Unterwegs im Koreanischen
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KDrama nach Themen: Bildung und Arbeitswelt

Our Blues

Das KDrama "Our Blues" entfaltet einen eigentümlichen Zauber, der sanft sein seidenes Netz um die Herzen der Zuschauer*innen spannt und Wärme spendet. Ganz großes KDrama! Prädikat "besonders wertvoll". 

 

Der Blues ist ja vom musikalischen Genre her eine Art Klagelied, von der Sache her traurig und durch Schmerz geboren. In "Our Blues" sind es nicht die Klagegesänge von Sklaven auf den Plantagen, sondern die von mehreren sehr durchschnittlichen Menschen, die dort leben, wo Südkoreaner*innen am liebsten Urlaub machen: auf der Insel Jeju. Ihr Leben ist in keinerlei Hinsicht spektakulär. Sie sind für ihr Alter und den Ort eher normal. Sie arbeiten hart für ihr Einkommen, leben einfach und oftmals von dem, was das Land (und in dem Fall das Meer) ihnen bietet. Aus der Summe dieser individuellen und doch so normalen Klagelieder erwächst ein Wir-Gefühl, das nicht nur die Protagonist*innen, sondern sogar auch die Zuschauer*innen ergreift. Viele können da mitfühlen, sich auf ihre Weise damit identifizieren und mit der Zeit so ebenfalls zugehörig fühlen. Damit wird es in doppelter Hinsicht zu "OUR" Blues. Der greift so aus der Serienwelt hinaus in die Zuschauer*innenwelt und bringt uns als Menschen aus aller Welt ebenfalls einander näher.

 

"Our Blues" erzählt praktisch ein Dutzend Geschichten über Enttäuschungen und unverheilte seelische Wunden, wie sie viele so oder so ähnlich kennen und möglicherweise auch selbst erlebt haben. Die meisten Protagonist*innen (durchweg erstklassig besetzt) kennen sich mehr oder weniger seit ihrer Kindheit. Sie bilden eine Gemeinschaft aus Kolleg*innen, Freund*innen oder Familie. Jeju-do ist zwar die größte südkoreanische Insel, doch mit 73 km x 31 km dennoch eher überschaubar. In seiner Mitte teilt der höchste Berg Südkoreas - der ruhende Vulkan Hallasan - die Insel in den nördlichen Bereich um die Stadt Jeju und den südlichen Bereich um die Stadt Seogwipo. Seogwipo mit einer urbanen Mitte mit Hafen und der Zersiedlung mit dörflichen Strukturen entlang der Küste prägt die Lebenswelt der Figuren. Als Zuschauer*in begleiten wir einige davon in einer Art latentem seelischem Häutungs- und Befreiungsprozess.

 

Manche sagen, so etwas, wie eine Handlung gäbe es in "Our Blues" nicht. In der Tat ist es eher eine Komposition oder vielmehr ein Kaleidoskop aus voneinander unabhängigen Klageliedern. Großartig an "Our Blues" ist, dass (und wie) diese Lieder nun endlich gesungen werden. Sie eröffnen so Raum für Licht und Liebe. Denn lange, viel zu lange, haben die Protagonist*innen ihren Schmerz in sich tief verborgen gehalten. Sie haben versucht, damit zu leben und ihm keinen großen Raum zu ´geben´, doch früher oder später ´nimmt´ er ihn sich eben - seinen Raum... 20 Episoden lang...

 

Ich möchte hier nicht von Heilung reden, vielmehr von Transformation, denn die schmerzhafte Erfahrung der Vergangenheit ist und bleibt, was sie war. Das Potenzial jedoch, was künftig möglich ist, verwandelt sich. Indem der Schmerz im Herz sich endlich Raum nehmen und sich zeigen darf, findet er Zeugen und die ihm gebührende Anerkennung. Der Krampf löst sich und Energie wird frei. Neue Erfahrungen sind nun künftig möglich.

 

Sich selbst oder andere schonen zu wollen, beziehungsweise Konflikt oder Konfrontation ausweichen zu wollen (wie das die ein oder der andere Protagonist hier sein/ihr bisheriges  Leben lang versucht hat), hat letztlich noch nie wirklich funktioniert. Seelischer Schmerz und psychisches Leid eröffnen andererseits das Portal in eine neue Dimension von Wahrhaftigkeit. Das Rezept ist denkbar einfach: Sich-Zeigen. Sich Auseinandersetzen. Reibung erzeugt Nähe. Das Problem, das diese Nähe verhindert, ist sehr menschlich: Angst. Denn die Voraussetzung ist, dass ich mich mit meinen Gefühlen öffnen muss und mich damit zugleich verletzlich mache. Aber eben auch berührbar. Und nur so wird echte Begegnung möglich. Selbstbewusst. Meiner Selbst bewusst. Aufrichtig. Aufrecht. Eine Bereicherung für mein Leben UND meine Umwelt.

 

In diesem KDrama werden Klagelieder gesungen und gehört. Ihr Kern birgt jeweils einen alten Schmerz. Doch die Geschichten um Freundschaften und (familiäre) Beziehungen sind durchweg liebevoll vielschichtig ineinander verwoben und gewinnen an Strahlkraft. Wir begegnen einzelnen Protagonist*innen in mehreren Zusammenhängen immer wieder. Eine Person nach der anderen wächst uns ans Herz. Die konstanten Größen sind das Meer um uns und der Himmel über uns.

