Unterwegs im Koreanischen
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KDrama nach Themen: Zeit und Raum sind relativ

Island

"Island" ist ein KDrama, das auf der Streaming Plattform TVing veröffentlich wurde.

Wehe, wehe! Die unsägliche Streaming-Untugend à la Netflix greift rasant um sich: Serien in zwei Teile zu zerlegen. Einfach mal in der Mitte für 1 Monate unterbrechen. Echt jetzt? Das nervt. Nicht nur mich. Und nicht zum ersten Mal. So auch hier. Dies vorab. Damit hab ich meinem Ärger Luft gemacht und kann mich jetzt auf den Inhalt konzentrieren...

 

Vorab möchte ich ebenfalls erwähnen: Ich war etwas enttäuscht. Etwas fehlt irgendwie. Ein Funken von etwas. Ich vermute, es ist ebenfalls eine Streaming-Plattform-Krankheit: Der Preis für eine binge-fähige Serie ist oftmals (nach meiner Meinung) der Verlust von Intensität. Die Story ergreift eine/n nicht so, man/frau schaut eher zu. Ich finde, da geht schon mal Potenzial verloren.  Dennoch, "Island" hat seine unterhaltsamen Qualitäten. 

 

Zeit und Raum werden hier in mehrfacher Hinsicht relativ. Was die Vergangenheit für die einen ist, ist ein vorangegangenes, längst vergessenes Leben für die anderen. Was für den einen ein Dämon ist, kann für die andere ein Mensch sein, da beide Wesenskräfte in ihm wirken. Was ´hier´ ist kann zugleich ein ganz anderer Ort sein. Das KDrama gewährt Einblicke in archaisch grausame Initiationsriten für Dämonenjäger und präsentiert auch einen zeitgenössischen Exorzisten, der in sich jugendliche KPop-Frische und traditionelles Priestergewand vereint. Es gibt außerdem die traditionsreichen Haenyeo - weibliche Taucherinnen, die seit jeher ohne Hilfsmittel nach Abalonen und dergleichen tauchen. (Diese Rolle hat wohl Go Doo-shim nach "Everglow" und "Our Blues" nun auf Lebenszeit für sich abonniert :-) so scheint es...)

 

Nun, Dämonen sind selten ein schöner Anblick, wenn sie dann ihr wahres Gesicht zeigen. "Island" dem Horrorgenre zuzuordnen, scheint mit heutzutage, wo Zombies & Co. in schöner Regelmäßigkeit multimediale Präsenz zeigen, übertrieben. Nennen wir es lieber Fantasy. Dennoch ist es insgesamt eher düster. Die Nacht steht dem Tag in Sachen Bildschirmzeit in nichts nach. Außerdem werden so manche Menschen Opfer grausiger, dämonischer Transformationsprozesse und machen mitunter, wenn es sich ergibt, ihrerseits Jagd auf Menschenfleisch. Die gute Nachricht: dafür wird nicht rumgeballert. Wenn, dann wird das Schwert gezückt. Wahlweise ganz materiell in geschmiedetem und mit reichhaltigen Ornamenten verziertem Eisen, oder das Lichtschwert, oder das dank seiner Symbolkraft ebenfalls nicht zu unterschätzende Kruzifix, oder - wenn alles nicht hilft oder das/der andere gerade nicht einsatzbereit ist - ein paar Handgriffe und gezielte Fußtritte versierter Selbstverteidigung.

 

(Anmerkung: Die einen mögen das KDrama mit seiner dämonisch inspirierten Story in die Welt der Märchen verorten. In der Tradition des Buddhismus jedoch hat das Böse in Form von bevorzugt Menschenfleisch verzehrenden Dämonen seinen festen Platz. In der in Südkorea bis heute praktizierten ethnischen Religion des Schamanismus ebenfalls. Und auch die katholische Kirche erkennt mit der Tradition des Exorzismus als Teufels- oder Dämonenaustreibung seit der Antike die Existenz von Dämonen an.) 

