Unterwegs im Koreanischen
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KDrama nach Themen: Beispiele für KMovie

Kingmaker

Wahlkampf ist ein Kampf. Aber nach wessen Regeln soll er gekämpft werden? Muss man/frau als Preis für politischen Erfolg zwangsläufig Ideale und Ethik am Eingang abgeben?

 

Die kritische Aufarbeitung der jüngsten südkoreanischen Vergangenheit - die Demokratiebewegung - steckt noch in den Kinderschuhen, denn die Diktatur liegt nicht lange zurück und ihre bewährten Strukturen innerhalb konservativer Kreise klingen bis heute nach. Zunehmend jedoch nimmt sich auch dieses Thema seinen medialen Raum. Der politische Thriller "Kingmaker" bildet dabei einen kühnen Meilenstein, indem es sich einer schillernden, vergleichsweise integren, geradezu vorbildlichen politischen Persönlichkeit annimmt, die in ihrem aufrichtigen, ambitionierten Kampf für eine echte Demokratie lange keine Chancen zu haben schien: Kim Dae-jung. (Siehe Randnotiz unten.) Er war der erste Oppositionskandidat, der zum Präsidenten der Republik gewählt wurde. Er ist außerdem der einzige Südkoreaner, der je einen Nobel Preis für seinen Einsatz für Demokratie und Menschenrechte erhalten hat. Manche nennen ihn den Nelson Mandela Asiens. 

 

"Kingmaker" erzählt (im in dichterischer Freiheit aufbereiteten Plot) insbesondere von den frühen Jahren seines politischen Kampfes und dem beschwerlichen Weg, der ihn letztlich dann doch noch ins Blaue Haus führte. Dabei steht in diesem KMovie weniger seine Biographie im Mittelpunkt, als das, wofür er bis heute in den Augen der meisten Südkoreaner*innen steht: echte Demokratie. Oder besser noch, wogegen er antreten wollte: den konservativen, elitären, politischen Klüngel, der Fortschritt und Gerechtigkeit im Wege steht, wenn es nicht dem eigenen Vorteil dient. 

 

Im Dienste des Wahlerfolgs wurde Kim (wie so manche*r Politiker*in auf diesem Planeten) wohl mehr als einmal versucht, den ´guten´ Zweck im Visier mit so manch moralisch fragwürdigem Mittel zu heiligen. Dieser schwierige Balanceakt zwischen aufrechter, integrer politischer Haltung und der eigenen Käuflichkeit im Pakt mit einem erfolgversprechenden "Teufel" wird hier in eindrucksvoller Weise beleuchtet und prozessiert. Die Versuchung einer verheißungsvollen Abkürzung zum Erfolg geht meist mit einem Preis einher, der früher oder später eingefordert wird. (Der innere Kampf von ´Für´ gegen ´Wider´ prägt die Entscheidungsträger Südkoreas mit ihren gut etablierten, konservativen, im Schatten operierenden Netzwerken bis heute. Sie schreiben Tagesgeschichte. Und auch die TV- und Movie-Produktionen sind voll davon.)

 

Dem Status-quo - der Unterwerfung unter die augenscheinlich einflussreichen ´Mächtigeren´ - wird hier eine historisch reale Persönlichkeit gegenüber gestellt. Um das emotionale Dilemma dramaturgisch anschaulich zu vermitteln, wurde Kims Wahlkampfstratege der ersten Stunden, Eom Chang-rok, zur Hauptfigur stilisiert und fiktiv inszeniert. Über ihn ist tatsächlich wenig bekannt, außer, dass er brilliant und geradezu genial gewesen sein soll.

