Unterwegs im Koreanischen
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KDrama nach Themen: Mehr Drama geht immer

Listen to my Heart

"Listen to my Heart" oder auch "Can you hear my Heart?" ist ein KDrama im bewährten "Mehr Drama geht immer"-Style, das in 30 Episoden wenig auslässt. Wie so oft dreht sich hier alles um Familie - hier die Jaebeol, dort die einfachen Menschen auf dem Land. Doch wieder einmal ist es den Macher*innen gelungen, eine eigene, pädagogisch wertvolle Spielart dafür zu finden. Neben legitimen vs. illegitimen Kindern, Intrigen und Familiengeheimnissen geht es in diesem KDrama aus dem Jahr 2011 auch um eine Variation von Patchworkfamilie, in der das Leben mit Behinderung im Mittelpunkt steht. Um Stiefgeschwister, bei denen der eine vor den behinderten Eltern davonlaufen möchte und die andere beherzt ihr Schicksal annimmt.

 

"Listen to my Heart" spielt zunächst, während der Kindheit der Protagonist*innen, Mitte der 1990er Jahre. Es ist wohl kein Zufall, dass ein tragisches Fabrikfeuer das Leben der Patchworkfamilie bedroht. Allein 1995 gab es in Südkorea einige Explosionen und Gebäudeeinstürze, die mit Jaebeol und ihren Korruptionen zusammenhingen, die für ihre unstillbare, skrupellose Profitgier unschuldige Menschenleben forderten. So bietet das KDrama an dieser Stelle unter anderem eine emotionale Aufbereitung mit einer solch fragwürdigen Fabrikantenhaltung und jener Zeit.

 

"Listen to my Heart" nimmt sich jedoch hauptsächlich ein weiteres emotional und gesellschaftlich diffiziles Thema zur Brust. Der Story liegt eine differenzierte Aufbereitung zum Themenfeld Behinderung zu Grunde. Hier werden die Protagonist*innen und ihre Familien mit den Herausforderungen, Anstrengungen, Abwertungen sowie Ausgrenzungen konfrontiert, durch die das Leben mit Handicap geprägt ist, beziehungsweise denen sich die betroffenen Personen/Familien/Kollegen stellen müssen - innerpsychisch, physisch, sozial und gesellschaftlich. Das ist selten. Dazu gesellt sich obendrein auch noch das Korsakow-Syndrom als durch exzessiven Alkoholkonsum ausgelöste, beziehungsweise verstärke Demenz - ebenfalls eine gesundheitliche Folgeerscheinung, die bei all dem selbstverständlichen Soju-Konsum im KDrama-Land gerne ignoriert wird. Klar, das alles ist bekömmlich in die Storyline eingebunden. Dennoch sind die Themen auf dem Tisch und treiben das Drama voran.

 

Ohne Eltern mit besonderen Bedürfnissen wäre die Protagonistin zwar immer noch die herzliche und aufopferungsbereite Person, die sie ist, doch ihre Sozialisation in einer Familie mit einer tauben Mutter und einem geistig behinderten Stiefvater hat ihr Mitgefühl, die Anstrengungen, die sie wie selbstverständlich in Kauf nimmt, ihre Tapferkeit, ihre emotionale Impulsivität und Sensibilität in besonderer Weise gefördert. Ebenso hat es die Ablehnung der Wirklichkeit in ihrem Stiefbruder geprägt, die seine Fähigkeit förderte, Gefühle abzuspalten, und seine Tendenz stärkte, sich zu distanzieren sowie sehr früh (viel zu früh) sein Leben (erwachsen) selbst in die Hand zu nehmen, um in das ´gelobte, heile, strahlende Land der Sorglosen´ zu fliehen und ´ganz egoistisch´ für seine eigenen Ziele zu leben.

 

Auf der anderen Seite steht das soziale Umfeld einer Gesellschaft, die mit Vorurteilen und Ausgrenzung operiert, um ihre Normalität im vertrauten Komfortbereich zu erhalten. Auch diese Auseinandersetzung bekommt hier Raum.

