Unterwegs im Koreanischen
Unterwegs im Koreanischen

KDrama nach Themen: Bildung & Arbeitswelt

Snow Flower

Der Titel "Snow Flower" bezieht sich gewissermaßen auf jene Zeit, als die Liebe der Eltern noch im Glück war. Das KDrama versteht sich jedoch primär als Studie über die Kommunikationsschwierigkeiten zwischen alleinerziehender Mutter und jugendlicher Tochter. Das Kernproblem, das die Tochter umtreibt: warum kann sie nicht zusammen mit Mutter UND Vater aufwachsen, so wie andere Kinder auch? Dafür muss es ja eine/n Schuldige/n geben - Vater, Mutter oder sie selbst...

 

"Snow Flower" hat bei mir einen Platz unter ´Bildung und Arbeitswelt´. Genau genommen sehe ich die (zeitlose) Leistung dieses KDrama im Bereich Erziehungsfragen. Der Handlungsbogen ist in KDrama Manier dramaturgisch bunt angereichert, deswegen aber (leider) nicht absurd. Dies und Das mag kulturspezifisch sein, doch prinzipiell meine ich, dass "Snow Flower" generell eine wunderbare (wenn auch nicht so lustige) Studie über Kommunikationsstörungen bietet, mit denen sich (variierend in Intensität und Ausprägung) viele Familien (und Beziehungen) weltweit herumschlagen. Go Ara wurde für ihre großartige Leistung als rebellische Tochter unter anderem bei den Baeksang Arts Awards als beste Schauspielerin ausgezeichnet. An ihrer Seite gewohnt stark: Kim Hee-ae.

 

SBS hat damit 2006 ein Thema angefasst, das im eigenen Land ungeliebte Wäsche wäscht, denn Erziehung ist Privatsache. Sie geschieht hinter verschlossenen Türen und geht niemand etwas an. Nun ist die hier gezeigte Familie durchaus progressiv. Die Mutter ist alleinerziehend (mit Hilfe wiederum ihrer Mutter), in ihrem Beruf als Schriftstellerin erfolgreich, und sie pflegt eine lose Beziehung zu einem Kunstprofessor. Zwei benachbarte Familien, deren Türen für einander im wahrsten Sinne des Wortes immer offen stehen, bilden praktisch eine Großfamilie. Da ist kein Raum für Geheimnisse.

 

Doch eine progressive Lebenseinstellung allein hat eben mit den Kommunikationsfallen im Familienleben nur wenig zu tun. In diese Fallen tappt die Mutter, und in die tappt auch die Tochter, die das Temperament der Mutter geerbt hat. So schnell kann man/frau gar nicht schauen, wie die eine oder andere ein rotes Tuch vor sich sieht und aus dem Stand ausrastet. Schablonen krachen reichlich aufeinander, führen innerhalb von Sekunden zu Widerstand und erzeugen Konflikte, die jedoch nicht gelöst werden können, da bereits eine Explosion auslöst wurde, bevor Verständigung möglich wird.

 

Das Geschenk dieses KDrama: wir müssen zwar mit anhören, was sich die beiden einander an den Kopf werfen, doch wir dürfen mitunter auch daran teilhaben, was sie jeweils still für sich denken und fühlen. Damit wird das Bild immer wieder rund, und damit signalisiert "Snow Flower", dass es mit dieser konflikthaften Mutter-Tochter-Beziehung nicht NUR DramaDramaDrama inszenieren, sondern auch etwas (pädagogisch wertvoll) aufzeigen will. Ich für meinen Teil sehe bei diesem KDrama also durchaus einen Erziehungsauftrag in Erziehungsfragen. (Dazu eine Randnotiz weiter unten.)

 

In "Snow Flower" boxt also die zutiefst enttäuschte und verunsicherte Tochter ihr Ding durch, während die Mutter es nicht schafft, von ihren wohlmeinenden (das sind die schlimmsten) Schablonen abzulassen. Bis zum bitteren Ende. Das ist schon eindrucksvoll. Aufrüttelnd.

 

Darunter mischt sich etwas Lokalkolorit der Arbeitswelt in der Filmbranche und auch das Handicap in Familien von Alleinerziehenden und Geschiedenen. Darunter mischt sich ebenfalls das Thema Liebe und/vs. Familienalltag.

