KDrama nach Themen: Mehr Drama geht immer
"Uncle" spielt inmitten eines (teuren, aber begehrten) Gangnam-Apate Wohnkomplexes. "Uncle" kocht sein Drama-Menü mit bewährten Bestandteilen, kombiniert sie jedoch zunächst in ungewöhnlicher Mischung und kreiert so einige bunte Grüße aus der Küche mit eigenwilliger Würzmischung, bevor der eher solide Hauptgang folgt. In jedem Fall ist einiges an Makjang enthalten. Mehr Drama geht immer. Und falls man/frau dann nach der Hälfte meint, es wäre doch vielleicht geschafft und es könnte Frieden einkehren, fährt das Makjang-Karussell auch schon wieder in hohem Tempo rückwärts.
Die unterirdische Boshaftigkeit der Menschen findet hier wieder einmal seine abgründige Plattform. Doch ebenso das, was Herz und Verstand dem mutig und kreativ entgegenzusetzen haben. Die Boshaftigkeit ist dabei in der Welt der arroganten Reichen und noch Reicheren zuhause. Das Herz bei den vergleichsweise einfachen Menschen. In dem Fall erzählt das KDrama die Geschichte eines mittellosen, einst übers Ohr gehauenen Musikers, der sich überraschend in seiner Funktion als Onkel bewähren muss und Verantwortung übernimmt, wie er (und andere) es kaum für möglich gehalten hätten. Sein Umfeld wird bunt gezeichnet mit einer Truppe unkonventioneller Zeitgenoss*innen, in deren Mitte tatsächlich eine Dragqueen steht, die eine Bar leitet. Das ist ungewöhnlich fortschrittlich für ein KDrama, aber sehr stimmig für die Story. So treffen altverkrustete (und ganz offensichtlich problematisierte) gesellschaftliche Gegebenheiten pointiert auf ein neues, modernes, selbstbewusstes Selbstverständnis, das sich aus engen Strukturen befreien will. Die Macht der Mächtigen präsentiert sich dabei sowohl in Form ihres materiell begründeten Einflusses, als auch in Hinblick auf die emotional traumatisierende Kraft, die ihre Opfer durch Unterdrückung und erlernte Hilflosigkeit oftmals geradezu handlungsunfähig erstarren lässt. Der Befreiungskampf aus diesen wie in Stein gemeißelten Strukturen, die immer noch so sehr auf Gehorsam, Unterwürfigkeit und Korruption bauen, ist hart, geradezu brutal stellenweise. Hier bekommt jedenfalls der Befreiungskampf einen neuen Drall, stellenweise sogar richtig schwungvoll innovativen Elan, auch wenn es kein bisschen einfach ist. Eher zermürbend stellenweise. Dies ist das Thema der Story.
Die Geschichte eines gescheiterten Musikers, der seiner traumatisierten Schwester mit ihrem ebenfalls traumatisierten Sohn nach schwerer Trennung unterstützend zur Seite steht und bei der Gelegenheit auch seine eigenen unverarbeiteten Selbstzweifel aufarbeitet, ist nicht in Südkorea geboren. Doch sie passt dort wohl sehr in die Zeit und wurde in ihr ganz spezielles Lokalkolorit getaucht, um sozialkritische Themen im unterhaltsamen (hier und da auch klischeehaftem) Gewand vorzuführen. Das ist mal sehr auf der humorvollen Seite und man/frau hat durchaus Spaß. Das ist jedoch auch emotional brutal und stellenweise sehr dramatisch. Da will sich "Uncle" nicht auf ein Genre festlegen lassen.
Hier hat übrigens Oh Jung-se erstmals eine Hauptrolle und füllt sie mühelos. In den letzten Jahren hat er sich sukzessive von der reinen Nebenrolle über die Protagonist*in unterstützende Nebenfigur zum Lead Actor gemausert. Doch auch um ihn herum wurde stark besetzt.
