Unterwegs im Koreanischen
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KDrama nach Themen: Beispiele für KMovie

The Battleship Island

"The Battleship Island" ist eine KMovie-Produktion, die gezielt angetreten ist, ein Stück von Japans gerne ignorierter und totgeschwiegener Kriegsverbrechen dem Rest der Welt dennoch emotional nahe zu bringen. Die bewusst international platzierte sowie mit großzügigem Budget und hochkarätiger Besetzung verfilmte Produktion versteht sich konkret als Antwort auf Japans unredliches Gebaren im Zusammenhang mit der Ernennung der Insel Hashima - auch Kriegsschiff-Insel genannt - zum UNESCO Weltkulturerbe. Dies vorab. (Siehe dazu auch die Randnotiz weiter unten).

 

"The Battleship Island" erweckt ein Stück durchaus spektakulärer japanischer Ingenieursbaukunst sowie skrupelloser japanischer Kriegsgeschichte zum Leben. Diese hätte sich auf der ca. 6,3 ha kleinen Insel rund 15 km vor Nagasaki während der letzten Jahre des Pazifikkriegs so oder ähnlich ereignet haben können. Die Personen sind zwar fiktiv, die Umstände jedoch historisch. Die baulichen Gegebenheiten aus der Zeit um 1940 wurden am Filmset in Chuncheon in Südkorea aufwendig nachgebaut. Mit der verfilmten Geschichte sollte das Leid jener Menschen, die dort gegen ihren Willen während der Kriegsjahre ausgebeutet wurden, international zur Kenntnis genommen werden. Die katastrophalen Arbeitsbedingungen in den unterirdischen Kohleminen unter dem Meeresspiegel, Gewalt und Missbrauch gegenüber den Zwangsarbeiter*innen sowie die miserable Versorgung, gehen unter anderem auf Augenzeug*innenberichte zurück.

 

Das KMovie "The Battleship Island" hat in Südkorea als Blockbuster Rekorde gebrochen. Auch international gab es Preise. Die westlichen Reviews suchten jedoch leider immer wieder Vergleiche mit US-Produktionen und Steven Spielberg... Das KMovie ist aber keine US-Produktion und will es auch nicht sein. Es hat seinen eigenen Style. Und der setzt nicht auf Held*innen, wie wir sie im Gut-Böse-Strickmuster gerne haben: Wahre Held*innen, gute Menschen, redliche Menschen, mutige Menschen, mit denen wir uns gerne identifizieren, in jedem Fall gerne sympathisieren. Nein. "The Battelship Island" bietet da ´nur´ eine Reihe ambivalenter Charaktere, die durchaus zweifelhafte und verzweifelte, stellenweise recht egoistische und opportunistische Motive haben. Die sitzen zufällig auf engstem Raum auf derselben Insel fest, teilen dasselbe Schicksal und die koreanische Abstammung. Die Not treibt sie an und zwingt sie letztlich zur Kooperation. "The Battleship Island" setzt nicht auf große patriotische Gefühle. Das KMovie zeigt an einer konkreten koreanisch-japanischen Tragödie, was Krieg generell und unabhängig von der nationalen Zugehörigkeit aus Menschen macht: Verbrecher*innen und Verzweifelte. Hier sind DIE Koreaner*innen zwar eindeutig die Opfer, doch die ´Guten´ sind sie - im einzelnen betrachtet - nicht. Sie sind (international) menschlich, sowohl gut als auch schlecht, fragwürdig, verräterisch, feige, doch auch mit Herz und Leid, und mit dem Mut der Verzweifelten.

