Unterwegs im Koreanischen
Unterwegs im Koreanischen

VOR ORT IM LAND - Sechste Etappe Seoul - 15. Tag

Seoul Calling

Ein letztes Mal das Basislager wechseln.

Ein letzter Blick aufs Ostmeer.

Ein letztes Mal im K3 unterwegs.

Die erste Begegnung mit Seoul.

Auf geht´s.

Unsere Themen heute:

  • CHECK-OUT
     
  • CHECK-IN / GESCHICHTE: Seoul - die Hauptstadt
     
  • ARCHITEKTUR / NATUR: urbaner Skygarden Seoullo 7017

Seoul Basislager

Check-in

 

Goodbye Car.  Es war ein seltsames Gefühl ´unser´ Auto abzugeben. Zumal das ganze so schnell ablief. Keine Kabbeleien mehr mit der Navi-Frau... Andererseits, wer will in Seoul mit dem Auto fahren? Das Benzin ist gleich mal einen Euro teurer, es ist viel Verkehr, und wenn frau nicht gerade über eine 8-spurige Schnellstraße fährt, dann sind es gleich so enge Gassen, dass schnell Millimeterarbeit gefragt ist. Beispielsweise, als wir unsere Unterkunft aufsuchten, um das Gepäck abzuladen...

 

Wie dem auch sei, unser K3 ist liebegewonnene Geschichte. Jetzt sind Bus und U-Bahn (oder Fahrrad?) angesagt. Ab morgen. Heute wählen wir nur unser Quartier. Allein da gibt es viel zu entdecken...

 

Unsere Unterkunft ist prima gelegen und viel geräumiger als erwartet. Wir bemängeln die Aussicht - so etwas haben wir hier nicht -  (und manche trauern um das Bidet.) Alles andere ist prima.

 

Ich bin bereits nach kürzester Zeit im Bann der sehr kraftvollen Energie, die von dieser Stadt ausgeht. Ich könnte einfach so los- und weiterlaufen, immer der Nase nach. Eonni und Joka gehen lieber erst mal Kaffee trinken. Der Kontrast zu unseren letzten Adressen ist krass. Dennoch sieht Joka bereits einiges (auf zwei Beinen) das ihr sehr gut gefällt und Eonni freut sich durchaus auf das Erkunden der Geschäfte...

Facts & Figures zur Stadt

Hauptstadt

Seoul bedeutet Hauptstadt. Vor rund 4.000 wurde hier bereits gelebt. Archäologische Funde am Han Fluss zeugen davon. Die Baekje nannten es Wiryeseong, während sie hier die ersten drei Jahrhunderte ihren Hauptsitz hatten, bis die Gogureyo die Region unter ihre Herrschaft brachten. Bei den Silla wurde der Ort als Hanyang bezeichnet und war lediglich ein Dorf. Unter den Goryeo, die ihren Sitz im 60 km nordwestlich gelegenen Kaesŏng hatten, nahm die Bedeutung dann wieder zu. Zunächst befand sich hier der Sommerpalast Namjing und die Stadt trug den Namen Namgyeong (südliche Hauptstadt). Unter den Joseon wurde sie zu Hanseong bzw. Hanyang. Die Feng Shui Spezialisten hatten erkannt, dass die Kraft von Kaesŏng aufgebraucht war. Der Ort mit dem Schutz des Berges im Rücken und dem südlichen gelegenen Fluss vorneweg war in Hanyang ideal. Der Palast Gyeongbokgung, erste Tempel und die 18 km lange Stadtmauer mit ihren Stadttoren entlang der Berge Bugaksan, Inwangsan, Namsan und Naksan  sind weitgehend erhalten. Die japanischen Besatzer schließlich redeten von Keijō (Gyeongseong). In der Republik Korea ist seit 1945 offiziell von ´Seoul Teukbyeolsi´ die Rede = “Besondere Stadt Seoul”.

