Unterwegs im Koreanischen
Unterwegs im Koreanischen

The Taste of Money

"The Taste of Money" aus dem Jahr 2012 bombardiert in ästhetisierten Bildern mit einer befremdlich bizarr aufwühlenden Mischung aus zynischer Dekadenz, unstillbarer Gier und menschlichen Schwächen, die auch vor den Reichsten der Reichen nicht Halt machen. Die Moral von der Geschichte gleich vorweg: Geld macht nicht glücklich. Im Gegenteil. Je mehr da ist, desto unglücklicher ihre Besitzer*innen. Vielleicht sind sie in Hinblick auf ihr Bankkonto reich, doch menschlich sind sie bankrott. Vielleicht können sie sich alles Mögliche kaufen, doch tatsächlich sind und bleiben sie alleine. Ihre Beziehungen sind tendenziell missbräuchlich, meist unterkühlt und bilden nur eine leere hochglanzpolierte Hülle. 

 

Im Mittelpunkt des KMovie stehen ein Jaebeol-Clan mit CEO, Ehefrau, Tochter und Sohn, sowie der Assistent des CEO und eine Haushälterin. 

 

Randnotiz: Jaebeol, die heimlichen modernen Königshäuser Südkoreas

Die Reichen und Mächtigen Südkoreas haben sich in den Nachkriegsjahren als ganz eigene Spielart entwickelt. Dabei nehmen sie als Motor von Fortschritt und Wohlstand bis heute wie selbstverständlich Einfluss auf das gesellschaftliche Leben - verborgen, inoffiziell, aus dem Hintergrund. In ihren Händen konzentriert sich stellenweise gigantischer Besitz. Dieser wird auch konsequent innerhalb der Gründerfamilien gehalten. Die Jaebeol-Clans wurden im Zuge der autokratischen Staatsführung der ersten Jahrzehnte der Republik geboren und während der Militärdiktatur weiter gestärkt.

Die Gründer haben zwar die Weichen für den wirtschaftlichen Aufschwung gestellt. Doch nun gebärden sie sich wie die neue Adelsschicht des Landes. Schamlos, skrupellos kaufen und bestechen und vergewaltigen sie Menschen nach ihrem Gutdünken. Die restlichen 99 Prozent der Gesellschaft sind dem praktisch ´erlernt hilflos´ ausgeliefert. Sie haben dieser Macht nichts entgegen zu setzen, die sich bei Bedarf müheleos in Legislative, Judikative und Exekutive einmischt.

 

Die Protagonisten-Familie zählt zu diesem einen ersten Prozent der Gesellschaftsschicht, die sich wie selbstverständlich als Königshäuser gebärden. Hier dominieren der Prunk, die Dekadenz, Kühle, Distanz, auch Obszönität. Die hochpolierte, stilisierte Ästhetik steht im gewollten Kontrast zu einer eher düsteren Lichtstimmung. Der opulente Reichtum baut geradezu eine ästhetische Mauer, die sich nicht durchdringen lässt. Die Familienmitglieder sind darin gefangen. Nichts mag sich dem wirklich nähern, geschweige denn eindringen. Es ist (und bleibt) eine fremde, seltsame Welt.

 

Dazu trägt die eigenwillige filmische Erzählweise bei. Diese bemüht sich auch nicht, am Ende alle Fäden einzusammeln und sauber abzuschließen. Es ist, als würde die Kamera an einem willkürlichen Punkt in das Familiengeschehen einsteigen und an einem anderen wieder aussteigen. Zu Beginn stehen die korrupten Machenschaften und das fast absolutistische Selbstverständnis im Mittelpunkt, doch das kippt auf der Strecke, nachdem sich die sehr menschlichen Schwachstellen der einzelnen Sippenmitglieder auftun. Sie geben sich zwar unberührbar, doch sie sind dabei dennoch verletzlich, wollen eigentlich berührt werden. Ab da wird es eine für die einzelnen jeweils mehr oder weniger befriedigende Abrechnung mit der eigenen Herz-Bilanz. ´Liebe´ ist in dieser Welt ein Konzept, dass nicht wirklich einen Platz finden will.

 

Zu einer der Schlüsselszenen:
Youn Yuh-jung zeigt sich hier als 64 Jahre alte Frau in einer ungewöhnlichen offenen Sex-Szene. Dabei ist eine verstörende Wirkung bewusst gewollt. In gewisser Weise bildet diese Begegnung zwischen Jung und Alt, zwischen Chefin und Angestelltem, gleichsam das Dilemma der Story pointiert ab. In dieser kurzen, eindrücklichen Szene steht die käufliche Welt der Abhängigkeiten und emotionalen Befindlichkeiten Kopf. Die Reichen haben alles und doch auch nicht - es gibt etwas, das sie nicht haben: das Gefühl, ihrer Selbst Willen gewollt, begehrt oder gar geliebt zu werden.

 

Eine düstere Gesellschaftsstudie über das 1 Prozent, das an der Spitze der südkoreanischen Gesellschaftspyramide steht. Mal wieder eine. Es gibt erstaunliche viele solcher aufrüttelnden Studien der Film- und Serienwelt. Doch noch erstaunlicher scheint mir, dass es offensichtlich noch lange nicht genug davon gibt. Denn nichtsdestotrotz sitzt dieses 1 Prozent dennoch nach wie vor schillernd auf ihrem Thron und es gilt innerhalb der südkoreanischen Gesellschaft immer noch als erstrebenswert, möglichst weit nach oben in dieser Pyramide zu gelangen...

돈의 맛 - Donui Mat

Lit.: Geschmack des Geldes

 

2012, 115 Minuten

 

Hauptdratsller*innen:
-Kim Kang-woo
-Youn Yuh-jung
-Kim Hyo-jin
-Baek Yoon-sik
-On Joo-wan
-Maui Taylor

 

Plot:

Der CEO einer der reichsten Familien des Landes will im Zuge seiner Midlife-Crisis einen Neuanfang mit seinem Hausmädchen und ihrer Tochter beginnen. Sein Sohn hat sich in illegalen Geschäften verstrickt, aus denen er auch mit Bestechung kaum entkommt. Mutter und Tochter wirken dabei zunächst wie Schmuckstücke. Tatsächlich werden sie zu treibenden Kräften in verschiedene Richtungen. Die Mutter entpuppt sich als wahrer, federführender, kontrollierender, skrupelloser Kopf des Clans - dem Geld ihres Familienclans verpflichtet. Der Preis: ihr Herz. Die geschiedene Tochter wiederum bleibt erstaunlich abgeklärt und abgebrüht im Angesicht der Ereignisse um sie herum und wählt ihren eigenen Weg. Aber auch auf diesem will sich die Wärme des Herzens nicht so recht einfinden.

 

Rechte Hand und zugleich Spielball der Jaebeol ist der Privatsekretär - seit Jahren loyaler Diener und seinem Job ergeben. Dabei muss er sich schon auch mal vergewaltigen lassen - "me too" aus Sicht eines Mannes. Sein Gewissen wird damit stark strapaziert. Es wäre an der Zeit, dass er seinen Dienst beim CEO quittiert. Wenn das mal so einfach wäre...

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