Unterwegs im Koreanischen
Unterwegs im Koreanischen

KDrama nach Themen: Crime & Politics

Mother

Wie der Titel schon vermuten lässt, geht es in "Mother" um das archetypische Thema ´Mutterschaft´. Wann ist eine Mutter eine (gute) Mutter? Einmal Mutter = immer Mutter? Wer ist Mutter? Wer muss es sein? Wer darf es sein? ... Soweit ist "Mother" von seiner Geschichte her nicht unbedingt koreaspezifisch. Doch in "Mother" geht es auch (und unterm Strich sogar hauptsächlich) um das Stigma der Alleinerziehenden Mutter in Südkorea. Und damit sind wir inmitten des Koreanischen unterwegs. Unter diesem Aspekt wird dieses KDrama unmittelbar sozialkritisch, denn wäre die Position der Alleinerziehenden Mutter in Südkorea nicht so aussichtslos, dann hätte die gesamte Geschichte nicht solchen Zunder erfahren.

 

"Mother" konfrontiert die Zuschauer*innen in diesem Zusammenhang auch mit zwei weiteren gesellschaftlich heiklen Themen in ihren mannigfaltigen Verstrickungen: Kindesmisshandlung und Selbstjustiz. Es ist weltweit ein dramatischer Fakt rund um das Thema Kindesmisshandlung, dass die Handhabe bei innerfamiliärer Gewalt juristisch schwierig ist. Geht man die offiziellen Wege, darf man meist erst einschreiten, wenn es schon zu spät ist. Im Falle von "Mother" sind im Grund alle vorgestellten Mütter vor dem Gesetz (auf die eine oder andere Art) straffällig.

 

Die inhaltlich deftige Kost ist dabei jedoch mit allen bewährten Stilmitteln des KDrama einfühlsam beleuchtet und dabei bekömmlich aufbereitet. So ist die Thematik zwar düster und aufreibend, aber in der Darstellung bleibt durchaus auch Raum für Licht, Farbe, Freude und Herzerwärmendes. Dabei ist das misshandelte Kind trotz aller Traumatisierung in erster Linie ein Lichtblick (dichterische Freiheit ist schon auch eine feine Sache). Nicht verwunderlich, dass Nachwuchsschauspielerin Heo Yool bei den BaekSang Arts Awards 2018 als "Best New Actress" ausgezeichnet wurde. Das Drama insgesamt erhielt bei den BaekSang Arts Awards in diesem Jahr übrigens die Auszeichnung "Best Drama" ... und bei mir das Prädikat "wertvoll".

 

"Mother" wurde im südkoreanischen Fernsehen unter der Woche um 21:30 Uhr ausgestrahlt. Die Altersfreigabe wurde hier im Gegensatz zu den eher üblichen 13 Jahren  auf 16 Jahre festgesetzt. Das KDrama "Mother" erschien 2018. 2019 erfolgte eine Gesetzesänderung, womit ein Schwangerschaftsabbruch für alle Frauen in den ersten 14 Wochen straffrei möglich ist. (Siehe dazu auch die Randnotiz weiter unten).

마더 - Madeo

Lit.: (Anglizismus für) Mother - Mutter

 

2018, 16 Folgen

 

Hauptdarsteller*innen:

-Lee Bo-young
-Heo Yool
-Lee Hye-young
-Nam Ki-ae
-Ko Sung-hee

 

 

Plot: 

Eine alleinstehende Ornithologin entführt aus Mitgefühl ein misshandeltes Mädchen. Damit setzt sie einiges in Gang: bei dem betroffenen Kind, bei sich selbst, bei ihrer Adoptivmutter, bei ihrer leiblichen Mutter, bei der leiblichen Mutter des entführten Kindes, und beim Misshandler.

 

 

Randnotiz zum kulturspezifischen Hintergrund:

Wird man in Südkorea unverheiratet schwanger, hat man es bis heute schwer. Ausgrenzung, Anfeindung, Mobbing, Arbeitslosigkeit, Druck von allen Seiten sind keine Seltenheit. Im KDrama spielt generell auffallend oft das ´Waisenhaus´ eine Rolle für eine/n der Protagonist*innen. Das liegt nicht daran, dass es so ein rühriger Aufhänger für Geschichten ist, sondern daran, dass es ein gegenwärtiger Einflussfaktor im Leben vieler Kinder (und heute Erwachsene) südkoreanischer Abstammung ist. Seit den 1950er Jahren wird die Zahl der v.a. auch aus dem Ausland offiziell und inoffiziell adoptierten südkoreanischen Kinder auf 150.000 bis 200.000 geschätzt. Anfangs waren viele Kriegswaisen darunter, ansonsten auch Kinder aus armen Familien. Doch seit den 1980er Jahren sind die Ursachen hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die Mütter alleinerziehend sind. Unverheirateten, schwangeren Frauen bleibt oft nichts anderes übrig (um sich und dem Kind eine aussichtsreiche Chance im Leben zu geben), als das Kind wegzugeben - mit der Option, adoptiert zu werden.

 

Für die Kinder im Waisenhaus sind die Eltern daher nicht notwendigerweise tot. Ihre Mütter haben jedoch ihre Elternschaft aus gutem Grund an der Türe abgegeben: weil die Gesellschaft mit ihrem tradierten Wertesystem einem Konzept jenseits der Vater-Mutter-Kind-Familie keine Chance geben will: Nur die traditionelle Familie ist erwünscht. Alleinerziehende sind unerwünscht. Da bis April 2019 jedoch auch Schwangerschaftsabbrüche unerwünscht - sprich verboten - waren, gerieten unverheiratete schwangere Frauen stets in große Not...  Erst 2019 wurde das bis dahin gültige Abtreibungsverbot als verfassungswidrig erklärt, so dass Schwangere heute zumindest bis zur 14. Woche ohne Angabe von Gründen straffrei abtreiben können, im Fall von Vergewaltigung auch bis zur 24. Woche. 

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