Unterwegs im Koreanischen
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KDrama nach Themen: Beispiele für KMovie

Bring me Home

"Bring me Home" ist ein KMovie voll ungeschönter Realität und emotionaler Wucht, mit dem man/frau auf verstörende Weise näher dran ist am Rest der Welt ist. Prädikat "wertvoll".

 

Vielleicht wäre es angemessen, dieses KMovie als eine gelungene Studie über die Nahstelle zwischen Menschlichkeit und Unmenschlichkeit zu bezeichnen, wobei das Zünglein an der Waage das den Menschen ureigene Mitgefühl ist. Das Leben wird karg, grausam, brutal und hoffnungslos, wenn dieses Mitgefühl keinen Platz mehr unter den Menschen findet. Doch es macht einen Unterschied ob eine Seele den menschlichen Körper bereits verlassen hat und nur noch eine kalte Hülle zurückbleibt, die jeglichen menschlichen Mitgefühls bereits völlig entbehrt. Oder ob eine Seele zutiefst verletzt ist und sich zwar aus einem benommen Körper weit zurückgezogen hat, doch im entscheidenden Moment, wenn das menschliche Mitgefühl diesen Körper erfasst und die Seele erreicht, ungeahnte Energien mobilisiert und sich so in einer Art heiligen Zorn freikämpft aus dem Sog düsterer Abgründe. ...Es ist das Mitgefühl, die Fähigkeit und die Bereitschaft dazu, die den Unterschied in der Menschenwürde macht.

 

In jedem Fall ist es angemessen, das KMovie als eine hochbrisante, hervorragend recherchierte, vortrefflich inszenierte und meisterhaft gespielte Studie über vermisste Kinder, beziehungsweise Kindesentführung und Kindesmissbrauch in Südkorea zu bezeichnen. 

 

Unter dem Strich macht es keinen Unterschied: es handelt sich bei "Bring me Back" um einen Thriller über (un)menschliche Abgründe. Dabei entfaltet das KMovie seine eindringliche Kraft durch einen brutalen, unbeeindruckten Realismus und hält damit jener Gesellschaft, die dem Verschwinden von Kindern gleichgültig gegenüber zu stehen scheint, einen gnadenlosen Spiegel vor. "Bring me Back" ist ein Familiendrama. Doch es ist auch rigorose Gesellschaftskritik, die das Drama einer Familie (unter erschreckend vielen in Südkorea) als bestürzendes, gesellschaftliches Drama erklärt.


Yoo Jae-myung wächst hier als unredlicher, abstoßender Polizist ohne Scham und Pflichtgefühl über sich hinaus. Ebenfalls fantastisch: Lee Young-ae. Sie hat sich schon in dem KMovie "Sympathy for Lady Vengeance" als Racheengel bewährt. Damals ging es um Selbstjustiz als Konzept aus Prinzip und von langer Hand geplant. Hier ist es eher ein Reflex in der Hitze des Augenblicks.

 

Schwere Kost. Dennoch empfehlenswert.

Randnotiz: Vermisste Kinder in Südkorea
Menschenhandel ist kein spezifisch südkoreanisches Thema. Allerdings ist der Kontinent Asien mit 7 Ländern unter den 11 Ländern mit den weltweit meisten Opfern unangefochtener Spitzenreiter. Südkorea würde man/frau da vielleicht nicht an vorderer Front vermuten, doch Menschenhandel ist hier ein erschreckend rentables Geschäft, Tendenz: expandierend - egal, ob mit Frauen und Kindern, die ins Ausland exportiert werden, oder die aus dem Ausland importiert werden, oder als Transitland für Menschenhändler aus China oder Russland. Das läuft weitgehend unter dem Radar der Öffentlichkeit. Oftmals sind Bedienstete öffentlicher Stellen involviert oder bestochen. Hinzu kommt, dass die meisten Opfer hier unter 16 Jahren sind. Dies bedeutet, sie werden zunächst ´nur´ als Ausreißer behandelt - bei 80 Prozent der gelösten Fälle war dies so. Dabei sind nicht primär die Polizei und Behörden in der Pflicht, sondern die Eltern. Wenn  die Kinder zu den restlichen 20 Prozent zählen - den Entführten oder Ausgesetzten - dann haben sie leider das Pech, dass nicht mit dem nötigen Nachdruck nach ihnen gesucht wird. Diese minderjährigen Opfer gehören damit zugleich zu den schwächsten und wehrlosesten  Mitgliedern der Gesellschaft. Sie haben weder Stimme, noch Lebenserfahrung, noch Kraft, um den Täter*innen wirklich etwas entgegen zu setzen. Das macht sie zur leichten Beute für ein lukratives Geschäft.

 

In Südkorea werden über 99 Prozent der vermissten Kinder innerhalb der ersten zwei Tage gefunden. Das klingt viel. Für das 1 Prozent der Familien, die ihr Kind nicht in dieser Zeit wiederfinden, beginnt jedoch ein Alptraum, der schon manche Eltern in den Freitod getrieben hat. Der Schmerz, das Ringen mit Schuld und Hoffnung, hört erwiesener Maßen auch in den folgenden Jahren und Jahrzehnten nicht auf. 

 

Eine Zahl aus dem Jahr 2016: von ca. 38.000 Vermisstenmeldungen waren die Hälfte Minderjährige, die innerhalb der berühmten 48 Stunden wieder auftauchten. 285 dieser Vermisstenfälle konnten nicht aufgeklärt werden. Unter den Fällen der langfristig vermissten Minderjährigen (so eine Fallstudie aus dem Jahr 2014) waren 65 Prozent später tot aufgefunden worden und 46 Prozent der aufgeklärten Fälle von entführten Kindern ergaben, dass diese Opfer körperlicher, sexueller Gewalt wurden.

