Unterwegs im Koreanischen
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Missing: The Other Side

"Missing: The Other Side" scheint ein bisschen wie ein KDrama mit Tarnkappe. Die Story wirkt wie das Thema der Produktion: sie tummelt sich gleichsam in einer Zwischenwelt. Man/frau könnte sie dabei schlicht übersehen. Sucht man/frau etwas im Bereich Fantasy, drängt sich das KDrama nicht auf. Es ist nicht fantastisch, übersinnlich genug.  Sucht man/frau einen Krimi, wird man/frau darüber wohl eher ebenfalls hinwegscrollen. Es ist kein Psychothriller. Es ist auch kein klassischer Krimi. So scheint es. Und doch. "Missing: The Other Side" ist äußerst gelungen und unbedingt empfehlenswert. Ich bezeichne das KDrama weder als Fantasy noch als Mystery, sondern als einen eigentlich soliden Krimi, in dem Zeit und Raum allerdings relativ sind... Hätte ich das früher gewusst, dann hätte ich es wohl schon früher angesehen. 

 

Das KDrama ist wie ein Geheimtipp - wobei dabei ja nichts geheim ist. Im Gegenteil. Eine zweite Staffel ist für Ende 2022 geplant. Die Story ist fesselnd, substanziell geerdet, und jenseits der Grundprämisse erfreulich reell und lebensnah. "Missing: The Other Side" lockt die Zuschauer*innen nicht mit schillernden Namen, sondern mit einer faszinierenden, außergewöhnlichen Produktion. Eine Klasse für sich. Das Konzept lebt dabei von unaufgeregter Schlichtheit. 

 

Da ist die strahlende Schlichtheit einer genialen Idee: eine Hommage an die Vermissten. Es gibt in Südkorea zu viele Vermisstenfälle - darunter insbesondere Kinder und Frauen. In mehr als der Hälfte der Fälle werden die Vermissten erst nach Jahren tot aufgefunden. Die Idee des KDramas würdigt jene Opfer, indem für die Zeit zwischen Vermisstmeldung und Aufklärung eine Art würdevoll gezeichnete Zwischenwelt kreiert wird, in der die Seelen so lange verweilen, bis ihre Leiche gefunden wurde. Ihnen auf diese respektvolle Weise Raum zu geben und Gehör zu schenken, hat durchaus einen Charme. 

 

Um die Leichen zu finden, sind die Lebenden und deren schlichte, bodenständige Ermittlungsarbeit unerlässlich. Dabei darf bei der Aufklärung mit dem Wissen der Verstorbenen schon mal nachgeholfen werden. Allerdings gibt es dabei einen Haken: es bedarf dabei solcher Lebender, die zufällig auch die Toten sehen und mit ihnen kommunizieren können. Die Welten ´hier´ und ´dazwischen´ überlappen zwar im Dorf Duon, aber nur für jene, die über die besondere Wahrnehmungsgabe verfügen. Raum und Zeit sind eben relativ...

 

Zugegeben, die Lebenden und die Toten teilen sich die Bühne gleichermaßen. Deswegen schwirren hier jedoch keine vor sich hin modernde, halbverweste oder leicht verschimmelte Geister durch die Gegend. Wenn man/frau so will, dann wird die Idee von "Hotel del Luna" in weniger exaltiertem Ambiente, etwas mehr down-to-earth und weniger spooky, variiert. Wenn jedoch "Hotel del Luna" schillernd mit Superstars besetzt wurde, so hält "Missing: The Other Side" die Schlichtheit seines Konzepts konsequent durch. Die wenigsten KFans werden auf den Spuren ihrer ´Stars´ bei diesem KDrama landen, dafür sind sie außerhalb Südkoreas zu wenig bekannt. 

 

Eine schicksalhaft zusammengewürfelte Truppe beginnt, ausgehend von mehreren irgendwie offenbar zusammenhängenden Fällen, mehr oder weniger als Team gemeinsam an deren Aufklärung zu arbeiten. Jede/r hat so sein Päckchen zu tragen, wo Vermisste ein prägnante Rolle spielen. Der eine (unter den noch Lebenden) ist Gauner, seine Kollegin Hackerin, ein weiterer Protagonist arbeitet als Kriminalbeamter, wieder ein anderer ist Witwer und Vater, der die Suche nach seiner vermissten Tochter auch nach vielen Jahren noch nicht aufgegeben hat. 

 

Wenn man/frau die grundlegende Prämisse jener Zwischenwelt annehmen kann/will, dann bietet "Missing: The Other Side" einen rundum packenden Krimi - ohne Schleifchen, dennoch mit reichlich Gefühl. Nicht hochglanzpoliert, doch stimmungsvoll und eindrücklich. Die Protagonist*innen sind recht lebensecht dreidimensional - keine Superhelden, sondern eher alltäglich, authentisch, greifbar. Es könnte jede/r sein - in Südkorea wohlgemerkt, denn auch in diesem KDrama haben die so charakteristischen Waisenhäuser und Jaebeol wieder einmal tragende Rollen im dramaturgischen Gefüge. 

 

"Missing: The Other Side" sollte man/frau nicht missen. Es lohnt sich!

Prädikat "wertvoll".

미씽: 그들이 있었다 - Missing: Geudeur-i Isseotda

Lit.: Vermisst: Die Dagewesenen 

 

2020, 12 Episoden

 

Hauptdartseller*innen:
-Go Soo
-Heo Joon-ho
-Ahn So-hee
-Ha Jun
-Seo Eun-soo
-Song Geon-hee

 

Plot:
Kim Wook ist als Gauner erfolgreich. Dazu arbeitet er mit zwei Freunden zusammen. Als er zufällig die Entführung einer Frau beobachtet und selbstlos ihren Entführern zu folgen versucht, rennt er kopfüber in das Auto von Kriminalpolizist Shin Joon-ho ...und die Gangster entkommen ihm. Allerdings können sie keine Zeugen gebrauchen und nehmen nun ihrerseits die Verfolgung von Kim Wook auf. Dies überlebt er wie durch ein Wunder.

 

Sein Weg führt ihn in das Dorf Duon, in dem vieles anders läuft als anderswo. Es stellt sich heraus, dass er eine Gabe hat. Die Dorfbewohner wachsen ihm schnell ans Herz und er ist bereit, sich in den Dienst jener Zwischenwelt zu stellen: gewissermaßen als Anwalt der vermissten Toten macht er sich daran, ihre Leichen aufzuspüren und ihnen so doch noch einen friedlichen Abschied von diesem Leben zu ermöglichen. Dabei erhält er zwar Unterstützung, doch es gibt ebenso jene, die nicht gut finden, wenn die Leichen im Keller ausgegraben werden ...ganz abgesehen davon, dass jene Entführer Kim Wook immer noch auf den Fersen sind...

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