Unterwegs im Koreanischen
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KDrama nach Themen: Historiendramen

The Crowned Clown

"The Crowned Clown" hat nichts mit lustiger Komödie oder leichter, seichter Kost zu tun - auch wenn es dennoch komische Szenen hin und wieder gibt. Lachen ist mitunter schon erlaubt. Ansonsten wird hier ein dramaturgisch bekömmlich aufbereiteter Blick auf den engen und stark kontrollierten Alltag eines Joseon-Königs im ersten und größten Palast der Joseon-Dynastie gelegt: dem Gyeongbokgung. Es handelt sich dabei um eine Lovestory, gehüllt in bunte Gewänder, schicke Gürtel und Schleifchen, untermalt mit so mancher sich kreuzender Klinge und hinterlegt mit unaufdringlicher, klassisch inspirierter Hintergrundmusik - hier sticht unter anderem eine Variation von Schuberts Serenade als romantisches musikalisches Leitmotiv hervor. Doch "The Crowned Clown" ist auch eine anschauliche Geschichtsstunde mit Einblick in die politischen Fehden und praktischen Mechanismen am Palast. Man/frau ist hier somit insbesondere in der historischen Joseon-Palastwelt unterwegs. Hin und wieder leichtfüßig, aber hauptsächlich in epischer Manier. 

 

Gleichsam als Remake des erfolgreichen KMovie "Masquerade" wird auch in diesem Fall der König durch einen Doppelgänger ersetzt, um dem psychisch kranken Herrscher Zeit zur Heilung zu verschaffen. Das birgt reichlich Stoff für emotionales und politisches Durcheinander. Yeo Jin-goo liefert hier in seiner Doppelrolle ein rechtes Meisterstück ab: einerseits als Despot und psychisches Wrack aufgrund seiner (berechtigten) paranoiden Ängste sowie exzessiver Opiumabhängigkeit. Anderseits als herzensguter, schlauer und freigeistiger Schausteller, der gegen seinen Willen zur Marionette und letztlich zum aufrechten König wird. An seiner Seite und auf der Gegenseite stehen eine ganze Reihe ebenfalls hochmotiviert mit ihren Rollen identifizierte Mimen. Unter anderem Lee Se-young. Sie präsentiert sich dabei ihrerseits überzeugend als ehrwürdige, distinguierte Königin und moralischer Leuchtturm eines redlichen monarchischen Selbstverständnisses geradezu archetypisch inmitten der manipulierbaren, bestechlichen Schachfiguren der Palastwelt. So hat "The Crowned Clown" einiges zu bieten. Dies alles eingefangen in einem schlüssigen Skript, das den Figuren den Raum für ein in verschiedene Grautönungen getauchtes, facettenreiches Profil gibt. Abgerundet wird die Geschichte mit einer stimmungsvollen Kameraführung.

 

Im Kontext dichterischer Freiheit erzählt das KDrama die Geschichte des historischen Gwanghaegun, der als 15. Joseon-König von 1608 bis 1623 regierte und von 1575 bis 1641 lebte. Er ist kein unbekannter im KDrama/KMovie Orbit. Über ihn im engeren oder weiteren Sinne gibt es mittlerweile 17 Film/Serien-Produktionen. "The Crowned Clown" porträtiert die Macht- und Familienverhältnisse um den Prinzen Gwanghae. Sein Vater, König Seonjo, hätte lieber seinem jüngeren Sohn (aus zweiter Ehe) den Thron übergeben. Doch im Zuge des japanischen Kriegs (1592-98) wurde der knapp 20 jährige Prinz kurzerhand Kronprinz und in seine Herrscherfunktion hineinkatapultiert - sein Vater war in den sicheren Norden geflohen und stattdessen fand sich Gwanghae im Kampf gegen die Japaner. Nach dem Tod von Sonjeo war dann sein Schicksal als nächster König Gwanghaegun besiegelt. Seine Regierung endete jedoch nach 15 Jahren mit einem Staatsstreich. Den Lebensabend verbrachte er im Exil. Entgegen der Geschichte im KDrama hatte die Königin einen Sohn, der jedoch in der Folge des Staatstreiches den Suizid gewählt hatte. All dies ehrenvoll überlebt hat die Großköniginwitwe - zweite Frau von König Seonjo und Stiefmutter von Gwanghae. Unter anderem hat sie mit ihren persönlichen Annalen erheblich zu einem negativen historischen Herrscherbild Gwanghaeguns beigetragen... Während sie einen ehrenvollen Platz in der Geschichtsschreibung innehat, wurde  Gwanghaegun als einer nur weniger Joseon-Könige nicht einmal mit einem Mausoleum gewürdigt. Inzwischen wird ihm jedoch von der modernen Geschichtsschreibung bescheinigt, dass er ein vergleichsweise umsichtiger, weiser und pragmatischer Herrscher war.

 

Das KDrama deutet politische Themen seiner Herrschaft zwar an, setzt den Fokus einer historischen Betrachtung an ´seinem´ Beispiel jedoch vielmehr auf den Herrscheralltag

Eigentlich kann einem/r der Joseon-König in seinem eingesperrten Palastleben leidtun.  Seidengewänder, malerische Parkanlage und erlesene Gerichte hin-her. Außer dem Blick in die Bücher seiner Bibliothek bleibt ihm nur das, was ihm seine Vertrauten, seine Minister, seine Eunuchen, seine Palastdamen einflüstern, um sich ein eigenes Bild von der Welt zu machen. Und sollte er mal das ´falsche´ Machtwort sprechen, dann kann das schnell das eigene Leben und das seines persönlichen Gefolges - von den Mägden über die Palastdamen verschiedener Grade bis hin zum persönlichen Eunuchen -  kosten. Es war damals wohl eine hohe diplomatische und rhetorische Kunst, das Machtgefüge innerhalb der Palastmauern, zwischen den Regierungsbeamten, zwischen dem Einfluss der adligen Familien sowie zwischen den Müttern der Prinzen (und Prinzessinnen) königlichen Blutes in Balance zu halten. Da kann man schon mal seine eigenen Prinzipien verraten müssen oder gar die Belange der gemeinen Untertanen außerhalb des Palastes aus den Augen verlieren...

