Unterwegs im Koreanischen
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KDrama nach Themen: Beispiele für KMovie

Boomerang Family

"Boomerang Family" bezieht sich auf den Begriff ´boomerang kids´: Kinder die als Erwachsene dann doch wieder aus pragmatischen Gründen bei den Eltern einziehen - meist aus finanziellen Gründen, wegen Arbeitslosigkeit oder aufgrund von Scheidung. Die Protagonist*innen dieses KMovie sind die Mutter, ihre drei erwachsenen Kinder und ihre Enkelin. Gemeinsam bilden sie die Boomerang Familie.

 

Familie ist in Südkorea so in etwa das höchste Gut. Geradezu heilig. Darüber kommt nichts. Sie ist allzeit präsent und mischt überall mit. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Familie deswegen nur mit Glückseligkeit, Liebe und Wärme assoziiert ist. Im Gegenteil. Da ist viel Schmerz mit verbunden. Vieles ist und bleibt unausgesprochen. Schläge gehören oftmals ebenfalls dazu. 

 

Davon erzählt "Boomerang Familiy" - von den dysfunktionalen Aspekten von Familie. Von Streit und Rivalität und Prügeleien. Von Neid und Minderwertigkeitsgefühl. Von Stolz und doch auch von Glücksmomenten. Von der Autorität der Eltern - hier ist es die Mutter. Vom nicht Gesehenwerden. Und vom doch Gesehenwerden. Von den unausgesprochenen Wahrheiten, die früher oder später dennoch ausgesprochen werden. Von den sehr privaten, oftmals derben, unschönen, auch geradezu abstoßenden Umgangsformen im alltäglichen Miteinander auf engstem Raum, wie sie man/frau so eigentlich nur im engsten, intimen Kreis teilt. In Familie eben. Die eine/n so nimmt, wie man/frau eben ist. (Zwangsläufig.) (Aus Gewohnheit.) (Da man/frau sich durch die zeitliche und räumliche Nähe, die man/frau geteilt hat eben so vertraut ist.) (Aus Liebe?)

 

Unterm Strich handelt das KMovie jedenfalls von der Liebe, die in ihrer noch so verkorksten Art irgendwo hinter dem Vorhang dieser meist unschönen, allzu vertrauten Muster alltäglicher, längst verselbstständigter, eingespielter Umgangsformen schlummert und lauert und seltsamer Weise einfach da ist. Jener Vorhang ist in der einfachen Lebenswelt der Protagonist*innen eher ein schäbiger. Das Leben ist schlicht. Die Sprache grob. Nähe entsteht hier über Reibung, in diesem Fall bei Gerangel und Prügelei. Gemeinschaft wird durch gemeinsame Mahlzeiten erfahrbar. Diese strukturieren das Familienleben und werden zum verbindenden, verbindlichen Medium. Das gemeinsame Mahl ist der Ort der Kommunikation und Begegnung unter weitgehend geregelten, friedlichen Bedingungen. Alles drum herum kann schnell (mit ziemlicher Sicherheit) aus dem Ruder laufen.


Eine besondere Pointe für südkoreanische Verhältnisse, wo die direkte Blutlinie noch so enorm wichtig ist: mit der Zeit kristallisiert sich heraus, dass es sich bei der Protagonist*innen-Familie tatsächlich nicht um echte Verwandtschaft, sondern um eine recht progressive Variante von Patchwork-Familie handelt. Im ersten Moment scheint das alles in Frage zu stellen. Tatsächlich kann diese Erkenntnis jedoch die gelebte Erfahrung als "Familie" nicht auslöschen.

 

Die hier zelebrierte schlichte, unbenannte, handfeste, rustikale, krude ´Liebe´ unter den Geschwistern liegt nicht in den Genen, sondern ist aus gemeinsamen Erlebnissen gewachsen. In dieser Botschaft liegt der Zauber dieser ansonsten eher spröden, streckenweise recht düsteren Geschichte. Dabei wird die Schwere mit einer Brise recht eigenwilligen Humors hier und da wieder ausbalanciert.

 

Jede/r in der Familie hat seine eigenen Geschichten und kleinen, mittleren oder großen Tragödien, die ihn/sie umeinander treiben und wieder unter einem Dach zusammenführen. Eine dysfunktionale Familie zum Anfassen, lebensnah, authentisch, in aller Obszönität. Als Zuschauer*in wird man/frau geradezu hautnah herangeführt, manchmal näher als einer/m vielleicht lieb ist. Schwere und Pessimismus mögen sich im Zuge der Ereignisse aufdrängen wollen, doch schaffen sie es letztlich nicht, den emotionalen Raum für sich zu bestimmen. Kaum zu glauben, dass die Geschichte auf einer durchweg positiven Note endet und man/frau als Zuschauer*in seelisch doch irgendwie beschwingt mit dem eigenen Leben weiterzieht.

 

Das KMovie ist eine Romanverfilmung. Es könnte auch ein Theaterstück sein. Es bewegt, stößt ab, berührt, stellt das Hässliche schamlos neben Momente des Glücks. Wer mag bewerten, was gut, was schön, was wertvoll, was Glück ist?  Alle Protagonist*innen fühlen sich letztlich (nicht nur aber AUCH) in ihrer Zugehörigkeit wertvoll und glücklich. Nach welchen Kriterien lässt sich also die Qualität eines Lebens bewerten? "Boomerang Familie" wählt hier eine recht eigenwillige, doch letztlich wohltuende Perspektive - jenseits von Lifestyle, Image, Ästhetik oder monetärem Reichtum.

고령화 가족 - Goryeonghwa Gajok

Lit.: Mit der Familie im Alter

 

2013, 112 Minuten  

 

Hauptdarsteller*innen:

-Park Hae-il
-Yoon Je-moon
-Gong Hyo-jin
-Youn Yuh-jung
-Jin Ji-hee

 

Plot:

In-mo erstes Filmprojekt ist sensationell gescheitert. Seitdem hat er kein neues Projekt und zudem hat ihn seine Frau betrogen. So geht er, als er keine andere Möglichkeit mehr sieht, mit leeren Händen schweren Herzens zurück ins Elternhaus. Gescheitert. Dort lebt seine Mutter mit seinem älteren Bruder, der seinerseits auf eine kriminelle Vergangenheit zurückblickt. Gescheitert. Nachdem die jüngere Schwester aufgrund ihrer zweiten Scheidung nun auch wieder - zusammen mit ihrer 15jährigen Tochter Min-kyung - zurück ins Elternhaus zieht, müssen alle etwas zusammenrücken. Da brechen alte und neue Wunden auf. Willkommen in der dysfunktionalen Familie.

 

Kritisch wird es, als Min-kyung ihre chaotische Familie zu viel wird und der rebellische Teenager beschließt, abzuhauen. Dies bringt das eingefahrene Familiensystem stark aus dem dysfunktionalen Gleichgewicht und eröffnet gleichsam die Chance, als Familie dann doch auch zu ´funktionieren´. Ein weiterer Impuls geht von Mi Yuns dritter Hochzeit aus, durch die tatsächlich gleich zwei neue Familienmitglieder aufgenommen werden wollen...

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