Unterwegs im Koreanischen
Unterwegs im Koreanischen

KDrama nach Themen: Zeit und Raum sind relativ

Hotel del Luna

Auch hier gilt: ein bisschen Spaß muss sein. "Hotel del Luna" nimmt sich nicht allzu ernst. Dennoch erklingen dabei ebenfalls ernste Tonlagen. Allem voran präsentiert sich das KDrama jedoch in knalligen Farben und spannt mühelos den Bogen über 1.300 Jahre koreanische Geschichte - erzählt in kurzen, pointierten Segmenten an einer charismatischen Persönlichkeit, die in ihrem Leid auch nach ihrem Tode zum Verbleib auf der Erde verurteilt wurde.

 

"Hotel del Luna" bezeichnet schon im Titel, worum es in diesem KDrama hauptsächlich geht: Um Jang Man-wol und ihr Hotel. ´Man-wol´ bedeutet auch "Vollmond". "Hotel del Luna" ist das Hotel von Man-wol. Seit gefühlt ewiger Zeit. 

 

Man-wol stammte aus einfachen Verhältnissen aus der frühsten Zeit der koreanischen Geschichte, als sich die Reiche Silla und Goguryeo bekriegten. So ist sie zwar ursprünglich nicht sehr gebildet, aber schon lange auf dieser Erde. Dabei hat sie eine Schwäche für schöne, edle und exquisite Dinge entwickelt. Der Name ihres Hotels sollte demensprechend auch ein bisschen exotisch (in dem Fall spanisch) klingen - aber grammatikalisch ist das eben falsch ... (de la Luna müsste es heißen.)

 

Als Strafe für vergangene schlimme Taten musste Man-wol in all den vergangenen Jahrhunderten dieses besondere Hotel für frisch verstorbene Seelen leiten, denen dort der Übergang ins Jenseits so angenehm wie möglich gestaltet wird. Man-wol selbst jedoch ist der Weg ins Jenseits so lange nicht möglich, bis sie ihre Vergangenheit in Frieden hinter sich lassen kann. Da sie nun von dieser Erde vorerst nicht weg kommt, will sie die irdischen Errungenschaften wenigstens schamlos genießen. Sie umgibt sich ausschließlich mit stilvollen Eyecatchern in Sachen Mode, Ausstattung, Autos - egal, Hauptsache teuer und chic. Ihr exklusiver Geschmack und die Vorliebe für alles Erlesene haben sich über die Jahrhunderte ausgebildet und prägen gleichsam das gesamte KDrama. Was Ästhetik und Ausstattung angeht, ist das KDrama konsequent: Jede Szene ist durchgestylt bis in jede auch noch so kurze Sequenz. "Hotel del Luna" ist von vorne bis hinten ein Augenschmaus (...bis auf den ein oder anderen Geist, der schon auch mal eher spooky anmuten will.)

 

"Hotel del Luna" lebt von und durch Schauspielerin IU, die ihre Rolle der Man-wol herzhaft zu genießen scheint. In einer gelungenen Mischung aus mal melancholisch, gleichgültig, mal gereizt und schlecht gelaunt, mal entschieden, klar, kompromisslos, und mal auch verletzlich und sensibel, hält sie die verschiedenen Handlungsstränge ihrer persönlichen Vergangenheit, Gegenwart (und Zukunft) mit einigem Charisma zusammen.

 

Neben ihr wirkt Yeo Jin-goo als Gu Chang-sung eher blass. Tatsächlich birgt die Konstellation dieser Romanze jedoch einen gewissen Witz, denn Man-wol ist ja nun schon rund 1.300 Jahre alt, und ihr neuer Hotelmanager (das einzige als Mensch inkarnierte Wesen im Hotel) ein junger Mann in seinen 20igern.  Während das Urgestein Mang-wol oftmals diejenige ist, die unverantwortlich, spontan, schalkhaft oder im kindlichen Trotz zu agieren scheint, wirkt das Greenhorn Chang-sung daneben meist sehr erwachsen, rational, verantwortlich, und begegnet allen Herausforderungen mit unglaublich stoischer Ruhe. Der Weg, der die Herzen der beiden zueinander führt, ist entsprechend durch Steifheit gepflastert und verläuft vage. Oder sagen wir so: man/frau muss (oder auch darf) schon mal zwischen den Zwischentönen selbst hineinprojizieren und hineininterpretieren. Am Ende aber sprengt ihre (ungewöhnliche, aber deswegen nicht minder bewegende) Liebe dann doch Zeit und Raum.

 

Man-wols Leid mag zwar das größte (weil längste) der Hotelbewohner*innen sein, dennoch überstrahlt sie alle. Sie wächst einer/m ans Herz. Ebenso wie das gesamte skurrile Hotelpersonal - allesamt auf der Erde festsitzende Seelen Verstorbener, die bislang aufgrund unerlöster persönlicher Geschichten den Absprung ins Jenseits noch nicht geschafft haben.

