Unterwegs im Koreanischen
Unterwegs im Koreanischen

KDrama nach Themen: Crime & Politics

Blind

"Blind" ist ein fabelhafter, spannender, etwas düsterer Krimi. 

"Blind" spinnt seine fiktive Story um ´Überlebende´ brutalen Missbrauchs bzw. stark traumatisierender Ausbeutung im Kindesalter. Diese ´Survivor´ begegnen einander und den Täter*innen 20 Jahre später als Erwachsene. Dabei hat jede/r der damals Beteiligten auf seine/eine Art versucht, mit der Vergangenheit klar zu kommen und ein mehr oder weniger normales Leben zu führen. Mit diesem Layout der Story erhalten die traumatisierten Kinder zugleich auch ein Sprachrohr als Erwachsene. Nicht nur die missbräuchliche Kindheit, sondern auch deren psychische Auswirkungen auf ihr späteres Leben sind Thema. Außerdem werden im diesem Zusammenhang komplexe Verflechtungen der Täter*innen von damals kernig aufgelöst und vor dem Hintergrund einer krassen Variante von öffentlichkeitswirksamer Selbstjustiz die ursprünglichen Rollenverteilungen als Täter und Opfer auf den Kopf gestellt.

 

"Blind" ist ein packender Thriller. Im Mittelpunkt steht ein Mordfall, der vor einem Geschworenengericht behandelt wird. Weitere Morde folgen. Ein bisschen erinnert das dramaturgische Setting vielleicht an Agatha Christie - insofern, als plötzlich praktisch nahezu alle in der fallbezogenen Gruppe der ausgewählten Geschworenen die Täter*innen sein könnten... auch die Rollenverteilung zwischen Richter, Ermittler, Opfer und mutmaßlichem Verdächtigen gestalten sich zunehmend undurchsichtig und schicksalhaft miteinander verflochten. So zu tun, as wäre man/frau ´blind´ für das, was einmal war, geht nicht mehr. Alle müssen nun hinsehen und (auch wenn es vielleicht etwas spät ist) Konsequenzen tragen. Grandios.  Prädikat "besonders wertvoll".

 

Der Thriller sattelt seine Story auf dem unsäglich traurigen Thema Kindesmissbrauch auf, das es aufgrund seiner ungebrochenen Aktualität in den letzten Jahren gehäuft in Südkoreas Serien-/Filmproduktionen schafft (vgl. dazu u.a. auch "Children of Nobody", "Miss Baek", "Bring me Home". oder "Mother") So manches auch etablierte Mitglied der Gesellschaft zieht es wohl vor, lieber wegzusehen, wenn unfassbare Geschäfte mit Minderjährigen gemacht werden, von denen sie vielleicht auch noch selbst profitieren können. Und die ´Survivor´ können froh sein, wenn sie jene traumatisierende Zeit in ihrem Leben mehr schlecht als recht abspalten oder vergessen können. Oft hängen sie doch psychisch bis ins hohe Alter in jener verzweifelten Hilflosigkeit und inneren Agonie von damals fest.

 

In einer südkoreanischen Regierungsstudie aus dem Jahr 2021 wird dargelegt, dass in den vergangenen Jahren ungebremst und sogar zunehmend mit Minderjährigen missbräuchlicher Handel getrieben wird. Akuter Handlungsbedarf für eine effektivere Aufklärung besteht in allen öffentlichen Bereichen - von der Prävention über die Ermittlung und Strafverfolgung bis hin zur Mitarbeiter*innen-Schulung. Ein großes Problem dabei: meist sind auch Polizeibeamt*innen oder sonstige Beamt*innen direkt involviert und arbeiten mit den Händler*innen zusammen, die sich auf die rücksichtslose Ausbeutung von Minderjährigen spezialisiert haben. Sollten die Kinder und Jugendlichen dies überleben, sind die psychischen Folgen dieser zutiefst traumatisierenden Erlebnisse - wenn überhaupt - nur sehr schwer zu bewältigen. Sie sind den Erwachsenen hilflos ausgeliefert und absolut hoffnungslos in Anbetracht einer für ihre Qual blinde Gesellschaft. Sie müssen sich im wahrsten Sinne des Wortes ´verraten und verkauft´ fühlen... 

 

 

 

P.S.:

Mag sein, dass für die Ermittlungen im Fall der Serienmorde an den Geschworenen in "Blind" in der Realität eine größere Task Force eingerichtet worden wäre. Dem KDrama hat es jedoch meiner Meinung nach nichts genommen, den Kreis kompakt zu halten, um die Story so in ihren wesentlichen Verstrickungen kernig zu erzählen.

 

P.P.S.:

Ach, ein erfreuliches Detail möchte ich nicht unerwähnt lassen. Oft dürfen ja innerhalb des gesellschaftlichen Ranking die älteren Kollegen die jüngeren schon mal mit einem Schubs, einem Tritt oder einem Schnipser auf die Stirn zurecht weisen. (Vor meinem deutschen Sozialisationshintergrund ist das ja unerhört, aber ...) In "Blind" kann man/frau nun (u.a.) beobachten, dass sich möglicherweise innerhalb der jüngeren Generation doch eine Transformation in diesem selbstverständlichen Ranggebaren anbahnt: der Kollege lässt es sich hier einmal NICHT ergeben gefallen. Nein. Er gibt dem Kollegen zurück, er wehrt sich. Das sieht man/frau bislang eher selten. Da blieb in vergleichbaren Situationen doch meist die Faust in der Tasche. 2022 offenbar werden diese Übergriffe nicht mehr in dieser Selbstverständlichkeit geduldet. Aufbegehren scheint möglich zu werden. Es tut sich was...

블라인드- Beullaindeu

Lit.: Blind (anglizistisch)

 

2022, 16 Episoden

 

Hauptdarsteller*innen:

-Ok Taec-yeon
-Ha Seok-jin
-Jeong Eun-ji


Plot:

Einer der Protagonisten arbeitet als engagierter Polizist. Er hat keine Erinnerung an die Zeit vor seiner Adoption. Sein Bruder ist redlicher Richter, wie sein Adoptivvater.  Seine Adoptivmutter wiederum verfolgt eine politische Karriere und steht kurz vor ihrem bislang größten Erfolg.

 

Ein Mordfall sticht gleichsam in das Hornissennest vergangener Verbrechen. Ein Geschworenengericht kommt dafür zum Einsatz. Ein tödliches Katz-und-Maus-Spiel nimmt seinen Lauf in dessen Rampenlicht plötzlich der ermittelnde Polizist steht. Bruchstückhaft kommen seine Erinnerungen zurück, während sich die Zahl der Morde unter den Geschworenen häufen...

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