Ballungsraum

 

In dieser "besonderen Stadt Seoul" leben heute knapp 10 Mio. Menschen. In der umliegenden Metropolregion konzentrieren sich rund 25 Millionen Menschen - ein Drittel der koreanischen Bevölkerung und doppelt so viele Menschen wie in New York City. Es gibt nur vier Ballungsräume auf dem Globus, die eine höhere Konzentration aufweisen. Der Wirtschaftraum der Metropolregion gilt im weltweiten Vergleich als der viertgrößte. Aufgelockert wird die Dichte der Bebauung durch die bergige Topographie, zahlreiche Dörfer und Tempel in deren nördlichen Regionen und den Fluss im Süden. Jenseits davon, im Bereich des ehemaligen Schwemmlandes, katapultierte die weitgehend unkontrollierbare Bevölkerungsexplosion der 1950er Jahre die Stadtentwicklung in schwindelerregende Höhen. Seit den 1970er Jahren expandiert Gangnam, die Stadt südlich des Flusses, in Turbogeschwindigkeit in Höhe und Breite gleichermaßen. (Siehe Review “Giant”) In Gangnam steht seit 2017 der Lotte World Tower - damals das höchste Gebäude dieser Erde. (Mittlerweile, 2023, ist es auf Platz 6.) 

Der Tigerstaat und seine Jaebeol

 

Südkorea ist einer der sogenannten Tigerstaaten Asiens - der Tiger steht dabei symbolisch für die enorme Kraft, die hinter der hohen Dynamik des Wirtschaftsaufschwungs pulsiert. Von einem der ärmsten Agrarländer dieser Erde mauserte sich die Republik innerhalb von wenigen Jahrzehnten zum Global Player. Von 1962 bis 2008 wuchs das Pro-Kopf-Einkommen von 87 auf ca. 19.231 US-Dollar. Treibende Kraft waren und sind bis heute die Jaebeol mit ihren Konglomeraten, die so ziemlich jeden Wirtschaftszweig abdecken, bis auf den Bankensektor.

Südkorea ist nicht nur die weltweit größte Schiffsbaunation, sondern auch im Bereich Halbleiter- und Display-Produktion sowie Herstellung von Mobiltelefonen auf Platz 1 und 2. Stahl- und Automobil-Industrien bescheren der Volkswirtschaft Platz 5 im weltweiten Vergleich. Unter den 40 Jaebeol des Landes sind Samsung, LG, Hyundai, SK und Lotte die vier größten. Alle haben ihren Hauptsitz (wie viele andere) in Seoul. Samsung allein macht 1/5 des Exportumsatzes des Landes.)

Bildung + Kreativwirtschaft - der Motor brummt

 

In Seoul gibt es ca. 40 Hochschulen, darunter sind 18 Universitäten im QS World University Ranking unter den besten 1.000 Universitäten weltweit  - allen voran die Seoul National University. Die Sungkyunkwan University wiederum ist die älteste Universität in ganz Asien. Innerhalb des Landes haben die Seoul National University, Korea University und Yonsei University, den besten Ruf und sind (nicht erst seit “SKY Castle”) als SKY bekannt. Der private Nachhilfeunterricht (Hagwon), der dabei unterstützen soll, es in einer der Top Universitäten zu schaffen, ist heute ein starker Wirtschaftszweig. 2022 gaben Familien 17,5 Mrd. dafür aus (21.5 Prozent mehr als 2020...). Inzwischen ist der expandierende Markt auch für ausländische Investoren interessant geworden.

Die Hallyu - mit K-Drama, K-Pop, K-Fashion, K-Beauty, K-Food und zunehmend K-Lit - erweist sich dabei als ein weiterer Exportschlager mit wachsendem Marktanteil und treibender Kraft für den Tourismus. Die Zahl der Tourist*innen ist in den letzten Jahren nur in neun Städten dieser Erde höher als in Seoul. 