 

Und schließlich geht es auch um die Sicht der vom Handicap betroffenen Personen selbst. Ihr Umgang mit dem, was sie von anderen unterscheidet, wo sie auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind, sich als weniger wert oder eben nicht vollwertig fühlen. Ihr Umgang mit dem, was und wie ihnen die Gesellschaft dies täglich immer wieder spiegelt. Ihr innerer und äußerer Kampf, nicht nur auf das Handicap reduziert werden zu wollen, sondern als Mensch im Ganzen voll akzeptiert zu sein.

 

Da wären wir beim Titel: "Listen to my Heart", eigentlich "Hörst du mein Herz?" mit Fragezeichen. Dieses Fragezeichen  hat schon seine Bedeutung, denn es ist wie ein vorsichtiges Nachfragen: "Bist du bereit, dich einzulassen, auf das was wirklich zwischen uns möglich ist, oder willst du nur das vorfinden, was du gerne möchtest und was dir in deine Vorstellung, deine Pläne und dein Weltbild passt?"

 

Herzlichkeit, auf das Herz hören, mit dem Herz hören - darum dreht sich die Story ständig. Bei einem Leben mit Behinderung gilt mehr als sonst das Herz als Barometer. Die kognitiven Turnübungen des Verstandes auf der verzweifelten Suche nach Kontrolle fallen hier eher aus. Das schafft mehr Raum für Wesentliches, Reales, Direktes und Spürbares im Jetzt. Leider gelten Menschen (auch ohne Behinderung), die so herzlich herzhaft agieren, wie beispielsweise die Protagonistin - so impulsiv, authentisch, hilfsbereit, warmherzig, offen, resolut und sensibel - meist als naiv. Während die Abgeklärten, kühl Reservierten, Kontrollierten, Vernünftigen respektiert und ernst genommen werden. Auf der anderen Seite bleiben diese Distanzierten als Preis ihres Gefühls von Kontrolle eben auch eher an der Oberfläche, und sind in der Konsequenz tendenziell einsam und innerlich leer. Jene wiederum, die sich in ihrer Offenheit verletzlich machen, werden berührbar und ermöglichen Begegnung, so dass Nähe entsteht und wärmende Gemeinschaft. Der internationale Titel "Listen to my Heart" (ohne Fragezeichen) bezieht hier noch deutlicher Stellung, indem er direkt auffordert, sich mehr auf die Herznote einzulassen. Imperativ.

 

So vermittelt dieses KDrama einige wertvolle Perspektiven auf das Leben gehüllt in ein Makjang-Serienkleid alter Schule. Wer das mag, wird nicht enttäuscht.

 내 마음이 들리니 - Nae Ma-eumi Deulrini?

Lit.: Hörst du mein Herz?

 

2011, 30 Episoden 

 

Hauptdarsteller*innen:
-Kim Jaewon
-Hwang Jung-eum
-Namkoong Min
-Jung Bo-Suk
-Youn Yuh-jung 
-Lee Hye-young 

 

Plot:

Woo-ri lebt mit ihrer tauben Mutter zusammen auf dem Land. Die Mutter soll nun den geistig etwas zurückgebliebenen Bong Young-kyu heiraten. Damit bekommt Woo-ri zugleich einen Stiefbruder, Ma-roo. Während Woo-ri sich hingebungsvoll um ihre Eltern und ihren Bruder kümmert, ist der von seiner (alten und neuen) Familiensituation ganz und gar nicht angetan. Er hat nur einen Gedanken: Flucht aus seinem Leben mit Armut und Behinderung. Und einen Traum: Wohlstand und Erfolg.

