Unterwegs im Koreanischen
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KDrama nach Themen: Historiendramen

Shine or Go Crazy

Diejenigen, die sich schon ein bisschen auf diesen Seiten umgesehen haben, wissen bereits, dass ich kein Fan der seichten, verspielten Lovestories bin. Es muss schon ein bisschen mehr sein. Mich interessieren etwas komplexere Charakter- und Beziehungsstudien - dies bevorzugt in einem unverwechselbaren Kontext mit historischer, kultureller oder subkultureller Substanz.

 

In "Shine or Go Crazy" geht es um die schillernde historische Figur des Wang So - König Gwangjong aus den frühen Stunden der Goryeo Ära. Den hatte ich bereits im Rahmen von "Moon Lovers - Scarlet Heart Ryeo" kennengelernt. Wie dort ebenfalls erwähnt, legte König Gwangjong in seinen 26 Jahren Regentschaft Ende des ersten Jahrtausends solide Weichen für die kommenden ca. 4 Jahrhunderte.  Dazu hat er einige volksnahe, jedoch unter Adligen unpopuläre Reformen eingeführt. Allem voran betrafen diese die Sklavenhaltung, die eingehend geprüft wurde und vielen Leibeigenen ein Leben als freie (Steuern zahlende) Untertanen ermöglichte. Außerdem führte er die nationale Beamtenprüfung ein, mit der Menschen entsprechend ihrer Fähigkeiten einen Dienst für das Land leisten konnten. Ebenfalls wurden in seiner Regentschaft auch die sogenannten "Daebi-won", medizinische Zentren zur kostenfreien Versorgung der Ärmeren, eingeführt. Schließlich sicherte er mit militärischen Maßnahmen die Grenzen des Reiches. Adligen Gegenspielern begegnete er dabei konsequent und schaltete sie kompromisslos aus. Dieser eher auf seine Unternan*innen ausgerichteten Herrscherhaltung wird mit "Shine or Go Crazy" ein würdevolles multimediales Denkmal gesetzt.

 

Allem vorweg: "Shine or Go Crazy" ist von Kopf bis Fuß eine Lovestory mit allem Drum und Dran. Dennoch wird im Vorbeigehen eine schöne Charakterstudie des jungen Prinzen gezeichnet. Wie wurde er zu solch einem Beispiel dafür, dass ein König nicht automatisch (wie sonst so oft) zu einem Hampelmann seiner Minister, Eunuchen und Palastdamen werden muss? Wer oder was motivierte und inspirierte ihn zu seiner auf die Menschen hin ausgerichteten Politik?

 

 

Blick auf den historischen Kontext:

Sowohl das KDrama "Moon Lovers" als auch "Shine or Go Crazy" finden da eine psychologisch schlüssige Erklärung. Ob dies historisch durch Quellen begründet ist, konnte ich noch nicht herausfinden. Jedenfalls wird Prinz Wang So mit Hilfe dieses fiktiven Settings greifbar und nachvollziehbar. Die KDramen erzählen seine Geschichte so, dass er in jungen Jahren aufgrund der Weissagung einer blutigen Zukunft für das Land vom Palast verbannt und die Berge geschickt wurde. Dort lebte er ein Leben jenseits der Palastintrigen. Naturnah. In Anbetracht der alltäglichen Kämpfe ums Überleben. Im Angesicht von Kälte, wilden Tieren und Hunger (wenn man sich nicht selbst die Mahlzeit besorgt und zubereitet) rückt seine Erfahrungswelt zwangsläufig näher an die der normalen Menschen seiner Zeit heran. Diese Sozialisation in ´Freiheit´ und weitgehend geerdeter Normalität prägt ihn auf völlig andere Art als seine (zahlreichen) direkten und indirekten Geschwister innerhalb der Palastmauern und machen ihn zu einem resoluten und volksnahen monarchischen Freigeist. Dies legt zugleich den stimmigen Boden dafür, ihm in den fiktiven KDramen um seine Person eine völlig unorthodoxe, unerwartete und inspirierende Liebe an die emotionale Seite zu stellen, um psychologisch nachvollziehbar die scharfen Kanten seiner Enttäuschung durch die Zurückweisung seiner Eltern und die Selbstzweifel aufgrund seines Fluchs etwas abzuschleifen, beziehungsweise durch eine neue Erfahrung von Akzeptanz und Liebe auszubalancieren. Wie auch immer, die historische Figur erhält so zumindest ein greifbare, nachvollziehbare Substanz.

