KDrama nach Themen: Bildung & Arbeitswelt
Wow! Meine Hochachtung! "My Mister" ist ein Beispiel für unaufgeregte, erstklassige KDrama-Qualität. Wieder einmal ein "Prädikat: besonders wertvoll", wenn man/frau im Koreanischen unterwegs ist. Wieder einmal eines jener KDramen, das auf leisen Sohlen daher kommt, aber dafür emotional umso eindringlicher wirkt. Wieder einmal wird ein Gesellschaftsbild gezeichnet, das abseits von Glitzer und Glamour die Tristesse des ganz normalen Wahnsinns jener Menschen aufzeigt, die trotz Mühe und Arbeit nicht von der Stelle zu kommen scheinen. Hier geht es um die Angestellten, die Selbstständigen, die Aushilfen, um gebildete, studierte Menschen, um kreative, intelligente Menschen, um motivierte und rechtschaffene Menschen und ihr Scheitern, ihren Frust. Das einzige, das in diesem Leben, in dem die Arbeit so viel Raum einnimmt, noch etwas Licht und Wärme spendet, ist das vertraute Nest von Familie und Wahlfamilie - Freunde aus Kindheitstagen. Hier kann jede/r einfach so sein. Mit diesen zusammen abhängen und trinken, das wird zum sinnstiftenden Element. Was bleibt, das sind die Leere, die Sehnsucht nach Begegnung, die das Herz berührt, die Scham vor einem erbärmlichen Leben, die fehlende Selbstliebe.
Am Beispiel von Park Dong-hoon und seiner (Wahl-)Familie wird der ganz normale Arbeitsalltag mit Leben gefüllt. Lee Ji-an wiederum steht mit ihren geerbten Schulden für jene, die aus dem Hamsterrad herausgefallen sind, die fast nichts mehr zu verlieren haben, und deren Realität nur noch wenig Perspektiven lässt.
"My Mister" wurde vielfach gefeiert. Und das, wie ich meine, zu Recht. Die Story und die Menschen darin sind zum Greifen lebensnah. Unspektakulär und berührend wirkt das Leben der Protagonist*innen nach. Die Liebe zeigt sich hier von ihrer unromantischen, aber dabei durchaus wahrhaftigen Seite.
Es gibt Täter und Opfer - immerhin handelt es sich um ein Drama. Doch dies köchelt auf leiser Flamme. Das ambitionierte KDrama ist eine Produktion jenseits der bunteren Upper-Class-Märchen mit Happy-end. "My Mister" wurde (vergleichbar mit den nicht minder anspruchsvollen Serien "A Wife´s Credentials" oder "Misaeng") auf einem Pay-TV Sender übertragen, der prinzipiell eher weniger Einschaltquoten aufweist. Dennoch knackte die Serie landesweit letztlich die 7 Prozent und schrieb damit PayTV-Geschichte. Außerdem rangierte das KDrama im Contents Power Index (CPI) und im Ranking der Beliebtheit der Fernsehproduktionen in sechs der neun Wochen seiner Ausstrahlung an vorderster Stelle.
In meinem Fall war es Liebe auf den zweiten Blick. Sobald man/frau mal in der Geschichte und ihrem eigenwilligen Herzschlag angekommen ist, lässt sie eine/n nicht mehr los. Berührend, aber dabei nicht schnulzig. Authentisch.
나의 아저씨 - Naui Ajeossi
Lit.: Mein älterer Bekannter
2018, 16 Folgen
Hauptdarsteller*innen:
-Lee Sun-kyun
-Lee Ji-eun (IU)
Plot:
Lee Ji-an hat als junges Mädchen den Kredithai ihrer Mutter umgebracht, der sie und ihre taubstumme Großmutter immer wieder gewaltsam drangsalierte. Nun steht sie bei seinem Sohn in der Schuld, der mit derselben Freude auf unnötig brutale Weise seine Schulden eintreibt. Ihre inzwischen bettlägerige Großmutter ist in einem Pflegeheim untergebracht. Vom Leben und den Menschen einigermaßen enttäuscht arbeitet die in sich gekehrte, junge Frau stoisch ihre Schulden ab, indem sie zwei irreguläre Aushilfsjobs ausführt. Einer ist in der Buchhaltung eines großen Ingenieurbüros, in der Abteilung für Erdbebensicherheit. Dort lernt sie Teamleiter Park Dong-hoon kennen - einen kompetenten Statiker, engagierten Vorgesetzten für seine Mitarbeiter und rechtschaffenen Familienmenschen. Er lebt im selben Viertel wie sie, so fahren sie mit derselben U-Bahn und sehen sich regelmäßig, wahren dabei jedoch den gebührenden Abstand.
Tatsächlich ist Dong-hoon vom Leben ebenfalls ernüchtert. Zwar ist er das Vorbild in seiner Familie, da er als einziger eine feste, gute Anstellung hat und Vater eines jugendlichen Sohnes ist, während seine Frau als Rechtsanwältin arbeitet. Doch das mittelständische Leben ist trist, einsam und eintönig. Die Beziehung zu seiner Frau ist eher distanziert als herzlich. Tatsächlich hat sie eine Affäre mit Dong-hoons Widersacher seit Studienzeiten, der heute aufgrund seiner Beziehungen zudem CEO im Unternehmen ist.
Ji-an und Dong-hoon geraten in eine Art freundschaftliche, einfühlsame Beziehung. Die Unternehmensintrigen fördern diese Entwicklung zusätzlich. Ji-an soll ihn ausspionieren und einen Grund für die Kündigung liefern. Doch indem sie ihm fortan akustisch auf Schritt und Tritt folgt, kommt sie ihm emotional nur noch näher und erlebt ihn in seiner Rechtschaffenheit, Aufrichtigkeit und Einsamkeit inmitten von Familie und Freunden als aufrechten aber unglücklichen Menschen.
Sie erkennen einander in ihrem jeweils erbärmlichen Leben und stärken sich dabei in ihrer bedingungslosen (platonischen) Liebe gegenseitig derart, dass sie schließlich beide über sich hinaus wachsen.
Eingebettet ist die Geschichte in Nebenplots, die vom Leben und den Träumen der beiden Brüder von Dong-hoon sowie der Exfrau seines besten Freundes erzählen, in deren Bar sich die Clique der langjährigen Schulfreunde regelmäßig nach Feierabend trifft.