 

Alles in allem 16 Folgen hochkarätiges Familiendrama. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ps.:

Ich habe Reviews gelesen, die dem KDrama ein mieses Skript vorwerfen, da die Kommunikation zwischen Mutter und Tochter bis zum bitteren Ende so ´daneben´ sei. Ich verstehe durchaus den Unmut. Es ist manchmal zum aus der Haut fahren. Doch das liegt, wie ich finde, eigentlich nicht am Skript. Im Gegenteil, das macht seine Sache doch recht gut. (Gefallen muss es einer/m deswegen trotzdem nicht...)

 

Aus gegebenem Anlass hier noch eine Randnotiz zum Kommunikationsproblem zwischen Da-mi und ihrer Mutter, mit dem sich viele Familien in Variation herumschlagen. (Für solche Konfliktsituationen gibt es übrigens auch professionelles Coaching für Familien, denn es kommt tatsächlich in den ´besten´ Familien vor...)

 

 

 

Randnotiz zum weit verbreiteten Kommunikationsproblem zwischen Eltern und Kindern

 

Eine Meinungsverschiedenheit wäre per se in Beziehungen eigentlich nicht das Problem, verschiedene Standpunkte und Perspektiven gibt es ja allzu oft. Das Problem ist vielmehr: es findet viel zu selten ein kooperationsorientierter Verständigungsprozess statt...

„Woher soll ich es wissen, wenn du mir nicht erklärst, was dich motiviert, was du denkst, was du fühlst, was du verstanden hast, was deine Befürchtung ist?“

„Woher willst du wissen, was mich motiviert, was ich denke, was ich fühle, was ich verstanden habe, was meine Befürchtung ist?“

 

Wie erlösend wäre es doch, wenn sowohl die eine, als auch die andere mal genau hinhören, vor allem nachfragen, und sich um Verständigung bemühen würde. Das jedoch erfordert, sich auch selbst zu zeigen. Aufrichtig. Das bedeutet ebenfalls, sich selbst und den/die andere/n ernst zu nehmen. Dann kann man/frau sich aneinander reiben. Darüber kann man/frau sich selbst und die andere besser verstehen lernen. In vielen Streitsituationen geht es ja (emotional) zuallererst darum, von der anderen Person wahrgenommen und verstanden zu werden. Daraufhin wäre die Konfliktlösung in der Sache dann eigentlich gar nicht mehr so schwer.

Win-win sozusagen.

 

Doch das ist leichter gesagt als getan... Meist nagt subtil ein mehr oder weniger stark ausgeprägter Selbstzweifel beispielsweise in Form eines Schuld- oder Minderwertigkeitsgefühls am Fundament der aufrichtigen Präsenz - bei Eltern und Kindern gleichermaßen.

Und dann kommt erschwerend hinzu: Sich nicht verstanden zu fühlen wird emotional schnell gleich gesetzt mit persönlicher Ablehnung. Abgelehnt wird jedoch in der Regel allenfalls die Haltung, Position oder Meinung, nicht die Person. (Emotional ist das in der Situation leider oft schwer auseinanderzuhalten.)

 

Allzu oft muss man/frau für Verständigung etwas tun. Mutter und Tochter sind wohl mehr als andere Beziehungen dazu prädestiniert, zu meinen, dass sie dieses ´Verstehen´ auch ohne Verständigungsprozess als gegeben voraussetzen können - immerhin handelt es sich um das ´eigen Fleisch und Blut´...

Falsch! Das sind zwei Personen mit eigenem Willen, eigenem Gedächtnis, eigenen Erfahrungen, eigenen Wünschen und eigenen Interessen. Blut/Liebe hin her... Zu meinen, die/den andere/n gut zu kennen, ersetzt nicht die Notwendigkeit, immer wieder aufs Neue Zeit, Geduld und Kooperationsbereitschaft in die Verständigung zu investieren.

´Machst du gerade eine Beziehungsaussage?´, ´Geht es dir um die Sache?´. ´ Ist das ein Appell?´,  ´Offenbarst du mir da gerade was über dich selbst?´,  ´Worum geht es dir?´, ´Worum geht es mir?´ - Das alles erfordert Klärung. Immer wieder aufs Neue! Und ´immer wieder´, das bedeutet genau genommen: ´oft´ bis ´ständig´. Immerhin teilen Eltern und ihre Kinder in der Regel die Wohnung, zeigen sich in mehrfacher Hinsicht ungeschminkt, sehen sich jeden Tag als erstes und als letztes und reichlich zwischendrin. Berührungs-/Reibungspunkte gibt es einige. Da kann lästige Verständigung schon mal nerven. Keine Zeit. Keine Lust.