 

Ein seltener historischer Aspekt, der bei "Shine or Go Crazy" erfreulicher Weise in den Fokus rückt, ist die Bedeutung der florierenden internationalen Handelsbeziehungen Ende des ersten Jahrtausends. Über die koreanische Geschichte hinweg ist das Leben auf der Halbinsel (nicht nur, aber auch im KDrama) doch eher isoliert und auf sich selbst konzentriert. In dieser Geschichte wird den Beziehungen mit den unmittelbaren Nachbarn sowie mit dem Rest der Welt abseits von epischen Schlachten zumindest thematisch auch mal etwas Raum gegeben.

 

Ebenfalls selten im Fokus der KDramen ist die koreanische Geschichte vor Goryeo - die Zeit der drei Reiche Silla, Goguryeo und Baekje. In "Shine or Go Crazy" ist die weibliche Protagonistin eine Prinzessin aus dem Königreich Spät-Balhae in der Gegend der heutigen Mandschurei. Dies geht auf eines der fünf Königsreiche zurück, die sich 37 v. Chr. einst zu dem einheitlichen Reich Goguryeo zusammengeschlossen hatten. Nachdem der erste Goryeo König Wang Geon (posthum Taejo) 936 das Vereinte Sillareich besiegen konnte und damit das solide Fundament seiner eigenen Herrscher Dynastie schaffen konnte, war es sein Ziel in der Folge auch die ehemaligen Gebiete des einstigen Goguryeo Reiches zurückzuerobern. Beispielsweise Balhae, das zuvor den para-monglischen Kitan zum Opfer gefallen war. Die Bevölkerung war ethnisch durchmischt, wobei zwei Gruppen dominierten: die tungusischen Malgalen und die aus dem alten Goguryeo stammenden Koreaner. Letztere bildeten die herrschende Elite. Der Kronprinz, die Adligen und Teile der Bevölkerung konnten nach Goryeo fliehen. 

 

Zurück zur (Love)Story zwischen dem 4. Sohn von Goryeo König Wang Geon und einer balhaeischen Prinzessin. In bewährter KDrama Manier gibt es Nebenplots mit eigenen Geschichten und Figuren mit eigenen Motiven, die beherzt mitmischen im (Liebes)Leben des Prinzen Wang So. Die politische Bühne ist selbstverständlich durch Machtgerangel geprägt. Skrupel gibt es da keine. Aufrechte Menschen wenige. Loyalität und Abhängigkeit werden schon mal vermengt und verwechselt. Da ist vieles recht böse. Es wird ziemlich giftig. In diesem Kontext entwickelt sich die ganz nett erzählte Beziehung des jungen Prinzen Wang So mit einer smarten, tüchtigen, aufgrund ihres selbstverdienten Erfolgs auch recht selbstbewussten Geschäftsfrau. Sie erweitert seinen Blick ganz pragmatisch auf die Welt seiner Untertanen. Die Dynamik zwischen den beiden ist dabei dramaturgisch gelungen aufbereitet. Insbesondere gewinnt sie an Witz und Charme, da die Herzdame mal hinter Schleier verborgen und mal zeitweise in Männerkleidern unterwegs ist. Wang So muss stellenweise ernsthaft an seiner Geschlechterorientierung zweifeln (... nicht dass ihn das abgeschreckt hätte...). 

 

Ach ja, das Ende... In den Kritiken, die ich las, standen stets Wehklagen bezüglich des Endes im Mittelpunkt. Ich war auf alles gefasst. Doch ich habe mir das schlimmer vorgestellt. Tatsächlich ist es doch recht schlüssig (und man/frau bekommt sogar noch ein KDrama-Bonbon zu allerletzt). Immerhin geht es hier um eine historische Figur - der Prinz wird zum König und hat eine archetypische Aufgabe, die größer ist als er selbst. Immerhin stellt Gwangjong während seiner Herrschaft wichtige Weichen für die kommenden Generationen. 

