Unterwegs im Koreanischen
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KDrama nach Themen: Von der Macht der Mächtigen

Midas

Wie weit kann man gehen? Im Mittelpunkt diese KDramas steht die Geldgier, die längst jeden Bezug zum Leben und zu den Menschen verloren hat. Es geht um Aktiendeals der Superreichen, Insiderhandel, Leerverkäufe, Fusionen und Firmenübernahmen.  

 

Hinter dem Titel "Midas" verbirgt sich die sagenhafte Geschichte des antiken König Midas. Es heißt, schon als Kind hätten ihm Ameisen im Schlaf Weizenkörner in den Mund gelegt. Später hatte er bei Dionysos einen Wunsch frei und wünschte sich, dass alles, was er berührt, zu Gold wird. Die Konsequenzen für ihn waren lebensbedrohlich, denn wirklich alles wurde zu Gold, auch Speis und Trank... Die Story des KDramas operiert sowohl mit dem durch diese Sage inspirierten, geflügelten Wort "ein goldenes Händchen haben"  sowie mit dem psychoanalytischen Konzept "Midaskomplex", das sich in Verbindung mit pathologischer Geldgier bewährt hat.

 

Die Protagonist*innen in "Midas" haben einen offensiven Drang, fast schon mit Suchtcharakter, mit gewagten Geldanlagestrategien immer noch mehr Gewinn zu erwirtschaften. Dabei kann man schon mal den Boden unter den Füßen verlieren und sich in existenzbedrohende Situationen manövrieren. Um diesen Balanceakt zwischen Genialität, Intuition und einer gesunden Erdung im Leben und dem, was wirklich wichtig ist, geht es in dieser Serie. Dabei sind Spannung mit Tiefgang und komplexen Charakterstudien inklusive emotionaler Entwicklungsprozesse im Roller Coaster garantiert. In dieser Welt des Geldes dominieren Intelligenz und ein hohes Tempo mit dem Gespür für das richtige Timing. Midas weitet den Blick von den (eher üblichen) Jaebeol Familienintrigen und Erbschaftsstreitereien, die hier durchaus auch ihren Raum bekommen, auf z.T. illegale Machenschaften im Bereich der Finanzwelt - ohne Rücksicht auf Verluste. 

 

Und wieder einmal schimmert darin auch das ´richtige´ Leben (von manchen) durch. Nachdem ich das KDrama aus dem Jahr 2011 gesehen hatte, las ich im Frühjahr 2021 über den US-Hedgefonds Archegos Capital, der im Besitz von Bill Hwang ist. Dieser Bericht klang auffallend nach einer Variation des Plots zum KDrama "Midas"... 

Bill Hwang war aus Südkorea in die USA gekommen und hatte dort bei dem Hedgefonds-Pionier und Milliardär Julian Robertson gelernt. Als talentierter Aktienanalyst und Bestperformer bei dem legendären Tiger Management ist er schnell aufgestiegen und hat sich einen Namen mit gewagten, lukrativen Anlagestrategien gemacht. Robertson selbst hörte mit seinem Hedgefonds offiziell dann auf, doch Hwang gründete - u.a. durch Investitionen von jenem Robertson - seinen eigenen Hedgefonds und war damit über Jahre extrem erfolgreich. 2012 musste er wegen Insiderhandel seinen Hedgefonds schließen. Strafen und zu zahlende Entschädigung waren enorm. Dennoch konnte er sich zwischenzeitlich erneut ein Multi-Milliardenportfolio aufbauen (riskobereite Investoren gibt es offenbar immer), mit dem er die Finanzwelt inzwischen abermals in Schwierigkeiten gebracht hat - nachdem er keine Sicherheiten mehr liefern konnte, versuchten involvierte Banken mit Notverkäufen von Aktien aus dem Hwang-Portfolio zu retten, was zu retten war... Wir reden hier von einem Verlust im Gesamtumfang von rund 10 Mrd. Dollar. Geschichten die das Leben schrieb.

 

Natürlich spielt dieses Drama seine eigene Geschichte. Zur Abwechslung ist die Handlung mal einfach im Jetzt angesiedelt - ohne Blick in die Jugend und ohne geheimnisvolle Verwandtschaft. Aber natürlich mit Fragen nach der Moral. Das Ganze feinsinnig und mitreißend erzählt. Prädikat: "wertvoll".

