Unterwegs im Koreanischen
Unterwegs im Koreanischen

KDrama nach Themen: Bildung & Arbeitswelt

Mother of Mine

"Mother of Mine" - oft auch "My Mother" - ist ein KDrama, das besonders geeignet ist, südkoreanischen Alltag sowie selbstverständliche Umgangsformen im familiären und beruflichen Miteinander zu studieren. Diese Serie hat 108 Folgen à 35 Minuten. Im Fernsehen lief sie an zwei Wochentagen über ein halbes Jahr. Dies ist zu bedenken, denn "Mother of Mine" will nicht ´in einem Hatz´ durchgehetzt werden, sondern die Zuschauer*innen in ihrem eigenen Alltag begleiten - mit etwas zusätzlichem Drama zum Abreagieren, aber dabei dennoch genügend Normalität, um sich ein bisschen dazugehörig zu fühlen. Dabei werden weit verbreitete Themen im Leben der jungen und alten Erwachsenen (durchaus auch kritisch) differenziert seziert.

 

In diesem KDrama-Format geht es um alltagsnahe Themen. Solche lang laufenden Familien-Serien (vs. kompakte Serien unterschiedlicher Genre mit 16-20 Folgen) gibt es in schöner Regelmäßigkeit im südkoreanischen regulären Fernsehen. Die Einschaltquoten sind stets stattlich - zwischen 20 und 40 Prozent. Hier gelistet ist bereits "Wonderful Days" aus dem Jahr 2014. "All about Mom" beispielsweise aus dem Jahr 2015 startete mit bescheidenen 14 Prozent und endete mit fast 40 Prozent. Spitzenreiter unter den neueren Varianten ist "My Only One" aus dem Jahr 2019. Diese Serie knackte am Ende fast die 50 Prozent-Marke. Aktuell (2022) läuft im Fernsehen "Young Lady and Gentleman" und steuert ebenfalls zielstrebig auf die 40 Prozent zu. "Mother of Mine"  liefe 2018/2019 und bewegte sich konstant um die +/- 30 Prozent. Es sind genau diese Sorte KDrama, die im regulären Fernsehen die ersten 8 Plätze anführen. Will sagen, diese Serien sprechen einen wirklich breiten Mainstream an und spiegeln in ihrem alltagsnahen Handlungssetting sehr viel vom Leben, den Sorgen, Hoffnungen, Nöten, Herausforderungen, Schwierigkeiten und einfachen Freuden der Menschen. Hier ist man/frau mitten drin im Koreanischen. Damit bietet das Format einen hervorragende Tür zu einer alltagskulturellen Annäherung und vor dem Hintergrund solcher Studienzwecke gebe ich dafür auch das Prädikat "wertvoll". (Das bedeutet jedoch nicht, dass hier jede Erzählschiene gleich stark ist...)

 

Ein interessanter Aspekt ist dabei die Tatsache, dass die hohen Einschaltquoten dieses Formats im südkoreanischen regulären Fernsehen auch heute noch in Zeiten des Streaming so zuverlässig sind. Die ´Lindenstraße´ im deutschen Fernsehen hatte in den ersten Jahrzehnten (80er/90er) durchaus auch solch respektable Einschaltquoten, doch später nicht mehr. Davon können die Sender heute im Zeitalter der Mediatheken und des Streaming nur träumen. Die Menschen schauen wann SIE wollen und gerne auch im Block. Das betrifft natürlich auch Südkorea. So ein Format wie "Mother of Mine" jedoch, das über ein halbes Jahr läuft, hat eine Sonderstellung. Diese lang laufenden Serien nehmen die Nation am Beispiel einer (mit jeder Serie immer wieder neu zusammengewürfelten) Familienkonstellation in schöner Regelmäßigkeit beherzt an die Hand und bewegen kollektiv die Gemüter auf einem in Sachen Handlungsbogen eher niederschwelligen Level. Jaebeol Machenschaften bieten auch in diesem Format stets eine solide Basis für noch mehr Drama. Dennoch wird hier in erster Linie Alltag gelebt. Und alles zusammen wird zu etwas verbindendem, etwas worüber geredet wird, wenn sich Menschen privat oder bei der Arbeit  treffen. Und dabei darf man/frau durchaus emotional mitgehen - in die Höhen und Tiefen. (Kim Hae-sook macht es in ihrer Rolle als Serien schauende Mutter in einer Szene von "Mother of Mine" anschaulich vor, wie solche KDramen geschaut werden wollen...)

 

Man/Frau sollte bei diesen Formaten grundsätzlich bedenken, dass diese Serien nur wohldosiert und über einen längeren Zeitraum funktionieren. Das ist keine Serie zum ´Verschlingen´. Dafür taugt sie nicht. Dafür ist sie nicht gemacht. Man/Frau darf keine packenden Spannungsbögen erwarten, die sich dann im großen Trommelwirbel auflösen. Das geht so dahin mit Hochs und Tiefs. Natürlich wird der Alltag durch ´Makjang´ immer wieder etwas dramatisch aufgepeppt. Es gibt die fiesen und bösen Protagonist*innen, die das Blut zum Kochen bringen. Geheimnisse auch. Es gibt jene, denen zuzusehen oft schwer fällt. Es gibt die Opfer. Und es gibt reichlich zu essen :-) Und all dies im Karrusell mal vorwärts und mal rückwärts. Hier ist ein bisschen der Weg das Ziel. 