 

Erzählt wird von Eom Chang-roks intelligenten Kriseninterventionen, Lösungsansätzen und Wahlkampfstrategien, die im teils krassen Gegensatz zu den idealistischen, konsequent auf den Dienste am Volk ausgerichteten, demokratischen Werten von Kim stehen.  Die Zuschauer*innen werden mehr als einmal mit der Frage konfrontiert, ob nicht vielleicht doch der Zweck die Mittel heiligen dürfte? Ob die Macht beim Volk nicht vielleicht doch nur eine gut gemeinte Illusion ist? Ob es nicht effizienter für die Staatsführung wäre, wenn auf kurzen Entscheidungswegen einfach wenige (mehr oder weniger) schlaue Menschen für die vielen anderen entscheiden? "Kingmaker" rührt an den Grundfesten politischer Moral und Ideologie. Das KMovie rührt jedoch auch an sehr menschlichen Schwächen: dem Bedürfnis nach Anerkennung und der Verführbarkeit. 

 

Ein in der jüngsten südkoreanischen Zeitgeschichte verorteter, bewegender politischer Thriller über die Stolpersteine und Herausforderungen echter Demokratie, die mündige Bürger*innen voraussetzt. Doch auch über die im Schatten operierenden Kräfte und Netzwerke, deren Ziel es ist, die Bürger*innen zu entmündigen und stattdessen im eigenen Interesse zu lenken. 

 

Prädikat: "wertvoll".

Randnotiz: Kim Dae-jung (1924 – 2009) - Von 1998 bis 2003 Präsident Südkoreas

 

Er war der Sohn eines Bauern in einer Ortschaft in Jeollanam-do. Von dort zog die Familie in die Hafenstadt Mokpo, in der Kim Dae-jung aufwuchs. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung Koreas von Japanischer Unterdrückung begann er sich sukzessive politisch zu engagieren. Zwar verstand er sich nicht als Kommunist, doch verkörperte er eine volksnahe, demokratische Haltung. Einerseits bewährte er sich als Reederei-Unternehmer, andererseits verlegte er selbst auch eine Tageszeitung in Mokpo. Im Zuge des Koreakriegs kam er in Nordkoreanische Gefangenschaft, entkam aber seinem Todesurteil durch Flucht.

 

Mit dem Beginn der Republik kandidierte er wiederholt zwischen 1954 und 1960 mehrmals, jedoch erfolglos. 1956 wurde er als Sprecher der oppositionellen Demokratischen Partei gewählt. 1961 wäre er in die Nationalversammlung gewählt worden, doch in seiner diktatorischen Funktion erklärte Park Chung-hee die Wahl für nichtig. Stattdessen wurde Kim kurzfristig sogar verhaftet. Im Verlauf der 1960er Jahre konnte er dennoch seinen Sitz gewinnen und behalten. Er wurde  zum schillernden Oppositionsführer und stellte sich 1971 gegen Park Chung-hee als Präsidentschaftskandidat zur Wahl.

 

Auf seiner Agenda standen Sozialstaat und Aussöhnung mit Nordkorea. In seiner Heimatregion gewann er legendäre 95 Prozent der Stimmen - ein für Südkorea bis heute einmaliges Ergebnis. Insgesamt setzte er mit 45 Prozent der Stimmen eine starkes Zeichen für die Opposition gegen Park. Und dies obwohl die Gegenseite im Wahlkampf nicht immer fair gespielt hatte.

 

Nur ein Monat nach der Wahl fuhr ein Lkw in  Kims Wagen. Er überlebte den Anschlag, humpelte jedoch seitdem. Daraufhin führte er seinen politischen Aktivitäten gegen Parks Diktatur aus dem japanischen Exil fort. Dort wurde er gar 1973 vom südkoreanischen Geheimdienst KCIA entführt, da er offen die Politik des Präsidenten kritisiert hatte. Er konnte jedoch gerade noch dank Intervention der USA gerettet werden. Er kam stattdessen unter Hausarrest, 1976 folgten 5 Jahre Gefängnis als Reaktion auf seinen offene regierungskritische Haltung.

