Unterwegs im Koreanischen
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KDrama nach Themen: Bildung & Arbeitswelt

Weak Hero Class 1

"Weak Hero Class 1" hinterlässt bei mir recht zwiespältige Gefühle. Ein intensives KDrama, bei dem unter den Jugendlichen eine beachtliche Bedächtigkeit und Getragenheit, die stellenweise annähernd an Apathie grenzt, vorherrscht. Dem stehen Gewaltausbrüche gegenüber, die nichts auslassen. Extrem. Krass. Brutal. Eine grausame Parallelwelt, die im Alltag von Oberstufen-Schüler*innen eigentlich überhaupt nichts zu suchen hat!

 

Ein KDrama, das Gewalt zum Thema hat - Gewalt unter Jugendlichen. Die Themen Mobbing, Ausgrenzung und Unterdrückung werden hier brutal aufgefächert. In was für einer Gesellschaft leben wir? Das, was Jugendliche durchmachen müssen, und womit sie  alleine gelassen werden, ist unfassbar. Das KDrama hat es nicht erfunden. Das Webtoon, auf dem die Story basiert auch nicht. Es ist traurige und skandalöse Realität an vielen Schulen, in zahlrechen Schulklassen, in Südkorea und auch anderswo.

 

"Weak Hero Class 1" beschönigt da gar nichts.

Und es endet genau so, wie es ist... kein Ende in Sicht...

Ich war hin- und hergerissen, ob ich auf der Strecke aussteigen soll. Zu viel Frust und Gewalt - eigentlich in einem fort. (Auch wenn der ´schwache Held´ raffinierte, inspirierende Rezepte entwickelt, sich zu wehren... es bleibt doch eine Welt der Gewalt.)

Dann jedoch sind die Beziehungsdynamiken zwischen den Jungs (und Mädels) recht spannend und das, was sie innerlich und äußerlich durchmachen, berührend. Letztlich hilft es ja nicht, wegzuschauen - auch wenn es schmerzhaft ist: hinschauen. So gesehen: eine tolle, gelungene Produktion. So gesehen: eine aufwühlende  Bestandsaufnahme - aufwühlend, weil die Story keine Perspektive, kein Licht am Horizont und keinen substanziellen Raum für Hoffnung lässt. (Allenfalls marginale Lichtfünkchen am Rande.)

 

Das weitgehend gleichgültige Lebensgefühl, das in der Haltung und Gangart der Jugendlichen vorherrscht, ist das eine, die massiven Gewaltausbrüchen das andere. Jede Seele scheint hier längst die Flucht aus ihrem jungen Körper ergriffen zu haben, so dass da dann nur noch annähernd apathische Jugendliche unterwegs sind, die sich punktuell als gefühllose Schläger gebären, die auf hilflose Körper am Boden eintreten, oder umgekehrt. Das ist eigentlich nicht auszuhalten. Das traumatisiert, auf beiden Seiten. Und doch ist es Alltag. Das erzeugt einen ganz eigenen Flow in der Welt der Schüler*innen. In dieser Welt mag man ernstzunehmende, verantwortungsbewusste, beherzte Erwachsene praktisch vergeblich suchen. Sie sind nicht existent. Die Kids sind in dieser Welt allein mit sich und müssen ihren Weg finden, darin zu leben oder besser: zu überleben. Auf welcher Seite wird man/frau zu stehen kommen? Täter*in? Opfer? Retter*in? Zuschauer*in?

 

Was mich im Zusammenhang mit "Weak Hero Class 1" fast noch am meisten bewegt, das sind die vielen begeisterten Kommentare der meist auch eher jungen Zuschauer*innen, die sich mit dieser Geschichte offenbar gut abgeholt fühlen. Das mag zwar ´nur´ eine fiktive Story sein, doch sie spricht offenbar vielen aus der Seele. Auf einer KDrama Fan-Plattform las ich, dass unter allen registrierten Besucher*innen fast 11.000 innerhalb der ersten 2 Wochen die Serie gesehen haben. Darunter haben 55 sich schon die Mühe gemacht, nicht nur einen Kommentar, sondern eine ausführliche Einschätzung zu verfassen (eine Zahl, die allenfalls bei ´Blockbustern´ unter den Serienproduktionen zu finden ist). Dabei ist die Wertung in der Regel zwischen 9 und 10 von 10 Punkten. Sie sind begeistert. Fast 30 Prozent dieser  Zuschauer*innen (der besagten ersten 2 Wochen) stammten aus der Altersgruppe 13-17 Jahre.