엉클 - Eongkeul
Lit.: Onkel (anglizistisch)
2021, 16 Epsioden
Hauptdarsteller*innen:
-Oh Jung-se
-Jeon Hye-jin
-Lee Kyung-hoon
-Park Sun-young
-Lee Sang-woo
-Lee Si-won
Plot:
Randnotiz vorab:
Der Finger zeigt mal wieder auf die Reichen und noch Reicheren. Es geht um das Leben in einem der teuren ´Apates´ in Gangnam. Um eine soziale Durchmischung zu erreichen, werden dort sowohl Eigentumswohnungen, als auch Mietwohnungen angeboten. Dennoch gibt es für Mietinteressent*innen eine Vorauslese, denn die Kautionen sind sehr hoch. Vielen statusverliebten Eigentümer*innen sind die Mieter*innen in ihrem Haus (wie so oft überall auf diesem Planeten) ein Dorn im Auge, da sie ihrer Meinung die Preissteigerung ihres Investments beeinträchtigen könnten und/oder das Gefühl, als elitäre Schicht ´unter sich´ zu sein, stören.
In der Gangam-Hochhaussiedlung "Royal State" hat eine Gruppe von Müttern das Sagen, die sich in aller nicht vorhandenen Bescheidenheit "Diamanten" ("Momvely") nennen. (Ein Wortspiel das die ´Moms´ mit dem Gedanken einer besonders wertvollen, geadelten Auslese vereint.) Diese Gruppe jongliert mit der Macht ihres Netzwerkes die Geschicke im Viertel - die betreffen insbesondere ihre Kinder als ihr verlängertes Ich, die Qualität deren Schulbildung und erfolgsgarantierende Prüfungsvorbereitung. Das geht jedoch so weit, dass "Momvely" wenn nötig ein Geschäft in den Ruin treiben kann (bzw. vice versa) oder dafür sorgt, dass jemand im Viertel keine (bzw. eine) Anstellung erhält. Dazu ist die Anführerin auch gut mit weiteren einflussreichen Entscheidungsträgern vernetzt.
Wang Joon-hee ist just von ihrem gewalttätigen Mann - reicher Sprössling eines Jaebeol-Clans - geschieden. Über ein Jahrzehnt hatte sie am eigenen Leib Gewalt durch Ehemann und Schwiegermutter erfahren und zudem auch zusehen müssen, wie ihr Sohn Min Ji-hoo bei mangelnder schulischer Leistung geschlagen und hart bestraft wurde. Sie ist nun zusammen mit ihrem Sohn durch heimliche Vermittlung einer Freundin in einer Apate-Siedlung untergetaucht. Durch die traumatische Vergangenheit wurde sie selbst zur Alkoholikerin und ihr Sohn hat ebenfalls psychische Probleme. Um Berufsalltag und alleinige Erziehung meistern zu können, bittet sie schweren Herzens ihren Bruder Wang Joon-hyuk um Hilfe. Einst hatte er als Musiker einen Hit, doch wurde um seinen Erfolg betrogen. Auch seine eigene Familie hatte ihn um Geld geprellt, so dass er seitdem zurückgezogen ein einfaches Leben führt und von niemand etwas wissen will.
Nach einigem hin und her lässt er sich dann doch darauf ein und zieht zu Schwester und Neffe in die Hochhauswohnung. Auf seine ganz eigen Art stellt er sich dieser recht speziellen, von wohlhabenden, um Status und Schulerfolg ihrer Kinder bemühten Müttern dominierten Welt. Die wollen weder ihn, noch den kleinen Ji-hoo, noch die alleinerziehende Joon-hee. Letztere unterzieht sich Entzug und Reha. In der Zwischenzeit sind Onkel und Neffe auf sich alleine gestellt. Sie finden holprig einen innigen Weg zueinander - da hilft die Musik. Gemeinsam nehmen sie so manche Hürde, um sich in Schule und Nachbarschaft zu bewähren.
Die neu hinzugezogene Familie, deren befremdliches Familienoberhaupt der ´Onkel´ ist, wird als Outcast in Schule und Nachbarschaft öffentlich gebrandmarkt. Dennoch findet Joon-hyuk mit Hilfe seines Neffen und eines unkonventionelle Netzwerks aus Freunden Wege in die Herzen seiner Mitmenschen und bewegt so etwas wie Widerstand gegen die kühl berechnende Anführer Mutter, die für ihre ambitionierten Ziele auch über Leichen gehen würde. Wer hätte gedacht, dass diese sich - wie es der KDrama-Zufall so will - in ihrer Verzweiflung just mit dem geschiedenen Jaebeol-Clan zusammentun würde...