Unterwegs im Koreanischen
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KDrama nach Themen: Rom +/- Com

Welcome to Samdal-ri

Wieder einmal ein wunderbar authentisch gespieltes KDrama mit liebenswerten Charakteren, fast zum Anfassen, aus einem Leben, wie das südkoreanische Leben eben derzeit so spielen kann. Das KDrama ist nicht fesselnd spannend und schreit auch nicht danach, in einem Zug verschlungen zu werden. Stattdessen wirkt es eher wohltuend wärmend, beseelend, wie eine Tasse Tee, die man/frau Schluck für Schluck genießt. Die Geschichte könnte auch immer so weiter gehen, wie der Alltag so ist - in Jejudo und anderswo (in der Provinz).

 

"Welcome to Samdal-ri" ist auf den ersten Blick eine verschmitzte Rom+Com sowie im Vorbeigehen auch eine Liebeserklärung an Jejudo, die größte südkoreanische Insel. Auf den zweiten Blick liefert das KDrama jedoch auch das liebevoll gezeichnete und zugleich zeitkritische Gesellschaftsbild einer Generation, die zwischen archaischen Wurzeln und Heimat einerseits sowie global, urban & digital Lifestyle-Werten andererseits balanciert.

 

Lebenslange Freundschaft ist das übergreifende Thema. Die Peergroup als Wahlfamilie im Sinne einer Schicksalsgemeinschaft, deren Verbindlichkeit aus der zwangsläufigen räumlichen Nähe einer Dorfgemeinschaft gewachsen ist - hier: in Samdal-ri. Die Mitte, wie so oft, bildet dabei die Familie als Momentum mit Flieh- und Zugkraft, um die sich alles dreht.

 

Die Geschichte erzählt von einer solch lebenslangen Freundschaft, die bei zweien irgendwann wie selbstverständlich zu einer Liebe fürs Leben wird, ohne deswegen als solche automatisch auch gelebt werden zu können. Erfrischend lebensnah, weich und greifbar: Shin Hye-sun und Ji Chang-wook. Doch insgesamt bietet "Welcome to Samdal-ri" eine durchweg gelungene Besetzung in allen Positionen.

 

Viel Spaß beim Teetrinken...

 

 

 

 

PS:

Noch ein paar Gedanken mehr zum - wie ich finde - gelungen gut gelaunt und optimistisch gezeichneten, zeitkritischen Gesellschaftsbild

 

Auf der einen Seite plätschert der gleichförmige Alltag in der Provinz so dahin. Die soziale Enge der dörflichen Struktur wird in "Welcome to Samdal-ri" durch die Inselsituation auf Jejudo noch pointiert intensiviert. Das Dorfleben ist verbindlich in seiner Alltäglichkeit, dabei jedoch langweilig für die einen, vertraut überschaubar für die anderen. Rhythmus, Regeln, Gemeinschaft - alles hat so seine Ordnung. Es gibt ein Netz, das schützt, auffängt, wärmt. Doch der Preis: ein wie selbstverständlich aufdringliches, soziales Umfeld, das am liebsten überall mitreden möchte...

Die in der Ferne schillernde Metropole Seoul lockt die jungen Menschen mit der weiten Welt voller Fashion, Kultur und Lifestyle, voller Verheißung für ein abwechslungsreiches, anonymes, temporeiches, kurzweiliges, bunt inspirierendes, glitzerndes Stadtleben, das den Stempel "erfolgreich" trägt. Doch auch das hat seinen Preis, wie das KDrama an verschiedenen Beispielen anschaulich vorführt. Das Stadtleben ist schnelllebig, oberflächlich, unverbindlich, distanziert, kühl und lässt eine/n gnadenlos im Regen stehen.

 

... Und was den Klatsch und Tratsch angeht, der ist uns Menschen anscheinend in die anthropologische Wiege gelegt. Ob Stadt oder Land, den gibt es überall - das KDrama nutzt dies dramaturgisch geschickt als Brücke zwischen den Welten.

In einem Dorf mit aufdringlich neugieriger Nachbarschaft, wie Samdal-ri, wo so gut wie nichts anonym ist oder geheim gehalten werden kann, bilden Klatsch und Tratsch die Würze eines ansonsten gleichförmigen Alltags. Globalisierung und Digitalisierung, so zeigt sich, haben jedoch inzwischen den dörflichen Klatsch und Tratsch auf eine ungeahnte, sogar noch viel bedrohlichere (da anonyme) Ebene gehoben. Gerüchte multiplizieren sich viral in Form von in Windeseile geteilten Posts und machen selbst aus Seoul auch nur ein weiteres (digitales) Dorf. Der Effekt der Gerüchte bekommt dadurch ein geradezu globales Ausmaß in seiner brutalen Wucht, dessen Auswirkungen die eines ländlichen, analogen Dorfes weit in den Schatten stellt. Einmal losgetreten, lässt sich so ein Gerücht ja ohnehin kaum bremsen und praktisch nicht rückgängig machen. Die Anonymität einer viralen Gerüchteküche lädt dabei zudem zu Hasskommentaren ein, für deren existenzielle Konsequenzen niemand gerade stehen zu müssen scheint. Ob wirklich was dran ist, das interessiert dann auch schnell keine/n mehr.