 

Das KDrama blickt mit einem Augenzwinkern auf das Leben von uns menschlichen Wesen, nimmt dabei dennoch das, worunter wir in unterschiedlichster Couleur leiden, an die liebevolle Hand. Es gibt uns gleichsam im "Hotel del Luna" nochmal eine Chance und zudem eine Perspektive - wunderbar: der letzte Gang über die Brücke von hier nach dort.  

 

Ich meine, "Hotel del Luna" hat sich das Prädikat "wertvoll" für seine unorthodoxe, ästhetisch anspruchsvoll und liebevoll choreographierte Unterhaltung verdient. (...auch wenn man/frau die dichterischen Freiheit einfach dabei belassen und nicht jede Logik bis in die Wurzel zurück verfolgen sollte.) Wie gesagt: ein bisschen Spaß muss sein.

호텔 델루나 - Hotel delluna

Wörtlich: Hotel del Luna

 

2019, 16 Folgen

 

Hauptdarsteller*innen:

-IU, bzw.  Lee Ji-eun
-Yeo Jin-goo

 

Plot:

Nur die Geister verstorbener Seelen erkennen den ganzen Glanz des Hotel del Luna mitten in Seoul. In den Augen der sterblichen Menschen steht dort zwar ein Hotel, dies ist aber eher klein und unscheinbar. Für lebende Personen ist es nicht gedacht. Stattdessen sind ausdrücklich die Geister der frisch Verstorbenen eingeladen, bis zu ihrer endgültigen Abfahrt ins Jenseits hier einzuchecken.  

 

Seit der Zeit der drei Reiche leitet Jang Man-wol dieses Hotel. Sie arbeitet damit vergangene Sünden ab. Der Gradmesser ihres Seelenzustands lässt sich am Mondbaum im Garten des Hotels ablesen. Doch bis heute scheint dort alles unverändert und Man-wol nach wie vor Jahrhunderte entfernt von ihrer Erlösung.

 

Aufgrund des besonderen Status des "Hotel del Luna" - immer noch auf der Erde, aber nicht mehr für die dort lebenden Menschen - muss der Manager/die Managerin des Hotels eine lebende Person sein, damit rechtlich und steuerlich alles seine Richtigkeit hat. Außerdem bedarf es manchmal, um die noch offenen Fragen der Hotelgäste auszuräumen, eines Menschen, der die letzten Dinge ganz irdisch offiziell und gut geerdet erledigen kann. Dementsprechend gibt es bei den Manager*innen einen durch ihre vergängliche Lebenszeit gegebene Fluktuation.

 

Auf der Suche nach einer geeigneten neuen Besetzung trifft Man-wol auf den jungen Mann Go Chan-sung. Dies ist kein Zufall, sondern von langer Hand vorbereitet. Es ist jedoch nicht leicht, Chan-sung zu überzeugen, den ungewöhnlichen Job unter den Geistern im "Hotel del Luna" anzunehmen. Letztlich bleibt ihm nichts anderes übrig und am Ende füllt er seine Aufgabe dann doch mit großer Hingabe aus. Mit seinem sachlich soliden Geschäftssinn bringt er dabei die eher verschwenderisch operierende Man-wol oftmals an ihre Grenzen. 

 

Göttin Mago - sie hatte Man-wol einst zum Hotel-Dienst verurteilt - möchte nach gut einem Jahrtausend etwas Dynamik in die persönliche Entwicklung von Man-wol  bringen. (Randnotiz: Göttin Mago ist hier gleichsam die Vertreterin der Göttlichen Dimension.  Mago ist ihres Zeichens eigentlich eine von mehreren Gottheiten des koreanischen Entstehungmythos. Sie erscheint in diesem KDrama in verschiedenen Variationen in Form von Schwestern mit völlig unterschiedlichen Charakteren. Damit verkörpert sie gewissermaßen in sich auch die Idee einer Mythologie, die differenzierte Aspekte der Göttlichen Dimension in Form verschiedener Göttinnen und Götter repräsentiert.)

 

In der Folge von Magos Interventionen trifft Man-wol nun sukzessive auf die Reinkarnationen frühester Weggefährt*innen, die alte Wunden aufreißen. Chan-sung wiederum fängt an, sich immer mehr mit seiner Arbeit zu identifizieren, Gefühle für seine Chefin zu entwickeln, und sich für die Hintergründe und das Schicksal der Person Man-wol zu interessieren.

 

Am Ende wartet stets Gevatter Tod, der immer dann seinen Auftritt hat, wenn eine Seele dank der hervorragenden Serviceleistung des Hotelpersonals ihre letzten offenen Fragen geklärt oder Wünsche erfüllt hat.

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