 

Ein KDrama, das irgendwie satt macht.

 

 

Übrigens:

Inzwischen zählt "Our Blues zu den am höchsten bewerteten Serien im südkoreanischen Kabelfernsehen. Die Zuschauerratings haben sich im Verlauf verdoppelt. (Wächst ans Herz, wie gesagt ...)

Randnotiz: Haenyeo = Seefrauen oder auch Töchter des Meers 

Jeju-do ist nicht nur als Touristenhotspot mit Standpromenaden und Hotels für Honeymooners berühmt (Jeju International Airport ist der drittgrößte des Landes), sondern auch für seine Vulkanlandschaft, die inzwischen zum Weltkulturerbe zählt.

 

Charakteristisch für die Tradition der Insel sind jedoch auch bis heute die Haenyeos (ihrerseits auf der UNESCO Liste des immateriellen Weltkulturerbes), die seit Jahrhunderten ohne Sauerstoffflaschen insbesondere nach Seeohren (auch Abalone oder Meeresschnecken genannt) tauchen. Von dieser Delikatesse und einigen Meeresfrüchten mehr gibt es auf dem Meeresgrund rund um die Insel reichlich. Allerdings lassen diese sich nicht so einfach aus dem Wasser angeln. Bis heute ist die archaische Art, frei zu tauchen, die einzig bewährte: Luft anhalten, mit einem Haken, einem Bleigurt sowie einem kleinen Netz abtauchen, und dann am Grund die Meeresfrüchte in geschickter Handarbeit vom Felsen kratzen.

 

Heute helfen dabei Neoprenanzug, Taucherbrille und Flossen. Eine Boje markiert das `Revier´. Das kann nicht jede und schon gleich gar nicht jeder. Frauen können das offenbar besonders gut. Sie betreiben dieses Handwerk über viele Generationen hinweg. Meist wird die Technik, die Luft bei hohem Unterwasserdruck auch bei einer Wassertemperatur von 8 °C Grad rund 3 Minuten anzuhalten, in der Familie weitergegeben. (In diesen Kreisen ist dann endlich auch mal die Geburt einer Tochter ausdrücklich gelobt und wird gebührend gefeiert.) 

 

Inzwischen zieht der Nachwuchs jedoch lieber aufs Festland, denn das Einkommen der gefragten Haenyeos ist ansehnlich. Sie sind wirtschaftlich unabhängig und können ihren Kindern auch mal ein Studium ermöglichen. Die Haenyeos könnten dementsprechend bald aussterben. Doch wer einmal dabei ist, bleibt bis ins hohe Alter mit dabei. 

우리들의 블루스 - Urideurui Beulluseu

Lit.: Unser Blues

 

2022, 20 Episoden

 

Hauptdarsteller*innen:

-Lee Byung-hun
-Shin Min-a
-Cha Seung-won
-Lee Jung-eun
-Uhm Jung-hwa
-Han Ji-min
-Kim Woo-bin

-Kim Hye-ja 
-Go Doo-shim

 

Plot:

Die Fäden kreuzen sich bei Jung Eun-hui, die mit ihrem Fischgeschäft auf dem Fischmarkt der Stadt Seogwipo im Süden der Insel Jeju ein gutes Auskommen hat.

Jung In-kwon, der auf dem Fischmarkt einen Imbiss betreibt, und Min Seon-a, der hier den Händler*innen frisches Eis verkauft, sind seit ihrer Jugend mit Eun-hui befreundet und rivalisieren bis heute um ihre Gunst. Sie sind inzwischen alleinerziehende Väter, deren Kinder sich ineinander verlieben und so den Graben zwischen den beiden Männern erneut strapazieren...

Im Haus von Eun-hui wohnt seit einem Jahr die 38 jährige Lee Yeong-ok, die als Haenyeo mit den ansonsten inzwischen teils schon über 70 jährigen Seefrauen aufs Meer fährt, um seltene Meeresfrüchte zu ertauchen. Dabei lernt sie den Kapitän des Schiffes kennen und lieben. Doch sie will keine feste Beziehung und auch ansonsten nicht allzu viel von sich preisgeben.

Auf dem Fischmarkt trifft Eun-hui jeden Tag auf die beiden inzwischen betagten, seit Jahrzehnten als Taucherinnen arbeitenden Haenyeo Kang Ok-dong und Hyeon Chun-hee, die hier ihre fangfrischen Krebse, Oktopusse, Muscheln und Seeohren verkaufen. Kang Ok-dongs Sohn Lee Dong-seok kommt ebenfalls oft am Fischmarkt mit seinem fahrenden Gemischtwarenladen vorbei. Mit seiner Mutter redet er jedoch schon lange nicht mehr. So weiß er auch nicht, dass sie an Magenkrebs leidet.

Er ist als Händler oft auf dem Festland bis nach Seoul unterwegs und kauft dort seine Waren. In Seoul lebt seine unglückliche Liebe aus längst vergangenen Tagen Min Seon-a. Doch die taucht nun unvermittelt auf der Insel auf und weckt alte Gefühle. 

Auch Eun-huis Schwarm aus Jugendtagen taucht nach Jahren aus beruflichen Gründen wieder auf Jeju-do auf und rüttelt an alten Schmetterlingen im Bauch.

Ebenso ihre beste Freundin Ko Mi-ran, die zwischenzeitlich dreimal verheiratet und geschieden ist.

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