마이더스 - Ma-i-deo-seu

Lit.: Midas

 

2011, 21 Folgen

 

 

Hauptdarsteller*innen:

-Jang Hyuk

-Kim Hee-ae
-Lee Min-jung
-No Min-woo

 

Plot:

Kim Hee-ae spielt hier eine Bestperformerin namens Yoo In-hye, die nach Jahren der Lehrzeit bei einem Hedgefonds-Pionier in den USA mit einem eigenen Hedgefonds nach Südkorea zurückkommt. Sie ist die Tochter eines Jaebeol, hat sich aber aus dem Familiengeschäft verabschiedet, zumal sie jetzt mit ihrem eigenen Unternehmen sogar noch erfolgreicher ist als der väterliche Konzern. Und kaum, dass sie zurück ist, weiß sie auch wieder, warum sie damals gegangen ist: Ihre Herkunftsfamilie und deren Stammbaum ist kompliziert. Da gab es verschiedene Mütter mit unterschiedlichem Status und deren Schicksale. Unter den (Halb-)Geschwistern der verstrittene Sippe wird - insbesondere wenn es um das Erbe geht - immer wieder gemobbt, geschubst und intrigiert.

 

Jang Hyuk spielt Kim Do-hyun, der es aus mittellosen Verhältnisse kraft seiner Begabung und Entschlossenheit, reich zu werden, geschafft hat, tatsächlich einen exzellenten Abschluss als Anwalt zu schaffen. Unter anderem hatte er sich auch bei einer weitgehend unbekannten Kanzlei beworben. Diese stellt ihn nun zu verführerischen Bedingungen ein. Sein Job ist dabei ungewöhnlich: es geht ausschließlich um die Verwaltung der Papiere und das Management der skandalträchtigen Familiendynamiken eines Jaebeol - jenes Familienclans von Yoo In-hye. Für ihn war Yoo In-hye während des Studiums wegen ihrer genialen, konsequenten und offensiven Methoden am Aktienmarkt das große Vorbild gewesen. Nun bekommt er die Chance, bei ihr in die Lehre des High-end Aktienhandels zu gehen. Umgeben von Menschen mit dem Midaskomplex ist es für ihn, der offenbar selbst mit goldenem Händchen ausgestattet ist, kaum möglich, sich dem Bann des sich stetig vermehrenden Geldes zu entziehen. Moderne Aktiendeals, Fusionen und Übernahmen der Jaebeol-Tochter In-hye krachen dabei auf die traditionellen Methoden ihre Vaters, der lieber auf Grund und Boden setzt. 

 

In-hye sieht das Potenzial in Do-hyun und nimmt ihn unter ihre Fittiche. Darunter leidet die Beziehung mit Do-hyungs Freundin Jung-yeon. Die beiden entfremden sich zunehmend voneinander. Er bewegt sich nicht mehr in Jung-yeons Familie, sondern in der von In-hye und entgleitet immer mehr in diese aufregende Welt, die sehr nach seinem Geschmack ist. Parallel dazu entwickelt sich zwischen Jung-yeon in ihrer Funktion als Krankenschwester und In-hyes jüngerem Lieblingsbruder eine zarte, aufrichtige Freundschaft. Mit diesem Nebenplot erhält die Story Wärme und Tiefe, die in der kühlen Finanzwelt ansonsten eher zu kurz kommen.

 

Dennoch entbehrt auch die Beziehung von In-hye und Do-hyun nicht einer gehörigen Portion Intensität und Tiefe. Die Frage, welcher Platz bei dem Flow schwindelig machender Geschäfte dem Herzen bleiben kann - oder auch: der Preis der Macht - bekommt durchaus Raum. 

 

Am anderen Ende der CEO-Geschäftswelt steht der Gewerkschaftskampf. Ein Thema, das in diesem KDrama tatsächlich auch einmal beleuchtet wird - als ein Podium des Klassenkampfes, auf dem es für die engagierten Streiter*innen um nichts weniger als ihre Existenz geht. Für die Akteure in den oberen Chefetagen (und so inzwischen auch für Do-hyun) auf ihrem Weg zu noch mehr Geld ist es ein eher lästiges Ärgernis, mit den für ihre Arbeiter*innen und Angestellten alltagspraktischen Auswirkungen ihrer Entscheidung konfrontiert zu werden. Doch für Du-hyun verkörpern diese Menschen, die für das wenige, das sie haben und behalten wollen, auf die Barrikaden zu gehen bereit sind, auch die Welt, aus der er stammt... 

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