 

"Mother of Mine" bietet sich also für Studienzwecke über den Alltag im Südkoreanischen  an. Hier stehen die Frauen im Mittelpunkt. Interessanter Weise bezieht sich der internationale Titel auf die Mutter aus Sicht der Tochter. Im Original ist es gerade umgekehrt - die To(ö)chter aus Sicht der Mutter. Jedenfalls geht es um die Frauen, deren gesellschaftliche Bestimmung in ihrer Rolle (als Frau) es ist, irgendwann selbst Mutter zu werden - und um ihre Auseinandersetzung damit, um ihr Hadern und Straucheln dabei. Somit geht es um Familie. Um Familie dreht es sich ja im Koreanischen eigentlich immer. Interessant für das deutsche Zuschauer*innenauge sind dabei die Dynamiken. Es scheint ´uns´ vielleicht befremdlich, wenn sich die Töchter (und Söhne) so viel von ihren Müttern gefallen lassen, wenn der Einfluss der Mütter so weit und so aktiv in das persönliche (verheiratete) Leben ihrer Kinder reicht. Doch das ist wohl nur für ´uns´ fremd. Es gibt eine bezeichnende Szene, in der alle vier Kolleginnen einer der Protagonistinnen nach der Arbeit in der Bank mit ihren Müttern telefonieren - es wird dabei offensichtlich, dass alle so ihre Abgrenzungsprobleme haben... aber das ist kein psychologisches Problem, sondern eine gesellschaftliche Gegebenheit konfuzianisch geprägter Weltordnung - und die südkoreanische Welt ist eben traditionell/historisch eher introvertiert auf das eigene Land und die eigene Familie konzentriert. Familie ist das Erste und das Größte. Das Familienoberhaupt hat das Sagen. Widerrede geht gar nicht, das ist eine Frage des Respekts. Dabei geht es um Verantwortung, um Dankbarkeit, um Demut (und um Demütigung). Gegenseitige Ausbeutung schippert da ebenfalls im Fahrwasser mit... In diesem Spannungsfeld bewegt sich die Familiendynamik und die wird gerade so auch in die Arbeitswelt und die dortigen Team- und Unternehmensstrukturen transponiert. Dieses Credo wird selbstverständlich immer wieder in Beton gegossen. Dieses Credo wird jedoch ebenfalls mal vorsichtig oder auch mal offensiv hinterfragt. Gerade so, wie es eben im Massenbewusstsein der Zeit (hier 2019) möglich ist.

 

Ich bin immer wieder fasziniert, mit welchem Herzblut sich die Schauspieler*innen ihren Rollen hingeben und die Geschichten mit so viel Leben füllen. Sie schaffen es mal früher, mal später, auch wenn es mit meinem Leben nichts zu tun hat, mich in ihre Welt mitzunehmen. In erster Linie betreibe ich dabei zwar meine Kultur- und Sprachstudien. Dass ich dies mit solcher Freude tue, habe ich allem voran auch ihnen zu verdanken.

 세상에서 제일 예쁜 내 딸 - Sesangeseo Jeil Yeppeun Nae Ttal

Lit.: Meine Tochter ist die Schönste auf der ganzen Welt

 

2019, 108 Episoden (à 35 Minuten)

 

Hauptdarsteller*innen:
-Kim Hae-sook
-Kim So-yeon
-Yoo Sun
-Kim Ha-kyung
-Park Geun-soo
-Nam Tae-boo
-Choi Myung-gil

 

Plot:

Es gibt mehrere Schauplätze: Das Ochsenschwanzsuppenrestaurant von Park Seon-ja, der Wohnblock, in dem ihre älteste Tochter Mi-seon mit Mann und sechsjähriger Tochter in unmittelbarer Nachbarschaft zu ihren Schwiegereltern lebt, das Marketing Team der HS Group, in der Seon-jas quasi adoptierte, zweitälteste Tochter Mi-ri arbeitet, das Umfeld der HS-Group Chefetage, in der Mi-ris biologische Mutter CEO ist, und ein kleiner Buchverlag, in dem die jüngste, Mi-hye, versucht, ihre Schreibblockade zu überwinden. Sie ist eigentlich eine begabte Schriftstellerin, leidet jedoch schon seit längerem darunter, dass sie im Trubel der Familienereignisse und da sie ständig im Restaurant mit eingebunden ist, keine Ruhe zum Schreiben findet.

 

Mi-seon und ihr Mann sind beide berufsstätig, daher hilft ihre Mutter schon mal im Haushalt und schaut nach der Tochter. Die benachbarte Schwiegermutter wiederum, hält sich aus aktiver Unterstützung bewusst heraus, mischt sich jedoch ansonsten gerne ein und schürt damit stets böses Blut. 

 

Mi-ri hat in ihrer Arbeit und als Leiterin des Marketing Teams der HS-Group einiges erreicht, doch in dem Moment, als ihr neuer Trainee in ihrer Abteilung anfängt und die neue CEO die Unternehmensleitung übernimmt, wird alles anders. Sie steht ihrer biologischen Mutter  gegenüber, der sie bis heute nicht vergeben hat, dass sie sie als Sechsjährige vor 28 Jahren alleine im Schnee stehen ließ. Zeitgleich verliebt sie sich in ihren neuen Mitarbeiter Han Tae-joo. Zu allem Übel sind sie alle drei auf verquere Weise mit dem Orbit der Han-Dynastie verwoben. An deren Spitze steht Han Jong-soo, der gerne dafür sorgt, dass sich die Erde in seinem Sinne dreht.

Druckversion | Sitemap
© Wörtertanz.com 2021-2024