Leider ist die daher allzu beliebte Methode der Wahl: ein schnelles Urteil, denn das ist ökonomischer. Ein vorgefasstes Urteil, ein Vorurteil, das gar nicht der Mühe wert scheint, überprüft werden zu wollen. Die Konsequenz: Verhärtung der Fronten, der Rollladen geht runter. Kein Vor und kein Zurück. Die Verbundenheit, nach der sich beide sehnen, scheint verloren. Lose-lose sozusagen.

 

"Snow Flower" porträtiert hier eindrucksvoll, wie vor dem Hintergrund derart eingefleischt ungelöster Konfliktsituationen das Kind (hier die Tochter Da-mi) es den Eltern (hier der Mutter) irgendwann zurückzahlen will. (Im Fall des KDrama bringt da ein Schlüsselereignis das Fass des sich Nicht-Gesehen-Fühlens zum Überlaufen.)

Da-mi behandelt ihre Mutter nun so, wie sie sich selbst behandelt fühlt. Sie unterdrückt dafür das Bedürfnis, ihrer Mutter nah sein und sich ihr verbunden fühlen zu wollen. Somit ist das Bedürfnis natürlich nicht weg. Es ist nur für den Moment auf eine unbewusste Ebene verdrängt.

In ihrem wütenden Trotz trifft sie eine Reihe von Entscheidungen, mit denen sie eigentlich ihre Mutter strafen will: "Ich mache keine Hochschuleingangsprüfung". "Ich will gar nicht studieren." „Dann zieh ich eben aus.“ Und dahinter lauern (ausgesprochen oder auch nicht)  Enttäuschung und Selbstzweifel: "Ich bin es wohl nicht wert, geliebt zu werden." "Besser wäre es, es gäbe mich gar nicht". So schippert Da-mi zwischen Täter- und Opferrolle und bekommt in beiden nicht das, was sie eigentlich will.

 

Aus Verletzung verletzt sie noch mehr und wird dadurch selbst auch weiter verletzt. Denn in ihrer neu entdeckten Täterrolle verschlimmert Da-mi die Situation in geradezu fataler Weise. Auf Eltern wirkt so eine (unvernünftige, trotzige) Reaktion extrem unreif. Bei der Mutter führt dies unweigerlich zu dem Schluss, dass sie tatsächlich noch viel mehr Einfluss nehmen und Kontrolle ausüben muss. Indem sie beherzt ihre Elternverantwortung in die Hand nehmen will, gießt sie jedoch nur noch Öl ins Feuer. Da-mi fühlt sich wieder nicht gesehen... 

 

Die Vorgeschichte, die zu diesem Dilemma geführt hat, ist für beide längst Geschichte. Beide meinen dazu, sie hätten doch ihr Bestes gegeben. Das ist - was die Kommunikation angeht - jedoch nicht der Fall. Sie haben es vielleicht um des lieben Friedens Willens ´gut gemeint´, aber diese ´gute Meinung´ nicht miteinander ausgetauscht.

Mein(ung) ist ´Mein´ und nicht ´Dein´. Ein aufrichtiger, klärender Verständigungsprozess hat nicht stattgefunden, sondern wurde immer wieder schon im Vorfeld auf der Basis vorgefertigter Urteile mit einem lauten Knall ausgebremst.

Wie so oft - überall und in den unterschiedlichsten Familien...

눈꽃 - Nun-kot

Lit.: Schneeblume

 

2006, 16 Episoden

 

Hauptdarsteller*innen:

-Kim Hee-ae
-Go Ara
-Lee Jae-ryong
-Kim Ki-bum

 

Plot:

Lee Kang-ae ist erfolgreiche Schriftstellerin und alleinerziehende Mutter. Ihre Tochter Yoo Da-mi wird dabei meist durch die Großmutter versorgt. Da-mi wächst im Glauben auf, ihr Vater wäre längst tot.

 

Nachdem die Großmutter verstorben ist und Da-mi eines Tages zufällig mitbekommt, dass ihr Vater mit der Nachbarin telefoniert, bricht eine Welt für sie zusammen. Aus der vorbildlichen Schülerin wird eine Rebellin, die durch Zufall dann auch noch als Schauspielerin eine Chance bekommt und promt in einen Skandal verwickelt wird.

 

Kang-ae kann nicht mehr zu ihrer Tochter durchdringen. Hinzu kommt ihre Gesundheit, die ihr Sorgen bereitet. Und unter den gegebenen Umständen, will sie ihre Tochter nicht auch noch mit den eigenen Sorgen belasten.

 

Obwohl Mutter und Tochter einander brauchen würden, lassen sie einander nicht an sich heran. Eines Tages macht sich Da-mi auf den Weg, ihren Vater in Japan aufzusuchen...

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