 

Es ist düster, heiß, feucht und eng in den Minen und Unterkünften der Zwangsarbeiter*innen. Das Leben ist äußerst unschön und rückt durch die eindringliche Kameraführung und dramaturgisch intensive Erzählweise recht nah an die Zuschauer*innen heran. Es geht brutal und rücksichtslos zu. Unmenschlich. Doch das ist kein Wunder, denn für ´die´ Japaner*innen galten ´die´ Koreaner*innen als Untermenschen. Und wenn der Showdown am Ende dann unsinnig brutal anmutet, dann deswegen, weil die Brutalität angesichts des Unsinns eben unsinnig ist und dieser Unsinn Menschen in ihrer Verzweiflung brutal werden lässt. Das ist genau das überaus traurige Thema. 

 

Es gibt mehrere Protagonist*innen und zunächst weiß man/frau nicht so recht, an wessen Fersen man/frau sich emotional heften soll. Will? Ich meine, es ist durchaus auch ein Film für Wiederholungstäter*innen, insbesondere wenn uns (zunächst) das Wissen um die historischen Zusammenhänge fehlt. (Was aufgrund unserer westlichen Brille der Fall ist.) Beim zweiten Mal kann der Film für das westliche Zuschauer*innenauge sein Potenzial möglicherweise erst so richtig entfalten.

 

"The Battleship Island" hat also eine historische Mission. Und die löst das KMovie am Beispiel fiktiv untereinander verstrickter Figuren, die keine klassischen Held*innen sind. Doch damit wurden die Verzweifelten von Hashima dennoch nachträglich irgendwie als Held*innen ihres aussichtslosen Überlebenskampfes stilisiert.

 

Die Geschichte spielt zwischen Frühjahr 1944 und August 1945. Kohle war für die imperialistische  japanische Politik die conditio sine qua non. Arbeit in japanischen Kohleminen gestaltete sich prinzipiell in jener Zeit überall äußerst beschwerlich und wurde daher bevorzugt an Zwangsarbeiter oder Inhaftierte abgegeben. Mit Versprechen auf Arbeit, Ausbildung und guten Verdienst wurden Frauen und Männer aus der Kolonie Chosen nach Japan gelockt. Mit der unwirtlichen Wirklichkeit, die sie dort erwartete, hatte niemand gerechnet: Sie wurden umgehend verfrachtet und die Männer fanden sich als Minenarbeiter, die Mädchen und Frauen als zwangsprostituierte Trostfrauen wieder. Offiziell erhielten sie Lohn, doch defacto wurden Unterkunft und Verpflegung, Versicherung und Altersvorsorge gleich wieder davon abgezogen, sowie auch sonst jede Kleinigkeit, so dass es sich eher anfühlte, als müssten sie Schulden abarbeiten. Fluchtgedanken gab es da durchaus, zumindest unter denen, die nicht schon gleich verstarben. Damit war jedoch jedes Anrecht auf Verdienst gänzlich verloren. Hinzu kam auf Hashima: Die Kohlevorkommen lagen bis zu 1.000 m tief unter der Erde und unter Wasser, umgeben von Wasser. Damit war eine Flucht von der Insel praktisch unmöglich - mehr als 15 km meist raue See trennt Hashima von Nagasaki. Zwischen 1934 und 1945 starben auf Hashima mehr als 1.000 Zwangsarbeiter*innen überwiegend koreanischer und chinesischer Herkunft. Der Abwurf der Atombombe über Nagasaki unmittelbar vor Kriegsende setzte dem Spuk ein fulminantes Ende.

 

Prädikat: wertvoll.

RANDNOTIZ: Hashima (oder auch Kriegsschiff-Insel) als UNESCO Weltkulturerbestätte inszeniert - der Versuch Japans, die eigene Geschichte schön zu reden.

 

Die Insel Hashima ist ein Zeitzeuge der beachtlich rasanten, industriellen Revolution Japans während der Meiji-Zeit 1861-1912 - Kohle, Schiffsbau für eine schlagkräftige Marine sowie Schwer- bzw. Rüstungsindustrie torpedierten Japan im Rekordtempo in ein westlich inspiriertes, modernes Zeitalter.