 

Man/frau kann in Historiendramen immer wieder erleben, wie eng gestrickt die Machtbefugnisse der Königs waren und wie er alle Nase lang doch mehr eine Marionette insbesondere seiner ersten drei ressortlosen Minister oder sonstiger ihm nahe zur Seite stehender Einflussgrößen war. Im Titel "The Crowned Clown" wird auf den Marionetten-Aspekt in gewisser Weise doppeldeutig angespielt: Ein Schausteller von der Straße wird anstelle eines Joseon-Königs eingesetzt. Für ihn eine vertraute Aufgabe, denn auch der König ist - wenn er es nicht geschickt oder wahlweise brutal anstellt - eine Rolle mit festgelegtem Skript und nur wenig Improvisationsfreiraum. Mit Hilfe der Figur des lebensnahen Doppelgängers wird die missliche Lage der Joseon-Monarchen (und eigentlich auch all jener um ihn herum) dramaturgisch sehr pointiert und oftmals tiefsinnig erzählt.

왕이 된 남자 - Wang-i doen Namja;

Lit.: Der Mann, der zum König gemacht wurde

 

2019, 16 Folgen

 

Hauptdarsteller*innen:

-Yeo Jin-goo
-Kim Sang-kyung
-Lee Se-young

 

Plot:

Ha-seon lebt mit seiner Schwester und einer bunten Truppe aus Schausteller*innen auf den Straßen Joseons ein armes, aber glückliches, freies Leben. Die Truppe hat in ihrem kreativen Spiel viel Spaß zusammen. Als gemeines Volk werden sie jedoch immer wieder mit der elitären Überheblichkeit der Ober- und Mittelschicht sowie dem rechtlichen Ungleichgewicht zwischen den Ständen konfrontiert. Ha-seon ist darauf spezialisiert, die Königsfamilie in clownesker Weise zu karikieren. Das geht so lange gut, bis die Truppe in einem palastnahen Gisaeng-Haus in Hanyang (dem historischen Seoul) auftritt. Ha-seon wird vom Premierminister als auffallend ähnlicher Doppelgänger entdeckt. 

 

Der Preis für König Gwanghaegun Platz auf dem Thron ist hoch: er bezahlt mit seiner psychischen Gesundheit. Der beständige Kampf inmitten von Machtintrigen und die Angst vor Vergiftung oder Meuchelmord treiben ihn in die friedliche Welt des Opium, über die er den Kontakt zu sich selbst, seinen Mitmenschen und seiner Menschlichkeit verliert. Als letztes Aufbäumen nutzt er nun die unerwartete Chance, dank seines Doppelgängers die verrückt machende Welt hinter den Palastmauern des Gyeongbokgung hinter sich zu lassen. Entweder sein Doppelgänger stirbt an seiner Stelle und er ist frei von dem belastenden Erbe, oder er heilt in der Zwischenzeit von seiner Not und kann daraufhin beherzt einen neuen Versuch als König wagen. 

 

Auch wenn der König vielleicht die Marionette seiner politischen ´Flüsterer´ sein mag, es gibt dennoch Freiheitsgrade für einen Herrscher und Han-seo stolpert zwangsläufig darüber. Mal stimmt er gedankenlos fatalen Entschlüssen zu, mal entscheidet er beherzt nach eigenem Kalkül. Stets gibt es für den Premierminister und den eingeweihten Eunuchen des Königs einiges hinter ihm her an politischen Scherben aufzuräumen. Und dann ist da die Königin, die ihren König als jungen Prinzen sehr schätzte, doch inzwischen schon lange verloren glaubt... Und obendrein sieht er sich dem untröstlichen Groll der Großköniginwitwe gegenüber, die Gwanghae bis heute nicht vergeben hat, dass er ihren Sohn verdammte und zudem (heimlich) töten ließ. Ganz zu schweigen von den ambitionierten politischen Plänen des linken Staatsministers, der alle Hindernisse kompromisslos aus seinem Weg räumt... Die Gefahr eines heimlichen Giftmorders oder eines Attentats wird für Ha-seon zum Teil seines aufreibenden Palastalltags, bei dem er nicht einmal unkontrolliert zur Toilette kann.

 

Ha-seon möchte mehr als einmal davonlaufen. Doch als es ihm dann möglich ist, kehrt er mit bitteren Racheplänen zurück, da seine Schwester in seiner Abwesenheit brutalst von einem Adligen vergewaltigt wurde. Er möchte die Schuldigen ihrer gerechten Strafe zuführen, koste es was es wolle. Als Gemeiner ist ihm das unmöglich. Und fast noch wichtiger wird ihm seine Palastleben in der Rolle des Königs, als er der Königin näher kommt und auch sie anfängt, sich ihm zu öffnen.

 

So hatte sich der gebürtige König das nicht vorgestellt... Das filigrane, sich erst noch einspielende, neue Gleichgewicht am Palast gerät abermals aus den Fugen, als der echte Gwanghaegun wieder auf der Bühne des politischen Geschehens auftaucht... Die Königsmacher müssen Entscheidungen treffen, doch sie stehen dabei nicht im luftleeren Raum. Andere haben jeweils ihre eigenen Vorstellungen und Pläne. Letztlich muss auch Ha-seon sich bekennen, wie weit er bereit ist, zu gehen.

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