 

Die kleine Woo-ri lernt den Sohn des Jaebeol, Dong-joo, kennen, dem die Fabrik gehört, in der Woo-ris Mutter arbeitet. Die beiden verstehen sich auf Anhieb prima und er verspricht ihr, das Klavierspielen beizubringen. Auch bei Ma-roo hinterlässt die Begegnung mit Dong-joos Mutter einen bleibenden Eindruck - in diese gesellschaftlichen Sphären würde er es gerne schaffen. Im Zusammenhang mit einem Fabrikunfall stirbt Woo-ris Mutter. Dong-joo wiederum wächst seine chaotische Familie über den Kopf. In der hat seine Großmutter das Sagen. Und dann taucht auch noch eine Frau auf und verschwindet wieder, die wohl seine leibliche Mutter sein soll. Ihm reicht es und er nutzt seine Chance, von zuhause abzuhauen und stattdessen in Dong-joos Familie einen Platz als Peer-Bro-Lernpartner-Aufpasser zu bekommen, als dieser nach einem Unfall an einem Gehirntrauma leidet und dabei sein Gehör verliert. Im Verborgenen möchte ihn seine Mutter wieder rehabilitieren, ein Leben mit unerkannter Behinderung ermöglichen und ihn letztlich seine Jaebeol Verantwortung heranführen. Die Welt darf nicht wissen, dass er taub ist, denn das wäre für seine Zukunft als Erbe, Geschäftsführer und Vorstand des Konglomerats das Ende. So lernt Dong-joo mit der Zeit -  nicht zuletzt auch mit Ma-roos Hilfe - sein Handicap selbstbewusst zu verbergen und seinen Platz als Sprössling seiner reichen Konzerndynastie auszufüllen.

 

16 Jahre später. Ma-roo heißt inzwischen Jang Joon-ha und hat als Dong-joos Wahlbruder fast alles erreicht, was er wollte: Er verdient gut und verkehrt in den obersten Kreisen, ist die rechte Hand von Dong-joo und genießt das Vertrauen von dessen Mutter. Dong-joo wiederum macht zwar nach außen, was von ihm erwartet wird, leidet jedoch insgeheim unter seinen Erinnerungen an den Unfall und was er unmittelbar davor beobachtet hatte: den Streit zwischen seinem Vater und seinem Großvater, der tödlich endete. 

 

Woo-ri wiederum, ihr Vater, die Großmutter und auch der Rest der Familie haben bis heute den Verlust von Ma-roo nicht überwunden. Der Jaebeol und jener Tag, als die Fabrik in Flammen aufging, hat reichlich Schmerz über die Familie gebracht. Bis heute hat sie nicht aufgehört, nach Ma-roo zu suchen. Die Welt ist klein und so kreuzen sich unvermittelt die Wege von Woo-ri und Dong-joo bei einem Firmenevent, bei dem Dong-joo nun offiziell auf der geschäftlichen Bühne aufläuft. Ohne sich wiederzuerkennen gibt es dennoch einen kurzen, seltsam vertrauten Moment. 

 

Es bleibt nicht bei dieser unvermittelten Begegnung. Dong-joo richtet sich im Gästehaus des Unternehmens ein, das sich in Woo-ris Heimatort befindet. So kreuzen sich nicht nur ihre Wege mit denen von Dong-joo und seiner rechten Hand Joon-ha alias Ma-roo, sondern auch Ma-roos Vater läuft den jungen Männern über den Weg, da er im Gartenteam für die Pflege der Parkanlage beschäftigt ist. Ma-roo versucht, sich gegen seine Vergangenheit zu wehren, doch während Dong-joo Gefallen an Woo-ri und ihrer Familie findet, wird es zunehmend schwer für Ma-roo, sein Geheimnis im Angesicht seiner Schwester, seines Vaters und der an Demenz erkrankenden Großmutter zu wahren. Auch sind die widerstreitenden Gefühle, die Woo-ri und Dong-joo für einander entwickeln, nicht gerade das, was sich die Familien für ihre Kinder wünschen... Und dann mischt da Ma-roos leibliche Mutter auch noch ihre eigenen intriganten Karten im Wettlauf um Geld und Macht des Jaebeol-Clans... Vor der Familie davonlaufen zu wollen ist die eine Sache, es tatsächlich zu können eine ganz andere...

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