Unterwegs im Koreanischen
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KDrama nach Themen: Historiendramen

Saimdang, Memoir of Colours

Ein ausgezeichnetes KDrama mit historisch eindrucksvoller Dimension ist das 2017 erschienene "Saimdang, Memoir of Colours". Ich vergebe dafür das Prädikat "wertvoll!"

 

Hier steht die sagenhafte Künstlerin Shin Saimdang im Mittelpunkt, deren Kopf man heute auch auf der 50.000 Won-Note abgebildet sieht. Shin Saimdang (1504 -1551) war eine in ihrer Zeit und weit darüber hinaus geschätzte Malerin, Kalligraphin und Dichterin. Da ihr Vater keinen Sohn gezeugt hatte, erhielt sie von ihm eine (für ein Mädchen eher unorthodoxe) Erziehung und Ausbildung in Literatur, Dichtung, Kalligrafie, Stickerei und Malerei. Ihre Werke als Malerin bilden hauptsächlich Insekten, Blumen, Schmetterlinge, Orchideen, Trauben, Fische und Landschaften ab. Dabei zeichnen sie sich durch ihre besonders empfindsame Naturbetrachtung und subtile, feinsinnige Darstellung aus.

Heute können nur ca. 40 Gemälde in Tusche und Mineralfarben Saimdang direkt zugeordnet werden. Es wird jedoch vermutet, dass noch viele weitere Kunstwerke erhalten sind, die jedoch nicht eindeutig als ihre Werke signiert sind.

 

Shin Saimdang ist zudem als das Ideal der guten Mutter in die Geschichte eingegangen. Sie hatte fünf Söhne und drei Töchter, die teilweise ebenfalls das Talent ihrer Mutter geerbt haben. Einer ihrer Söhne ist zudem der noch berühmtere neokonfuzianische Gelehrte und Politiker Yul-gok Yi I. 

 

Das KDrama "Saimdang, Memoir of Colours" setzt der großen Künstlerin ein Denkmal und würdigt sie ebenfalls in ihren Rollen als hingebungsvolle Mutter und tugendhafte, aber dennoch kompromisslos fortschrittliche Frau. Im Mittelpunkt steht eine Zeit und Raum transzendierende, tragische (fiktive, zumindest nicht historisch belegte, aber warum auch nicht so oder so ähnlich geschehene?) Liebesgeschichte. In den besonderen Fokus dieses KDrama rückt obendrein die Natur der Tier-, Pflanzen- und Bergwelt. Immerhin, dies sei hier erwähnt, ist Südkorea auch heute noch auf über zwei Drittel der Landesfläche durch mal mehr oder mal weniger hohe Berge und 21 Nationalparks geprägt.

 

Im Fall des KDramas rückt die spitituell Sagen umwobene Bergregion um den Geumgangsan - dt. Diamantenberg - in den (ästhetischen) Fokus des Geschehens. Der Diamantenberg hat seinen Namen wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Diamant-Sutra des Buddhismus erhalten. Er bildete ein Zentrum des koreanischen Buddhismus, dessen Spuren hier bis auf das 1. Jahrhundert zurückdatiert werden können. Noch zu Beginn des 20. Jahrhundert gab es in der Region mehr als 40 aktive Klöster. Jedenfalls spielt die Bergwelt in mehrfacher Hinsicht eine wesentliche Rolle in diesem mitreißenden Historiendrama.

 

Besondere Brisanz und zusätzliche Dynamik gewinnt die Story durch das Spiel mit Zeit und Raum - Dimensionen, die dabei schon mal ineinandergreifen dürfen. Es gibt zwei Plots. Einer spielt 2017, der andere im frühen 16. Jahrhundert während der Joseon-Ära. Der eine folgt einer jungen Kunsthistorikerin, die ihre Doktorarbeit über das Werk ´Geumgangsando´ des Künstlers An Gyeon schreibt. Der andere folgt Shin Saimdang über die ersten ca. 3-4 Jahrzehnte ihres leidenschaftlichen, aber dennoch tugendhaften Lebens. Parallel zu den Recherchen der Kunsthistorikerin, die sie mit einem Tagebuch von Saimdang zusammenführen, enthüllen sich die Zusammenhänge ihres bewegten Lebens. Beide Handlungsstränge verlaufen dabei durchaus spannend, beide auf ihre eigene, zeitgemäße Weise. Eine besonders pikante Pointe dabei: Menschen aus Saimdangs Zeit scheinen gleichsam im Seoul des Jahres 2016 reinkarniert zu sein...

 

Dreh und Angelpunkt, wo die Zeitlinien zusammenlaufen, ist (ungewöhnlicher Weise) die Toskana. Dieses außerordentliche und bildgewaltige KDrama bietet eine wahrhaft poetische Geschichte mit reichlich Herzschmerz, interessanten Einblicken in die besondere Ästhetik und Feinsinnigkeit der zeitgenössischen koreanischen Kunst des frühen 16. Jahrhunderts, sowie der Papierherstellung jener Zeit, einen stimmungsvollen Soundtrack und nicht zuletzt in ihren Rollen aufgehende Schauspieler*innen. Auch hier geht immer noch mehr Drama. Und auch hier wirkt die schamlose Macht der Mächtigen mal abstoßend, doch lässt eine/n die Geschichte dann doch nicht los. (Randnotiz: Und irgendwie drängt sich der Eindruck auf, die Könige in jener vergangenen Zeit sind doch eigentlich nichts als inkompetente, gewissenlose Hampelmänner...) 

 

Alles in allem fesselt die Geschichte mühelos über 28 Folgen. Am Schluss bleibt man/frau fassungslos, aber dabei doch auch irgendwie zufrieden, zurück. 