 

Meine Kritik bezieht sich allerdings auf den Soundtrack! Hier muss ich leider zum ersten Mal heftig reklamieren! Sobald sich zwischen den beiden Leads berührende Momente entwickeln, drängt sich ein vergleichsweise unpassend blasser, nichtssagender Song völlig unsensibel und unnötig laut in den Vordergrund - und macht (zumindest für mich) den Moment (immer wieder aufs Neue) zunichte. Wirklich schade! 

빛나거나 미치거나 - Binnageona Michigeona

Lit: Strahlend oder wahnsinnig

 

2014, 24 Folgen 


Hauptdarsteller*innen:
-Jang Hyuk
-Oh Yeon-seo
-Lee Ha-nui
-Lim Ju-hwan

 

Plot:

Dem Prinzen Wang So wird bei seiner Geburt aufgrund der Sternenkonstellation vorhergesagt, dass er wahlweise eine strahlende oder eine blutige Zukunft über das Reich bringen wird. Das mit dem "strahlend" hatte die Mutter aus Angst vor dem "blutigen" Fluch völlig überhört. Seitdem lebt der Prinz mit diesem Vorurteil und wurde deswegen in jungen Jahren auch des Palasts verdammt. Er wächst in den Bergen auf, während sich die anderen Prinzen und Prinzessinnen in Luxus, doch auch mit alltäglichen Machtkämpfen herumschlagen. Sein Vater hatte für ein starkes Fundament seines Herrschergeschlechts mit 29 Frauen Kindern gezeugt - 6 davon waren offiziell als Königinnen anerkannt. Der Streit um Macht und Position unter den Adligen ist damit praktisch vorprogrammiert. 

 

Die junge Prinzessin Shin Yool aus dem Königreich Balhae ist ebenfalls Opfer einer Weissagung: Die Sternenkonstellation ihrer Geburt sagte ihr voraus, dass sie ein anderes Reich ins Licht führen wird. Um so etwas zu verhindern, soll das Neugeborene kurzerhand getötet werden. Nur knapp entkommt das Baby dem Tod, da sie im letzten Moment aus dem eiskalten Fluss gerettet werden kann. Sie wächst bei ihrer Retterfamilie auf und zu einer erfolgreichen Geschäftsfrau heran.

 

Während der erwachsene Prinz Wang So im Spezialauftrag seines Vaters über die Landesgrenzen hinweg Attentäter verfolgt, trifft er auf die resolute Geschäftsfrau Shin Yool, die just gegen ihren Willen zur Frau eines aufdringlichen kitanischen Generals der Liao Dynastie gemacht werden soll. Sie wählt ihn aufgrund seiner koreanischen Abstammung kurzerhand als Ehemann für eine Nacht, ohne zu wissen, wen sie vor sich hat. Der lässt sich schließlich auf den Deal ein, da es ihm gut tut, einmal gebraucht zu werden und abwechslungsweise einmal nicht als verfluchtes, potenzielles Monster verdammt zu werden. Nach dem erfolgreichen Täuschungscoup trennen sich die Wege der beiden.

 

In Kaesong begegnen sie sich zufällig wieder. Während Shin Yool ihren ´Ehemann´ erkennt, gelingt dies Wang So nicht. Damals hatte sie den Schleier nie abgelegt. Jetzt trifft er sie in Männerkleidern an ...und findet spontan gefallen an der unerschrockenen, direkten Art des Jünglings.

 

Wang So ermittelt auch nach dem Tod seines Vaters immer noch verdeckt gegen die intriganten Verräter, die mit allen Mitteln den Thron für sich gewinnen wollen. Das Geschäft, das Shin Yool in mittlerweile in der Hauptstadt aufgebaut hat, nimmt dabei offenbar eine Schlüsselrolle ein. So kommen sich die beiden unter den falschen Namen So-so und Gaebong zwangsläufig näher.

 

Wang So ist gegen seinen Willen mit der Tochter des Hwangju Hwangbo Clans verheiratet worden, der tief in die Intrigen um den Thron involviert ist. Seine Ehefrau erkennt schnell, dass Gaebong kein Mann ist. Ihr Bruder wiederum ist seinerseits aus mehreren Gründen an Shin Yool interessiert... Und der Kampf um den Thron des auf wackeligen Beinen stehenden, derzeitigen Königs ist gerade erst eingeläutet... 

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