zahlreiche Neugeborene Babys auf Befehl des Kriegsministers ihr Leben lassen müssen. Baek Dong-soo hingegen lebt. Noch. Sein Start ins Leben gestaltet sich jedoch holprig, blutig. Auch wenn er die Massaker zunächst überlebt, so heften sich nun Assassinen an seine Versen. Kwang-taek muss das Kind verstecken und letztlich sogar zurücklassen auf seiner Flucht in ein fernes Shaolin Kloster.
Baek Dong-soo wird stattdessen liebevoll von Heuk Sa-mo, einem geschätzten Gefährten von Kwang-taek und Baek Sa-gong aufgenommen. Dort wächst er mit körperlichem Handicap auf, das wiederum als Folge der künstlich hinausgezögerten Geburt seine Kindheit zur Qual macht. Dennoch bewahrt er sich einen positiven Geist und lässt sich so leicht nicht unterkriegen - nicht zuletzt dank der frechen Hwang Jin-joo, die vorübergehend in seinem Quartier unterkommt.
Als weiterer Jugendfreund wächst ihm der verschlossene Yeo Woon in einer Art rivalisierender Hass-Liebe ans Herz. Dessen Start ins Leben war ebenfalls holprig, denn sein Vater sah in der Zukunft des Sohnes zu viel Tod, der auf die Rechnung von Yeo Woon gehen wird. Daher hatte er ihn widerwillig, streng und voller Ablehnung erzogen. Woon Yeo´s Leidenschaft war von klein an der Schwertkampf. Unter den Fittichen von Cheo-sang - dem obersten Assassinen Lord der "Hoksa Chorong" - wird er als Nachwuchs für die Gilde im Schwertkampf ausgebildet.
Dong-soo und Woon verbringen schließlich einen Teil ihrer Jugend gemeinsam. Und auch später gehen sie ihren Weg Seite an Seite, selbst wenn sich ihre Pfade schicksalsbedingt dann doch wieder trennen müssen: Assassinen Lord Cheo-sang fordert seinen Tribut von Woon; und auch für Dong-soo führt letztlich kein Weg an seiner Bestimmung vorbei, Sado (und später auch dessen Sohn Jeongjo) in ihrem Bemühen um eine Modernisierung des Landes gegen den massiven Widerstand der konservativen Yangban zu unterstützen.