사임당, 빛의 일기 - Saimdang, Bichui Ilgi

Lit.: Saimdang, Tagebuch des Lichts

 

2017, 28 Folgen

 

Hauptdarsteller*innen:
-Lee Young-ae
-Song Seung-heon

-Yang Se-jong

 

Plot:

Toskana im 16. Jahrhundert. Ein koreanischer Künstler malt wie besessen und verstört mit seinem Auftritt eine feierliche Gesellschaft. 

 

Seoul, 2017. Die Kunsthistorikerin Seo Ji-yoon schreibt ihre Doktorarbeit bei ihrem Mentor und renommierten Professor Min Jung-hak. Auf einer Konferenz in Bologna bezweifelt sie öffentlich die Authentizität des Kunstwerks ´Geumgangsando´ des Künstlers An Gyeon, das eigentlich offiziell als nationales Kulturgut unter der Schirmherrschaft ihres Professors gelistet werden soll. Min Jung-hak kann diese Demütigung vor der gesamten Kunstwelt aus den eigenen Reihen nicht hinnehmen - auch wenn seine Doktorandin Recht haben sollte. Er ist fortan darauf geeicht, ihre Karriere zu zerstören.

Im Kontext dieser verheerenden Dienstreise besucht Ji-yoon zufällig ein herrschaftliches Anwesen. Dort fällt ihr ein Porträt von Shin Saimdang in die Hände, das der (fiktive) Künstler Lee Gyeom gemalt hat. Da es gewisse Ähnlichkeiten mit ihr selbst aufweist, darf sie es behalten. Ihr fällt zudem ein historisches koreanisches Büchlein in die Hände, das sich als das Tagebuch von Saimdang erweist. So scheint die Dienstreise einerseits das Ende ihrer Karriere zu markieren, doch andererseits eröffnet es die Tür zu einer ungeahnten neuen, faszinierenden Forschungsaufgabe. Sie hat jedoch zwei Probleme: Das Tagebuch muss restauratorisch fachgerecht behandelt werden und es ist in alten chinesischen Schriftzeichen verfasst. Sie benötigt Hilfe von ihrer Freundin, die Restauratorin ist, und auch einen Übersetzer. Parallel macht ihr Prof ihr das (Berufs)Leben schwer. Und zu allem Unglück ist ihr Ehemann in Schwierigkeiten und muss untertauchen. So bleibt ihr -  einigermaßen mittellos - nichts anderes übrig, als mit ihrer Schwiegermutter und ihrem Sohn in eine billige Wohnung umzuziehen. Dort zumindest trifft sie auf ihre Übersetzungshilfe: Han Sang-hyun.

 

Joseon-Ära, erste Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die Zuschauer*innen erleben Saimdang als junges Mädchen, wie sie von ihrem gelehrten Vater in den bildenden und wissenschaftlichen Künsten ausgebildet wird. Dort lernt sie den jungen Künstler Lee Gyeom und Verwandten des Königs kennen, der ihr Talent erkennt und sie ebenfalls fördert. Bei ihm sieht sie das Gemälde ´Geumgangsando´ und ist begeistert. Die beiden verbringen viel Zeit miteinander und verlieben sich. Sie wollen heiraten, doch das Schicksal hat anderes im Sinn. Dabei stehen ihnen der König selbst, ein korrupter Händler und die auf Saimdang eifersüchtige Tochter der Dorftaverne im Weg. ...und ein Zwischenfall im nahen Bergkloster.

 

Die Handlungsstränge von Gegenwart und Vergangenheit wechseln einander ab und die Zuschauer*innen begleiten mal Ji-yoon, mal Saimdang auf ihren dramatischen Wegen.

 

Saimdang heiratet letztlich einen einfältigen, aber gutmütigen Gelehrten, der es über Jahre hinweg nicht schafft, die Beamtenprüfung zu bestehen. Sie erzieht ihre Kinder hingebungsvoll, weise und fortschrittlich. Während ihr Mann das Geld verzockt, zaubert sie aus nichts ein Zuhause und setzt letztlich sogar eine erfolgversprechende Geschäftsidee um: die Herstellung von Papier. Dabei bekommt sie Unterstützung von einer Gruppe heimatloser Streuner, denen sie mit dieser Arbeit eine echte Chance bietet. Im Wettbewerb um die beste Papierqualität und wegen ihrem sozial fortschrittlichen Umgang mit ihren Angestellten wird das engagierte Start-up Unternehmen zum Dorn im Auge der etablierten Papierindustrie und der Edelleute. Ebenso sorgt das Talent von Saimdang und ihrem Sohn, der sich in der Schule mit schneller Auffassungsgabe, Ehrgeiz und intelligenter Begabung in der Interpretation konfuzianischer Lehren und wissenschaftlicher Texte hervortut, für reichlich Neid und Rivalität.

 

Lee Gyeom leitet inzwischen eine Künstleroase. Als des Königs Liebling stehen ihm viele Türen offen. Aus der Ferne fördert er Saimdang so gut er kann. Doch das Schicksalsrad kommt nicht zur Ruhe. Um Spoiler zu vermeiden nur so viel: es geht immer noch schlimmer.

Die Liebe sucht ihren Weg, doch eine schiere Übermacht an Neidern wird nicht Müde, schamlos ein Hindernis über das andere zu türmen. Ein echtes Highlight bildet dabei die Möglichkeit der Vergebung, beziehungsweise das Potenzial der Aussöhnung. Und dann ist da der Mut, einfach mal die Zeit für einen kurzen Moment anzuhalten.

 

Um die größte Tragödie zu verhindern, kann frau auch mal die Grenzen von Raum und Zeit sprengen. Das ist das Schöne an Geschichten. Sie können genau so erzählt werden. In dichterischer Freiheit, stimmig, stimmungsvoll.

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