 

Die Insel Hashima war ursprünglich nur 120 m x 300 m groß. Sechs gezielte Aufschüttungen ab 1897 hatten zur Folge, dass die Insel durch diese Landgewinnung schließlich 160 m x 480 m maß. Ihre Form entspricht seitdem einem japanischen Kriegsschiff und verkörpert damit in mehrfacher Hinsicht die klare Vision der Meiji-Zeit, die sich zum Ziel gesetzt hatte, ein reiches Land durch eine starke Armee sowie durch die Förderung neuer Industrie zu schaffen.

 

1810 wurden erstmals Kohlevorkommen auf Hashima entdeckt. 1887 setzten die Planungs- und Erschließungsarbeiten ein. Ab 1890 konnte Mitsubishi Goshi Kaisha mit dem Kohleabbau unter dem Meeresspiegel beginnen, während an Aufschüttungen und Schutzmauern gegen Taifune weitergearbeitet und die Infrastruktur ausgebaut wurde. Um 1916 hatte der Bergbau hier Hochkonjunktur. Das damals errichtete, neungeschossige Wohngebäude, in dem 5.260 Arbeiter*innen mit Familien unter einem Dach lebten, war für Japan damals das höchste seiner Art. Die Stahlbetonbauarchitektur galt als die fortschrittlichste und die Insel als Prestigeobjekt japanischer Ingenieurskunst. Die Infrastruktur wurde währenddessen laufend weiter ergänzt und optimiert. Viele Baumaßnahmen erfolgten zwangsläufig auch unterirdisch. Die Kriegsjahre bescherten dem Konzern erfreulich billige, zunächst koreanische, dann auch chinesische Zwangsarbeiter*innen. Deren Behandlung war rücksichtslos, ausbeuterisch und brutal. Gearbeitet wurde in den Kohleminen bei 30°C and 95% Luftfeuchtigkeit. Manche Zahlen nennen 137 Tote aus jenen Kriegsjahren, andere Schätzungen hängen daran noch eine weitere Null. Manche Augenzeug*innen berichten, vier von fünf Arbeiter wären täglich in den Minen an Gasen, Explosionen, Unfällen, Hitze, Unterernährung oder Schlägen gestorben.

 

15,7 Mio. Tonnen Kohle wurden zwischen 1891 und 1974 durch Menschenhand auf Hashima zu Tage gefördert. Was bis heute übrig ist, das sind die Überreste der Stahlbetonbauten, die doch eher von einer völlig neuen Ära der Nachkriegsjahre erzählen sollen. Apartmentblocks, Badehaus, Pachinko-Salon, Bordell, Geschäfte, Krankenhaus, Kino, Polizei, usw. sorgten in den 1950er Jahren dafür, dass Arbeit auf Hashima eine angesehene Sache war. Schwere Arbeit zwar, aber gut bezahlt mit Vergünstigungen und dem landesweit höchsten, geradezu luxuriösen Alltagskomfort in Sachen Lebensstandard mit Dachgärten, Kühlschränken, Fernseher... - eben auf allerengstem Raum. 1959 brach das renommierte Hashima somit jegliche Rekorde: 5.259 Menschen lebten auf den 6,3, ha zusammen - mit 835 Menschen pro Hektar die bislang höchste verzeichnete menschliche Dichte weltweit. Tokyo heute scheint im Vergleich damit geradezu weitläufig...

 

Allerdings: die Vorkommen waren inzwischen zunehmend erschöpft und Petroleum machte den aufwendigen Minenbetrieb schließlich im Laufe der 1960er Jahre uninteressant. Als Mitsubishi die Mine Anfang 1974 schloss, konnten deren Bewohner*innen trotz allem Luxus offenbar nicht schnell genug die Insel verlassen. Sie müssen wohl hektisch vom gedeckten Tisch aufgestanden sein und alles gerade so zurückgelassen haben, wie es war. Ende April war die Insel bereits menschenleer. Eine Geisterinsel. Die folgenden 35 Jahre blieb das auch so. 2002 verkaufte Mitsubishi ihre Kriegsschiff-Insel an die Stadt Takashima, die inzwischen zur Stadt Nagasaki gehört. Seit Jahr 2009 ist das Eiland mit seinen spektakulären, surrealen Ruinen auf strikt vorgegebenen Wege für den Tourismus geöffnet. Hashima wird dabei als Beispiel der rasanten industriellen Revolution vermarktet, die Japan in eine neues Zeitalter als beispiellose Industriemacht torpediert hatte. Von der Ausbeutung der Zwangsarbeiter*innen und deren unmenschlichen Arbeitsbedingungen während des Pazifikkriegs ist nirgendwo die Rede...