 

In "Island" gibt abseits der Dämonenaustreibung jedenfalls auch komplex und dramatisch ineinander verschränkte Beziehungsgeflechte, karmische Schuld und das Prinzip Hoffnung. Dann wären da noch Gefühle, die weit mehr sind als einfach nur Sympathie. Und darin, darunter und drumherum finden sich Witz und Tiefgang, Herz und Schmerz, plus was fürs Auge noch dazu. 

 

"Island" vereint in sich ein KDrama-like gelungenes Stimmungsgemisch, das Mythisches, Dämonisches und menschliche Tragik mit lichtvollen Impulsen, Held*innen in unterschiedlichsten Gewändern und selbst humorvolle Töne in sich zu vereinen weiß. Auch wenn das Tempo stellenweise mal anzieht, so ist das KDrama nicht aufgedreht, sondern eher von der getragenen Sorte. Ein episch angehauchte Story, die Zeit und Raum überwindet und dabei hervorragend zu unterhalten weiß, wenn eine/n die zwangsläufig hin und wieder auftauchenden, etwas grusligen Gestalten nicht abschrecken.

 

Mit der ersten Staffel allein ist die Geschichte (mal wieder leider) noch nicht zu Ende erzählt. Die Story könnte also im Verlauf der zweiten Staffel noch ziemlich einbrechen. Das bezweifle ich jedoch. Jedenfalls freu ich mich schon darauf.

 

EDIT: Nach dem Ende der zweiten Staffel:

Die Story bricht zum Glück nicht ein. Sie bleibt sich treu. Sie knüpft die Fäden konsequent weiter zu einem stimmigen Ende... beziehungsweise: wer weiß schon, wie das Ende aussehen könnte... eine dritte Staffel wäre zumindest theoretisch nicht völlig abwegig...

아일랜드 - Aillaendeu

Lit.: Island (anglizistisch)

 

2023, 6 Episoden + 6 Episoden

 

Hauptdarsteller*innen:
-Kim Nam-gil
-Lee Da-hee
-Cha Eun-woo
-Sung Joon

 

Plot:

Won Mi-ho ist als privilegierte Jaebeol Tochter aufgewachsen und sich ihres Sonderstatus sehr bewusst. Als einzige Tochter ihres erfolgreichen Vaters hat sie in der Daehan Group früh gelernt, selbstbewusst Verantwortung zu übernehmen. Sehr zum Leid ihrer Tante. Die Rivalität zwischen den beiden Frauen führt zu einem Zwischenfall, der Mi-ho zwingt, zunächst einmal von der Bildfläche zu verschwinden, bis sich die öffentliche Meinung (und die Aktienkurse) wieder beruhigt haben. Sie will so lange in einer Oberschule auf der Insel Jeju unterrichten, in der auch ihre Kindheitsfreundin inzwischen Lehrerin ist.

 

Der Aufenthalt auf der Insel entpuppt sich jedoch nicht nur als Begegnung mit einem fernen Ort, sondern auch mit einer längst vergangen Zeit. Won Mi-ho kann nicht anders, als an ihre frühere Inkarnation und die Gaben, die sie längst vergessen hat, anzuknüpfen. Eine Legende besagt, dass sie ist die Einzige ist, die den bösesten unter den bösen Dämonen -  der Lustdämon, der seit jeher auf der Insel sein Unwesen treibt - besiegen könnte. Doch genau aus dem Grund beabsichtigt der Dämon sie abermals  zu töten, bevor sie sich erinnert und die Gabe in ihr erwacht. 

 

Allerdings sind Min-ho auch noch andere Gestalten auf der Spur. Gute und Böse, darunter Menschen, übermenschliche Wesen, Dämonen, und Wesenheiten, die ein bisschen von allem sind. Plötzlich gibt es für Min-ho kein Entkommen mehr. Sie muss sich ihrer Aufgabe, ihrer Gabe und einem ewig zurückliegenden Versprechen stellen. Ob sie will oder nicht.

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