 

Die Verjährungsfrist birgt da ein weiteres Problem. Dies führt dazu, dass Eltern oft weit über ihr Vermögen ihr Leben einer Suche auf eigene Faust widmen, da es sonst niemand tut. Sie selbst jedoch können nicht aufgeben. Eher verlieren sie ihren Job, ihre soziales Leben, ihre Gesundheit, oder ihr eigenes Leben. Aus einer Studie aus dem Jahr 2006 geht hervor, dass 40 Prozent der Eltern, die ihr Kind über Jahre oder Jahrzehnte vermissten, ihren Job verloren haben und im Schnitt insgesamt rund 500.000 USD in die Suche investierten. (Inzwischen wird diese Summe wohl um einiges höher sein.) Dies beinhaltet auch das Geld, das an die Zahl falscher Informant*innen gezahlt werden musste, oder die Reisekosten, um an einen potenziellen Ort zu reisen, an den ein Tipp die Eltern hingeschickt hatte. Mehr als einmal hat dabei auch eine/r einen Streich gespielt. Solche Fälle sind reichlich belegt. Doch ebenso gibt es (zum Glück) auch Fallgeschichten von Spender*innen und Unterstützer*innen.

 

In Südkorea wurde an den gesetzlichen Bestimmungen rund um die vermissten Minderjährigen in den letzten Jahren immer wieder geschraubt. Doch die Ergebnisse sind nach wie vor nicht so, wie man/frau sich das wünschen mag. Eine Regierungsstudie aus dem Jahr 2021 stellt akut weiteren Bedarf in allen Bereichen fest: Von der Prävention über die Ermittlung und Strafverfolgung bis hin zur Mitarbeiterschulung. Zwischen 2015 und 2020 wurde in zunehmender Zahl mit südkoreanischen Frauen und Kindern gehandelt. Dabei gibt es immer wieder Kompliz*innen unter öffentlichen Beamt*innen, insbesondere die Zusammenarbeit zwischen Menschenhändler*innen und Polizist*innen werden bemängelt, die den Opfern so jegliche letzte Hoffnung auf Hilfe rauben. In diesem Zusammenhang wird auch die Fischerei an den Küsten als Tatort ausdrücklich erwähnt. Hier sind zahlreiche Fälle von Menschenhandel und Ausbeutung von Arbeitskräften dokumentiert, deren Arbeits- und Lebensbedingungen teilweise unterirdisch sind. 

 

Immerhin:

2020 gab es in Südkorea eine landesweite Aktion. 661 Kinder galten damals seit mehr als einem Jahr als vermisst, davon 638 schon länger als fünf Jahre. Damit diese nicht in Vergessenheit geraten, wurden deren Gesichter nun auf ein breites Paketband gedruckt, das bei der südkoreanischen Post sowie größeren Versanddiensten zum Einsatz kommt und auch privat verwendet werden kann. Dabei wurden die Gesichter digital bearbeitet und angepasst, so dass sie so aussehen, wie sie möglicherweise heute aussehen könnten. Auch die zentralen Infos zu ihrem Fall wurde darauf mitabgedruckt. (Ob dies in einzelnen Fällen zur Aufklärung inzwischen beigetragen hat, ist mir jedoch nicht bekannt.)

나를 찾아줘 - Nareul Chajajwo

Lit.: Finde mich

 

2019, 108 Minuten

 

Hauptdarsteller*innen:

-Lee Young-ae
-Yoo Jae-myung
-Park Hae-joon
-Lee Won-keun

 

Plot:
Die Ärztin Jung-yeon und ihr Mann suchen seit sechs Jahren nach ihrem vermissten Sohn. Ihr Mann hat darüber bereits seine Arbeit als Lehrer aufgegeben. Unermüdlich verteilt er Flyer im ganzen Land und geht dem ein oder anderen Tipp nach. Das soziale Leben ist längst Geschichte. Sein Anker ist ein junger Mann im Vermisstenbüro, der selbst einst ein Vermisstenfall war. Hier schöpft er Hoffnung und Motivation, während seine Frau nach außen zwar weiter funktioniert, doch innerlich zutiefst deprimiert ist und ihren Tagträumen nachhängt.

 

Nachdem ihr Mann bei einem Autounfall stirbt, während er mal wieder einem Tipp auf der Spur war, ist Jung-yeon ganz allein auf sich gestellt. Fast schon ist sie bereit, selbst auch ihr Leben zu lassen, als sie einen Tipp erhält, dass ihr Sohn in einem Fischerdorf gesehen wurde. Ein letztes Mal ist sie bereit, dem Schicksal eine Chance zu geben, und macht sich auf den Weg. 

 

An der Küste angekommen besucht sie eine Kooperative, in der eine seltsame Mischung aus undurchsichtigen Menschen in einer kleinen Bucht eine Fischerei mit einer Anlage für Hobbyangler betreiben. Hier arbeiten auch zwei kleine Jungs, die dabei ausgebeutet, misshandelt und missbraucht werden. Jung-yeon wird jedoch derart abgeschirmt, dass sie jenen Min-su, der ihr Sohn sein könnte, gar nicht erst sehen kann. Und dann ist da der Dorfpolizist, der ihr überhaupt keine Hilfe ist, sondern sie auf schnellstem Weg wieder los haben will...

 

Obwohl Jung-yeon spürt und sieht, dass hier etwas nicht in Ordnung ist, ist sie beinahe bereit aufzugeben... doch noch nicht ganz. In ihrer verzweifelten Suche hat sie letztlich nichts mehr zu verlieren....

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