 

Auch nachdem Park selbst einem tödlichen Attentat zum Opfer gefallen war, blieb Kim weiter auf der politischen Abschussliste, denn der folgende konservative Präsident Chun Doo-hwan regierte nicht weniger diktatorisch und duldete keine Kritik. Im Zuge der Gwangju Studentenrevolte wurde Kim als politischer Anführer angeklagt und (wieder einmal) zum Tode verurteilt. Diesmal entkam er der Vollstreckung durch Interventionen von US Präsident Reagan und Papst. Stattdessen wurde das Urteil zu einer Haftstrafe von 20 Jahren abgemildert, die er schließlich im Exil absitzen durfte - als Gastprofessor in Harvard. In dieser Zeit machte er sich weltweit einen Namen als Verfechter von Demokratie und Menschenrechten. Nachdem er 1985 in seine Heimat zurückkehrte, kam er erneut unter Hausarrest. Enormer öffentlicher Druck zwang Präsident Chun schließlich im Jahr 1987, Kim Straferlass zu gewähren und zugleich die ersten wirklich freien Wahlen zuzulassen. Diese konnte der Ex-General Roh Tae-woo für sich entscheiden, da die Oppositionspartei sich just gespalten hatte und die Oppositionsstimmen sich dementsprechend auf ihre jeweiligen Kandidaten aufteilten. 

 

Kim wurde dann jedoch 1988 und 1992 in die Nationalversammlung gewählt. 1992 trat er erneut als Präsidentschaftskandidat an. Erfolglos. Daraufhin nahm er sich eine Auszeit als Gastdozent in Cambridge, bevor er 1997 einen vierten, letzten Versuch wagte. In der Stimmung der Asienkriese und als Außenseiter des politischen Establishments sowie dank dem geschickten Einsatz der Medien konnte er endlich gewinnen.

 

Mit seinen Finanz- und Wirtschaftsreformen setzte er die visionären Weichen für ein Südkorea, das sich als Vorreiter des digitalen Wandels und der modernen Informationsgesellschaft etablierte. Er investierte in den Aufbau eines Sozialstaats und initiierte eine Annäherung an Nordkorea. Turbulenzen erzeugte 1999 ein weitreichender Bestechungsskandal, der seine Partei betraf, und bei dem die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen auszubremsen versuchte. Sein Ruf war angegriffen und seine Integrität in Frage gestellt. Der Widerstand der Konservativen gegen seine Nordkorea freundliche Politik war enorm und die schwierige wirtschaftliche Lage der Menschen in der Folge der Asienkriese schürte zusätzlich Unzufriedenheit im Volk. Kim wurde parteipolitisch sukzessive ausgehebelt und machtlos.

 

Seine Präsidentschaft endete mit der Wahl 2003. Er starb 2009 im Alter von 85 Jahren.

킹메이커 - Kingmeikeo
Lit.: Kingmaker (anglizistisch) 

 

2022, 123 Minuten

 

Hauptdarsteller*innen:
-Sol Kyung-gu
-Lee Sun-kyun
-Yoo Jae-myung
-Bae Jong-ok 

 

Plot:

Seo Chang-dae ist intelligent und ambitioniert. Seine Konfliktlösungsstrategien sind raffiniert, als in Südkorea eingebürgerter Nordkoreaner seine beruflichen Aussichten jedoch sehr begrenzt. Er operiert eher im Hintergrund. Beeindruckt von dem ambitionierten Verfechter echter Demokratie, Kim Woon-beom, entschließt er sich, dessen Wahlkampf gegen das diktatorische Regime zu unterstützen. Seine Methoden gefallen Kim nicht und spalten auch sein Team, aber sie machen aus Kim den führenden Oppositionskandidaten. Seos Wahlkampfstrategie würde Kim wohl sogar noch weiter voranbringen, doch auch die Regierungspartei und der Geheimdienst sind von Seo beeindruckt. Sie hätten ihn ebenfalls gerne auf ihrer Seite.

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