"What comes after Love" ist eine eher reelle, lebensechte, erwachsene Lovestory, obwohl wir es dabei mit zwei recht naiven Protagonist*innen zu tun haben. Naiv im Sinne von unerfahren was den Umgang mit ihren widerstreitenden Gefühlen angeht, was ihr romantisches Konzept von Liebe betrifft und was ihre unreflektierte Verstrickung mit ihren unterschiedlichen kulturellen Wurzeln betrifft. Ihnen fehlt ein angemessenes Maß an kritischer Selbstreflektion und gut geerdeter Streitkultur - wie das eben in so vielen Beziehungen ist... Doch gerade, dass sie uns an diesem dann doch notwendigen Erfahrungsweg teilhaben lassen, uns dabei ganz dicht ranlassen, macht die Geschichte so berührend und "wertvoll".
Zunächst völlig glücklich im Glück übersahen die beiden Protagonist*innen, dass ihre Gefühle nun mal um einiges komplexer sind als ´nur´ verliebt - denn das Leben ist mehr als die Liebesbeziehung... "What comes after Love" navigiert in Vor- und Rückblenden, wie die beiden Protagonist*innen etwas unbeholfen mit ihren Gefühlswelten klar zu kommen versuchen. Dabei bietet das KDrama, das auf einer Romanvorlage basiert ("Things that Come After Love" von Gong Ji-yeong und Hitonari Tsuji), ein breites und tiefes Spektrum an durchaus widerstreitenden Gefühlsdimensionen, die durch die beiden Hauptdarsteller*innen wunderbar ausgelotet werden - still und leise wohlgemerkt... in feinen Nuancen, Blicken, Gesten, Einstellungen...
Eine persönliche (schätzungsweise durchaus wahre) Geschichte. Eine sehr schöne und doch auch ernsthafte Liebesgeschichte. Reell und authentisch auf ihre ureigene Art.
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Noch ein paar Gedanken dazu.
(Allerdings mit Spoilergefahr...)
Es gibt ja so Konzepte von "Liebe ist...", doch die Schnittmenge wird selten 1:1 überprüft, sie wird vorausgesetzt. In Beziehungen dreht sich jedoch alles um den ehrlichen Umgang mit Gefühlen und um (auch unangenehme) Kommunikation. Doch wie so oft wird auch bei diesen beiden Protagonist*innen - Beni und Yun-oh - insbesondere das, was innerlich unangenehm nagt, beiseitegelegt, nicht weiter reflektiert, geschweige denn ausgesprochen. Hinzu kommt erschwerend: Er ist Japaner, sie ist aus Südkorea - beides eher verschlossene Kulturen, die den Menschen vermitteln, ihr Herz nicht gerade auf der Zunge zu tragen, sondern vielmehr Wert darauf zu legen, dass nach außen alles seine schöne Ordnung hat.
Für ihn ist es durchaus ein Akt der Liebe, beruflich erfolgreich sein zu wollen/müssen, um für ´sein Mädchen´ auch wirklich sorgen zu können. Für sie ist das jedoch zweitrangig. Nicht weil sie Südkoreanerin ist, sondern weil sie als Südkoreanerin in Japan mit ihm zusammenlebt. Sie kann zwar die Sprache, doch sie ist nicht in dieser Kultur groß geworden. Sie ist fern von zu Hause, ohne Familie und letztlich ohne eigenen, gewachsenen Freundeskreis. Das grundsätzliche Problem besteht darin, dass SIE ihr Leben in Japan ziemlich um ihn herum organisiert hat. Da ist sonst nicht viel. Ohne ihn fühlt sie sich allein. Dementsprechend sind ihre Erwartungen an IHN extrem hoch. Das kann er eigentlich gar nicht leisten. Dabei gibt es er sich alle Mühe - in seinen Augen. In ihren Augen jedoch geht es ihm nicht genug um sie.
Ein Problem für kulturübergreifende Beziehungen generell: eine/r von beiden muss sich einlassen, in der ´Fremde´ zu leben. Ich würde jedoch IHR den (Naivitäts)Vorwurf machen, dass sie ihr frühreres Leben einfach mal so mit Hilfe eines Flugtickets hinter sich lassen wollte. Stattdessen hat sie sich willkommen mit seinem identifiziert. Das kann nicht gut gehen. IHM würde ich in dem Fall vorwerfen, dass er sich zu wenig für das von ihr zurückgelassene Leben interessiert hat. Es mag ihm ganz gut gepasst haben, dass sie den emotionalen Aufwand in der Beziehung auf sich genommen hat und dass er sich ja nicht einmal wirklich die Mühe machen musste, ihre Sprache zu lernen.
Als IHRE (zurückgelassene) Welt sie dann einholt, lässt sie emotional die in romantischer Verklärung gerne ignorierte Kluft zwischen ihren beiden Welten erst zu. Erst dann kann sie auch den Negativraum spüren, den die beiden in ihrem Verliebtsein bis dahin gut und gerne umschifft hatten - jede/r auf seine/ihre Weise. Als sie es dann spüren musste/durfte, war das zwar der erste Weg, doch reflektiert war da noch lange nichts... Allzu schnell waren da lieber Opfer und Täter identifiziert... SIE hat sich ihm an diesem kritischen Punkt nicht ehrlich gezeigt. Hier hätten sich die beiden als Partner*innen bewähren können. Doch lieber hat sie IHM und der Beziehung die Chance verwehrt. Und wieder hat sie sich nicht gestellt, sondern lieber ihr zweifelhaftes Heil in der Flucht gesucht...
Das Schöne an dieser Geschichte: sie ist noch nicht zu Ende. Entscheidungen führen zu Erfahrungen, aus denen wiederum wachsen Erkenntnisse. Und manchmal eröffnet das Leben die Chance, tatsächlich daran zu wachsen, zu reifen - und beim nächsten kritischen Lebensereignis noch eine Portion mehr Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen.
Wie eingangs auch schon erwähnt: Prädikat "wertvoll".