Unterwegs im Koreanischen
Unterwegs im Koreanischen

KDrama nach Themen: Bildung & Arbeitswelt

Second 20s

Für die meisten südkoreanischen jungen Menschen ist das Gröbste geschafft, wenn sie einen Studienplatz an der Universität bekommen haben. Die Schulzeit liegt hinter ihnen, der lange Joballtag ist noch weit weg. Die 20iger bieten eine kurze Phase, um das Leben rund um den Unicampus relativ frei vom Einfluss der Eltern zu genießen und noch voller Träume und Hoffnungen auf die Zukunft zu blicken. "Second 20s" knüpft an diese eher lebensfrohe Etappe im Leben an und vermittelt einen bunten Eindruck vom Uni-Leben an einer südkoreanischen Hochschule.

 

Die Protagonistin des KDramas hatte damals auf ihr Studium an der Kunstakademie verzichten müssen, da sie schwanger war. Sie ist mittlerweile 38 Jahre alt, hat einen Sohn, der selbst bereits studiert, und einen Ehemann, der sie nicht liebt - und betrügt. Sie entscheidet sich, das längst Vergangene nachzuholen. Zunächst um ihre Ehe zu retten. Dann für sich selbst. 

 

Allerdings ist das nicht so einfach. Als "Ahjumma" kann frau nicht einfach nochmal studieren wollen. Wo kämen wir denn hin, wenn alle täten, was sie wollen? Studierende sind per se jung. Eine Ahjumma als Studienkollegin irritiert die Menschen auf dem Campus. Ist sie eine Professorin? Studierende haben untereinander als etwa Gleichaltrige informelle Umgangsformen, die sie gegenüber Älteren nicht zeigen würden. Schon allein die gewählten Beziehungsebenen in der Sprache kommen nicht zusammen, denn man/frau darf eine Ahjumma nicht als seines/ihresgleichen ansehen und ansprechen... sie irritiert auch die Professor*innen, zumal wenn sie vielleicht sogar noch etwas älter ist. Und sie irritiert den eigenen Sohn, wenn die Mutter lässig mit den Studienkolleg*innen oder gar der eigenen Freundin in der Vorlesung sitzt... das nervt.

 

Insofern ist es durchaus erfrischend, zu sehen, wie das streng hierarchisch geordnete Gesellschaftssystem durcheinander gebracht wird, wenn man/frau sich nicht an die Spielregeln hält. Leider, leider bedarf es 2015 für solch eine mutige Entscheidung in Südkorea noch etwas mehr als Eigenliebe: Die Protagonistin hat nach einer Krebsdiagnose  noch ein halbes Jahr zu leben. Schade, dass es solch existenzieller Momente bedarf, um den Mut und die Kraft aufzubringen, sich den Hindernissen und Schwierigkeiten zum Trotz endlich einmal auf sich selbst zu besinnen und aus den Zwängen der Gesellschaft zu befreien.

 

Der große Charme von "Second 20s" besteht darin, dass hier die 20iger aus der Sicht und vor dem Hintergrund der Lebenserfahrung einer fast 40jährigen Frau und Mutter gelebt werden. Damit bekommen die gewöhnlichen kleinen Dinge, die kleinen Freiheiten, die Selbstfindungsprozesse sowie die Liebeleien eine neue Gewichtung, Tiefe und inspirierende Perspektive.

 

So berührend es ist, die Protagonistin auf ihrer Reise zu sich selbst zu begleiten, so frustrierend ist es doch auch, Ha No-ra in ihrem Selbstverständnis als Ehefrau und Mutter zu erleben. Es scheint, sie hat in dieser Rolle jegliche Selbstachtung geopfert. Frau möchte sie manchmal schütteln. Da ist es höchste Zeit, dass sie an ihr früheres Selbst anknüpft, den Bogen schließt und ein selbstbewusstes Standing als erwachsene Frau entwickelt. 