Erste Impressionen - SEOULLO 7017

Skygarden, praktisch vor unserer Haustüre

 

Architektur: MVDR und Ben Kuipers landscape architect

 

Kreative Impulse inmitten gewachsener Stadt, die mit dem bestehenden kreativ und grün umgehen und in etwas Neues transformieren, durften wir auf unserer Reise nun schön öfter bestaunen. So nun auch in Seoul, praktisch vor unserer Haustüre...

Eine (ehemalige) Straßenführung am Hauptbahnhof inmitten der hochfrequentierten City wurde auf 983 m in einen Park für Fußgänger*innen und Fahrräder umgestaltet. Damit können die Menschen statt unterirdisch unter den  hochfrequentierten Verkehrsachsen rund um den Hauptbahnhof hindurch nun seit 2017 in ca. 16 m Höhe über dem Straßenniveau über die PKWs hinweg flanieren. Wir heute mitten unter ihnen...

 

1970 -> 2017

Die Schnellstraße ist ein Zeugnis der 1970er Jahre, als Städte sich noch darauf konzentrierten, möglichst autofreundlich zu sein. Einst querte sie die Bahntrasse für den motorisierten Verkehr, heute verbindet sie die beidseitig des Hauptbahnhofs gelegenen Stadtviertel auf entspanntem Weg für Fußgänger*innen und Fahrräder. 

Stahl und Beton werden durch reichlich neu gepflanztes Stadtgrün belebt. 645 Pflanzentröge wurden dazu installiert und vegetationsspezifisch für Südkorea mit Bäumen, Büschen und Blumen im Sinne kleiner, ästhetisch differenzierter Gärten bepflanzt, die bunt durch das Jahr geleiten. Die Zuordnung ergibt sich zufällig durch das Alphabet. Es gibt zu sehen, zu riechen und sogar zu schmecken. Doch zur Aufenthaltsqualität tragen auch Bänke, Wasserspiele sowie Installationen zur körperlichen Ertüchtigung, beispielsweise Trampoline oder Minibühnen und Kindertheater bei. Ein Piano ist öffentlich zugänglich. An dem spielt ein kleiner Junge, während seine Eltern davor in der Sonne ihren Kaffee trinken.(Es wäre ein wunderschönes Bild gewesen, doch ich wollte die Privatsphäre nicht stören...)

Die Blicke können nach rechts und links, nach oben, doch auch nach unten, durch verglaste Öffnungen im Betonboden schweifen. Aus ehemaligen Auffahrten wurden verkürzte Rampen, ergänzt durch Aufzüge und Laufbänder. Weitere bauliche Installationen für Kioske, Touri-Info, Fußbad oder Mini-Ausstellungen flankieren den knappen Kilometer mit Inspirationen inmitten des innerstädtischen pulsierenden Knotenpunktes.

 

Das Projekt steht im größeren Zusammenhang einer städtischen Initiative für ein attraktives Seoul: heute ist die Devise nicht mehr ´autofreundlich´ sondern: Urbanität neu denken, grün und nachhaltig... In diesem Fall einmal mehr raffiniert umgesetzt, ausgehend von dem, was schon da ist.

Kulinarisches Fazit 

 

Auf unserer Fahrt durch die unzähligen Tunnel des Seoraksan Gebirge gönnten wir uns einen Snack auf der Strecke. Gegrillte Süßkartoffel am Stick, einen Käse-Stick und Teokkbeoki (Reiskuchen) in scharfer Sauce.

 

Seoul begrüßte uns mit selbst geröstetem Kaffee um die Ecke und einer Pizza beim smarten Pizzabäcker bei uns direkt über die Gasse im verwinkelt, versteckten Minirestaurant mit Flair und Feeling und vor allem super genial leckerer Pizza. 

Eonni hat das letzte Wort

 

Ebenfalls um die Ecke ist (unter vielem anderen) insbesondere auch ein Outdoor-Geschäft, das (bereits nach wenigen Stunden in der Stadt) Eonnis Interesse geweckt hat. (Ob wir am Ende wohl doch noch ein extra Paket nach Hause verschiffen...?)

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