 

Also. Ich bin ich NICHT begeistert. Ich bin beeindruckt von der Intensität der Produktion, ja. Doch in erster Linie entsetzt von der Dominanz des Mobbing und der Härte der Gewalt unter Gleichaltrigen im heutigen Schulalltag. Ich bin außerdem schockiert über die dokumentierte selbstverständliche Planlosigkeit und Hilflosigkeit der Erwachsenen. Letztlich bin ich frustriert in Anbetracht der Perspektivlosigkeit und betroffen angesichts einer solch desillusionierenden Erfahrungswelt der jungen heranwachsenden Generation.

 

Das KDrama hat eine simple Mission: zeigen, was ´wir´ eher nicht zu sehen bekommen, weil ´wir´ (Erwachsenen) in dieser Parallelwelt der Schüler*innen keinen Platz haben. Und die Story gibt aus Prinzip keine Antworten in Hinblick auf Auswege. Nein.

Ich meine: ´Wir´ Erwachsenen stehen da am Pranger... Was haben wir bloß angerichtet (und versäumt auch), dass es so weit kommen konnte! Wo soll das noch hinführen? Was können wir tun? Und was können wir mal schön bleiben lassen? 

 

"Weak Hero Class 1" basiert auf der Vorlage eines Webtoons und hat so dem ureigenen Mobbing-Thema unter Schüler*innen gleichsam ein noch breiteres Publikum, insbesondere auch unter den ´Erwachsenen´, erschlossen. Das weiß ich zu schätzen. Das KDrama ist auf der jungen Streaming Plattform Wavve erschienen und konnte so den Gewaltexzessen dramaturgisch reichlich Raum geben. Vielleicht mehr als nötig? Doch vielleicht ist es nötig? Jedenfalls komme ich unter dem Strich zu dem Schluss, dass ich die Serie empfehle. Und schweren Herzens gebe ich ihr obendrein das Prädikat "wertvoll", insbesondere für alle, die sich Erwachsene, Eltern, Lehrer*innen, Sozialarbeiter*innen, Beamt*innen in Jugendämtern, Polizist*innen, etc. nennen...

Hallo wach!

 

 

 

PS:

Das Thema MOBBING/BULLYING  an Schulen ist in unzähligen KDramen fast wie selbstverständlich gegenwärtig. Ausdrücklich im Mittelpunkt des Plots steht es jedoch ebenfalls z.B. in:

약한영웅 Class 1 - Yakhanyoungung Class 1
Lit.: Schwacher Held Klasse 1

 

2022, 8 Episoden
(Es wird wohl eine weitere Staffel geben)

 

Hauptdarsteller*innen:

-Park Ji-Hoon
-Choi Hyun-Wook
-Hong Kyung
-Lee Yeon
-Shin Seung-Ho

 

Plot:

Yeon Shi-Eun ist vorbildlicher Schüler an der Eunjang Oberschule für Jungs und konzentriert sich dort meist aufs Lernen. Seine Intelligenz hilft ihm manches Mal, sich gegen die rohe Gewalt seiner Mitschüler zu wehren. Mobbing und Ausgrenzung sind allgegenwärtig. Kaum einer kann sich dem entziehen. Sei es als Opfer, als Täter, Mittäter oder eben Zuschauer. 

Was im Klassenzimmer beginnt, hört außerhalb der Schule nicht auf. Doch Shi-eun hat nicht vor, sich treten und unterdrücken zu lassen. Damit inspiriert er manch einen seiner Mitschüler. In Ahn Soo-ho findet er eine unverhofften Freund. Und in Oh Beom-seok einen fast neidischen Bewunderer.

 

Doch Niederlagen will keine/r gerne einstecken. Die drei Jungs sehen sich einer gekauften Schlägertruppe aus jugendlichen Ausreißer*innen gegenüber, die ihrerseits den bezwungenen und vorgeführten Mobber rächen sollen. Shi-eun muss sich immer neue intelligente Mittel und kreative Wege einfallen lassen, um das Schlimmste zu verhindern. Aber wird ihm das gelingen? Es scheint als hätte er schlafende Hunde geweckt...

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