두번째 스무살 - Dubeonjjae Seumusal

Lit.: Zum zweiten Mal 20 Jahre alt

 

2015, 16 Folgen

 

Hauptdarsteller*innen:

-Choi Ji-woo
-Lee Sang-yoon
-Choi Won-young
-Kim Min-jae
-Son Na-eun

 

Plot:

Ha No-ra ist 38. Sie bekam ihren Sohn mit 19 Jahren. Ihr Traum war es, Tänzerin zu werden. Stattdessen wurde sie Ehefrau, Hausfrau und Mutter.  Ihre Ehe steht kurz vor der Scheidung. Ihr Mann hat eine Affäre und will endlich frei sein, diese Beziehung offen zu leben. Im neuen Semester wechselt er an die Hochschule, an der auch seine Geliebte arbeitet. (Randnotiz: Seit 1953 wurden in Südkorea rund 53.000 untreue Ehepartner*innen wegen Ehebruchs angeklagt und z.T. zu Gefängnisstrafen von bis zu 2 Jahren verurteilt. Dieses Gesetz wurde erst 2015 als verfassungswidrig erklärt.) Ihr Sohn macht seine Universitätseingangsprüfung und will sich an der Universität seiner Wahl einschreiben - aber die nimmt ihn nicht. Sie selbst macht diese Prüfung ebenfalls - heimlich. In der Hoffnung, dass ein Studium sie zu der Bildung führen wird, mit der sie ihren Mann (und damit ihre Ehe - denn sonst bliebe ihr nichts) doch noch halten könnte. 

 

Der Zufall bringt nun alle drei an dieselbe Universität. Ehemann und Sohn sind mit Ha No-ras Plänen beide aus unterschiedlichen Gründen nicht einverstanden und geradezu entsetzt darüber, No-ra auf dem Campus anzutreffen. Ihr Mann wegen seiner Affäre. Ihr Sohn wegen seiner (heimlichen) neuen Freundin, weil er sich für seine Mutter nicht schämen möchte und da er auch ansonsten seine Studienzeit unbeobachtet leben will. Resigniert will Ha No-ra schon aufgeben. Da erhält sie fälschlicher Weise eine ernüchternde Krebsdiagnose, die ihr gerade mal noch 6 Monate Zeit progonstiziert. Sie hat nun nichts mehr zu verlieren und entscheidet sich, erst recht, das zu tun, was sie nie konnte: endlich studieren. Ihr Studium an der Kunstakademie musste sie damals wegen ihrer Schwangerschaft abbrechen.

 

Ihre Professorin in Psychologie - Schwerpunkt: Ehe und Partnerschaft - ist die Geliebte ihres Mannes. Ihr Professor in Theaterwissenschaften ist Cha Hyun-seok - ein ehemaliger Schulfreund von No-ra, der damals gerne auch mehr gewesen/geworden wäre... einerseits hegt er einen alten Groll, andererseits ist er neugierig geworden: was ist in all den Jahren mit Ha No-ra geschehen? Warum hat sie damals so unvermittelt geheiratet und ihren Mann nach Deutschland begleitet? Und warum darf ihr Mann nicht wissen, dass sie an derselben Universität studiert, an der er unterrichtet? Überflüssig zu erwähnen, dass er ihren Mann nicht leiden kann. Doch mit dem soll er prompt für ein Theaterprojekt zusammenarbeiten...

 

Ha No-ra trägt alle Widrigkeiten mit Fassung - dankbar für das, was sie hat, und die Zeit, die ihr bleibt. Sie versucht in ihrem neuen Studentinnen Leben klar zu kommen. Einfach ist das nicht. Und sie gibt sich alle Mühe, diese Zeit auch zu genießen. Kann sie diese Lebensphase nachholen? Leben, als ob sie noch einmal 20 wäre? In Freiheit und Freude? Ihre Familie jedenfalls freut sich nicht darüber. Auch die Kommilitoninnen und Professorinnen nicht.

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