Im Falle des analogen Dorfes bietet im schlimmsten Fall das selbstgewählte Exil eine Möglichkeit, dem sozialen Druck zu entfliehen. Das digitale Dorf der globalisierten neuen Welt hingegen kennt heute jedoch kein Pardon mehr. Es ist überall... da gibt es irgendwie kein Entkommen mehr...

 

Den unkontrollierbaren Sozialen Medien und ihrer enormen Macht sowie den weithin unverbindlichen, oberflächlichen Kontakten einer anonymen Urbanität stehen die archaischen Themen gegenüber, die das Leben auf Jejudo bis heute prägen. "Welcome to Samdal-ri" erzählt dabei von der alltagsprägenden Dominanz der Gezeiten und des Wetters; von der Macht des Meeres, das immer wieder seinen Tribut fordert; vom Leben der Haenyeos, die nach Seeohren und mehr tauchen - Tag für Tag, Jahr um Jahr; davon, dass hier bis heute in den Haenyeo-Familien die Frauen das starke Familienoberhaupt bilden; von der Blutschuld, die aus Freunden Feinde macht und diese Fehde von Generation zu Generation übertragen möchte.

Doch auch wenn das Leben in der Provinz vielfach so archaisch, eng und langweilig daherkommt, ist dort nicht automatisch alles falsch oder schlecht. Nichtsdestotrotz wollen immer mehr junge Menschen verständlicher Weise weg aus der Provinz - nach Seoul. Sie wollen die verstaubten Strukturen hinter sich lassen, stattdessen lieber am Nabel der pulsierenden, neuen südkoreanischen Welt leben.

 

Aber selbst wenn sie ihre dörfliche Heimat verlassen, sind sie noch lange nicht bei sich selbst angekommen. Und selbst wenn Seoul eine solch vielversprechende, geradezu magnetische, elektrisierende, weltoffene Ausstrahlung hat, birgt die Hauptstadt mit den Versuchungen des großstädtischen Lebens auch eine fatale Saat, mit denen viele nicht gerechnet haben: Verrat! Verrat an sich selbst und/oder an anderen. Diese Saat geht bei den meisten früher oder später auf, wenn sie ihre Erdung verlieren - wenn sie ihre Wurzeln einfach radikal kappen, anstatt Wege zu suchen, sie auch weiterhin zu nähren...

 

Für die gut gelaunte und dabei gelungene Auseinandersetzung mit diesem Zeitthema gebe ich das Prädikat "wertvoll".

웰컴투 삼달리 - Welkeomtu samdalri

Lit.: Welcome to Samdal-ri (anglizistisch)

 

2023, 16 Episoden

 

Hauptdarsteller*innen:
-Ji Chang-wook
-Shin Hye-sun 
-Kim Mi-kyung 
-Seo Hyun-chul 
-Shin Dong-mi 
-Kang Mi-na 
-Kim Do-eun 
-Yu Oh-seong 
-Jeong Yu-mi 
-Kang Young-seok 

 

Plot:

Jo Yong-pil und Jo Sam-dal wurden praktisch zeitgleich geboren - von Müttern, die damals beste Freundinnen und Haenyeos auf Jejudo waren. Yong-pils Mutter ist jedoch vor vielen Jahren beim Tauchen den unerwartet hohen Wellen zum Opfer gefallen. Seitdem ist es Yong-pils Mission, für präzisere Wettervorhersagen zu sorgen. Sam-dal wiederum hat sich als Fotografin in der internationalen Modeszene einen Namen gemacht und lebt inzwischen in Seoul.

 

Dort, in der großen Metropole, hat so manche/r in jungen Jahren schon mal ihr/sein Glück versucht. Die meisten sind gescheitert und reumütig zurückgekehrt. Und nun scheint es offenbar auch Sam-dal zu treffen... Das Leben lässt ihr keine Wahl. Sie flieht in ihre Heimat zurück und will dort untertauchen. Doch das konfrontiert sie wiederum mit all jenem, dem sie bewusst den Rücken gekehrt hatte. Außerdem mit ihren alten Freunden aus Kindestagen. Und insbesondere mit ihren Gefühlen für Yong-pil, der gescheiterten Liebe ihres Lebens...

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