Unterwegs im Koreanischen
Unterwegs im Koreanischen

KDrama nach Themen: Rom +/- Com

Love Your Enemy

Der originale Titel von "Love Your Enemy" lautet "Liebe auf der Baumstammbrücke" und bezieht sich auf eine alte koreanische Redewendung. Die besagt, dass wir unseren Widersachern nicht entkommen können. Eines Tages werden wir uns dem stellen müssen, wovon wir nicht frei sind. Es/er/sie wird uns irgendwann auf einer sinnbildlichen Baumstammbrücke begegnen, wo wir einander nicht ausweichen können. Und genau darum geht es in "Love Your Enemy": Sich der Vergangenheit stellen und damit den Gefühlen, die dort immer noch unerlöst festhängen. Das KDrama wartet mit einer Geschichte der Heilung auf. Diese Heilung vollzieht sich dabei sogar parallel bei mehreren Figuren in der Geschichte.

 

"Love Your Enemy" ist unspektakulär und dennoch "wertvoll". Durchaus sehenswert. Wir bekommen ein, wie ich finde, wohltuendes, in Setting, Aufmachung und Details sehr koreanisches KDrama. Die ländliche Region mag den Heilungsprozess symbolisch noch unterstützen. Der Esprit ist dabei mit reichlich Comedy gewürzt, ohne jedoch nur witzig sein zu wollen.

 

Ein gelungener, in leichtfüßiger Comedy-Gangart aufgemischter Mix aus Love Story im Teenspirit einerseits und erwachsener Erdung andererseits. Die Zeitsprünge in die Jugend der Protagonist*innen sorgen dabei insbesondere in der ersten Hälfte für Ernsthaftigkeit. Komik versprühen hingegen die beiden erwachsenen Protagonist*innen - wenn sie sich nach fast zwei Jahrzehnten unvermittelt wieder begegnen. Das passt ganz gut dahingehend, dass die beiden im Gegensatz zu ihrer Jugend als Erwachsene heute doch eher Hülle sind als sie selbst. Ihnen fehlt gewissermaßen das, was sie nach einem äußerst unglücklichem Cut in ihrer glücklichen Jugend damals zurückgelassen haben. Sie können sich nicht aufrichtig und erwachsen begegnen. So wirken sie in ihren Reaktionen aufeinander eher überdreht, übertrieben, im Übersprung, ganz und gar nicht in sich ruhend. Je mehr sie im Verlauf ihre alten Seelenanteile wieder integrieren können, kommen sie wieder etwas zur Ruhe.

 

Die Baumstammbrücke, auf der sich die Widersacher*innen verschiedener Generationen im Laufe der Serie begegnen, bildet der Schulalltag der Schüler*innen und Lehrerschaft an ihrer alten Schule von damals. Den dramaturgischen Zündstoff liefert eine Familienfehde aus ferner Vergangenheit. Ganz KDrama wurden und werden die Kinder für die Themen der Eltern eingespannt und doppeln unfreiwillig das Motiv der unglücklichen Liebe ihrer Eltern.

 

Auf den ersten Blick: Rom+Com, Unterhaltung für die entsprechende Stimmung, mit Zwicken, Zerren und Stoßen. Dabei erhalten die beiden Protaogonist*innen jeweils auch zauberhafte, Balsam spendende Rückendeckung aus ihrem Umfeld. 

Auf den zweiten Blick: eine wohldosierte Portion gesellschaftskritischer Zeitgeist mit noch stolpernden Rollenvorbildern für die dann doch beschwerliche Emanzipation aus den eng gestrickten, autoritären Familienbanden und Familienverpflichtungen - Freischwimmen für ein selbstbestimmtes Leben. auch wenn das nicht den Wünschen und Vorstellungen der Eltern entspricht.

 

 

 

 

 

 

Randnotiz:

Neues Themenfeld im KDrama: Identität, Selbstbestimmung und Auflehnung

Diese Themen nehmen 2024 im KDrama-Orbit, wie ich finde, sichtlich an Fahrt auf.