 

Nachdem Hashima als UNESCO Weltkulturerbestätte ins Gespräch kam, wurde sie 2015 nur unter der Prämisse auf die Liste aufgenommen, dass Japan auch jenes Kapitel der brutalen Ausbeutung der koreanischen und chinesischen Zwangsarbeiter*innen historisch für den Tourismus aufbereiten würde. Diese Zusage wurde aber nicht eingehalten. Das örtliche Museum behauptet sogar das Gegenteil. Daran wollte und konnte der Kinofilm "The Battleship Island" zumindest mit multimedialen Mitteln etwas ändern, indem das KMovie das Drama, das die Menschen in jenen Kriegsjahren auf Hashima erleben mussten, mit hoher audiovisueller Wucht und emotionaler Intensität in den Weltenkanal geworfen hat. 2021 forderte die UNESCO, dass Japan seinen Vereinbarungen tatsächlich nachkommen und die Weltkulturerbestätte jenes Kapitel der Zwangsarbeit historisch korrekt vermitteln solle. 2024 ist dies immer noch nicht geschehen. Tourist*innen erfahren über die Funktion Hashimas als Arbeitslager vor Ort überhaupt nichts.

군함도 - Gunhamdo

Lit.: Die Kriegsschiff-Insel

 

2017, 132 Minuten

 

Hauptdarsteller*innen:

-Hwang Jung-min

-So Ji-sub

-Song Joong-ki

-Lee Jung-hyun

 

Plot:

Bandleader Lee Kang-ok will seine Tochter, sich und die Band in Sicherheit bringen, nachdem er aufgrund einer Affaire in Gyeongseong (Seoul) bei den japanischen Kolonialherren in Ungnade gefallen ist. Mit einem Empfehlungsschreiben macht sich die Truppe - zusammen mit zahlreichen weiteren, mehr oder weniger hoffnungsfrohen Landsleuten eingepfercht auf dem Schiff nach Shimonoseki - auf, in Japan ihr Glück zu versuchen.

 

Kaum an Land ist dort jede Hoffnung im Nu dahin. Sie werden in Waggons verfrachtet und auf einem weiteren Schiff zusammengepfercht, mit dem sie auf die Insel Hashima übersetzen. Dort werden Frauen und Männer getrennt, Familien auseinandergerissen. Die Hölle auf Erden beginnt. Ab sofort ist "Überleben!" die Devise. Jeder und jede versucht es auf seine/ihre Weise mehr oder weniger erfolgreich.

 

Nach der sowjetischen Invasion in der Mandschurei, in Anbetracht der drohenden Niederlage des japanischen Kaiserreichs, sollen die Spuren der Zwangsarbeit auf Hashima möglichst unkompliziert beseitigt werden. Park Moo-young wird als Spezialagent der Koreanischen Unabhängigkeitsbewegung auf der Insel eingeschleust, um noch rechtzeitig einen der Zwangsarbeiter, dem eine Schlüsselrolle in der Finanzierung des patriotischen Widerstandskampfes zugesprochen wird, zu retten. Nachdem er jedoch die Lage vor Ort erlebt, plant er angesichts des drohenden Destasters den verzweifelten Ausbruch der rund 400 totgeweihten Zwangsarbeiter*innen aus dem schwer befestigten Arbeitslager.

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