Zunächst war für ein Aufbegehren gegen Autoritäten in Familie und Beruf noch die Rückendeckung von etwas Magie nötig - etwa bei "Marry My Husband" oder "Perfect Marriage Revenge". Unter anderem setzte dann "What Comes After Love" 2024 mit dem Versuch der Emanzipation von der uneingeschränkten Autorität der Eltern auf diese neue Welle der ´Selbstbestimmung´, die sich langsam aber sicher im südkoreanischen Massenbewusstsein Gehör verschafft.

 

Fast zeitgleich mit "Love Your Enemy" lief zum Jahresende "When the Phone Rings" an. Dieses KDrama versteht sich zwar als Psychothriller, schwimmt jedoch im selben gesellschaftskritischen Fahrwasser, das sich mit den Themen Identität, Selbstbestimmung und Auflehnung auseinandersetzt: die Schwierigkeit des Aufbegehrens gegen die Autorität der Eltern und die Absolutheit der elterlichen Gebote und Verbote - ein neues Selbstverständnis als Erwachsene sucht sich seinen Weg. Und darf das in entsprechend dramatisch verstricktem KDrama-Kontext...

 

Dramaturgisch noch extremer zugespitzt wird das zeitaktuelle Themenfeld Identität, Selbstbestimmung und ein Versuch der Auflehnung gegen Normen im historischen Kontext, in dem das KDrama "The Tale of Lady Ok " spielt. Auch "Jeongnyeong: The Star is Born" steht in diesem Kontext. 

 

Diese KDramen tanzen zum Jahresende 2024 zunehmend in progressivem Tenor über die Bildschirme und in die Herzen der Zuschauer*innen hinein. Dabei bringen sie die Generationen zum Nachdenken, vermitteln die Erlaubnis, in Stein gemeiselte Gepflogenheiten zu hinterfragen, und eröffnen damit die Freiheit, Neues auszuprobieren. Nicht nur bei den Protagonist*innen, die sich freischwimmen wollen, sondern auch bei der älteren Generation gibt es zunehmend progressive Rollenvorbilder.

 

Nennen wir es Aufbruchstimmung in eine neue Dimension der Freiheit, auch individuell eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen. (Dazu passt vielleicht, dass Ende 2024 die südkoreanische Bevölkerung auf die Straße geht und sich ihre bislang (mühsam) errungene Freiheit nicht per autoritär verhängtem Kriegsrecht-Dekret nehmen lassen will.)

사랑은 외나무다리에서 - Sarangeun oenamudarieseo
Lit: Liebe auf der Baumstammbrücke
 
 
2024, 12 Episoden
 
Hauptdarsteller*innen:
- Ju Ji-hoon
- Jung Yu-mi
- Lee Si-woo
- Kim Ye-won
 
Plot:
Seok Ji-won and Yoon Ji-won haben nicht nur denselben Vornamen, sondern auch denselben Geburtstag. Sie hatten in ihrer Jugend sogar eine gemeinsame Liebesgeschichte. Doch die endete jäh und für beide äußerst schmerzhaft.
 
Nach fast zwei Jahrzehnten begegnen sie sich an ihrer alten Schule wieder. Er ist der neue Rektor, sie Lehrerin. Wie auch ihre Väter sind sie sich inzwischen ´spinnefeind´. Die Begegnung holt Ji-woons alten Revoluzzer-Esprit aus Jugendttagen hervor. Respekt gegenüber dem Rektor ist ihr dabei ein Fremdwort.
 
Der neue Rektor hat von seinem Vater den Auftrag, dafür zu sorgen, dass die Schule dem neuen Golf-Platz nicht im Weg steht. Doch je mehr er sich auf den Schulalltag einlässt und je mehr er wieder in vertraute Gefühlsmuster gegenüber seiner einstigen Jugendliebe gerät, desto schwerer fällt ihm das.
 
Die äußeren Bedingungen für ein Revival der Romanze sind allerdings extrem ungünstig, um nicht zu sagen chancenlos. Die beiden Familien stehen traditionell und inzwischen gewissermaßen aus Prinzip auf Kriegsfuß.
Druckversion | Sitemap
© Wörtertanz.com 2021-2025