KDrama nach Themen: Crime & Politics
"Reborn Rich" bringt frischen Wind in das allzeit gerne porträtierte Jaebeol-Milieu. Die Story mischt darin mit einer guten Portion "Zeit und Raum sind relativ" den Lauf der Dinge auf und bearbeitet dabei zugleich ein topaktuelles Thema der Zeit: Die inzwischen abflachende Turbodynamik der wirtschaftlichen Entwicklungen, die Südkorea in der Folge der Asienkrise als Pionier des Digitalisierungszeitalters weltweit auf Spitzenplätzen positionierte. Die Story kommt zu einem Zeitpunkt, wo sich im Land eine erste schwermütige Müdigkeit breit macht. Faszinierend, wie die Kreativwirtschaft zu diesem Zeitpunkt dem Trend munter eine positive, optimistische, innovative Blaupause vorhält - auf die Web-Novel "Jüngster Sohn im Hause der Jaebeol" folgt die Verfilmung als Serie.
Die Einschaltquoten im Land gehen durch die Decke. Nach der Hälfte schon haben sich die Zahlen verdreifacht und auch weiter gab es kein Halten. Die Story trifft ins Mark. Die Rechte sind außerdem großzügig an internationale Streaming Plattformen veräußert worden. Die Story rund um weitsichtig intelligentes, mutig beherztes, ambitioniertes und zugleich gegenüber Konkurrenten rücksichtsloses Unternehmertum zieht weite Kreise und begeistert weltweit. Das steckt viel optimistischer Esprit drin rund um einen Wachstumsgeist, dem doch eigentlich vorhergesagt wird, dass er in der uns vertrauten Form auszusterben droht. In "Reborn Rich" jedenfalls rocken spritzige Ideen für Innovation und unerschrockene Kapitalisten die Show. Genialer dramaturgischer Schachzug: Der Patriarch erster Jaebeol-Stunden trifft auf den jungen, neuen, digitalen Zeitgeist. Charmant. Knallhart. Verschmitzt. Und in ihrer beider Absicht, Gewinn weitsichtig zu mehren, sind sich Enkel und Opa eins. Das Rezept kommt an: Relaunch und Remake der Jaebeol-Helden erster Stunde, 4.0 sozusagen. Das macht Hoffnung und gute Laune. Genau zur rechten Zeit.
Die Regierung verordnet und unterstützt aktiv Innovationen, fördert mit großen Summen Technikfächer an Hochschulen, kappt dafür geisteswissenschaftliche Institute und setzt ´All in´ auf die Wachstumsbranchen. Doch, obwohl zwei Drittel der jungen Menschen eine Universitätsausbildung vorweisen können, finden 12,5 Prozent der bis 29 Jahre alten Erwerbsfähigen Anfang der 2020er keinen Job. So ernüchternd waren die Zahlen zuletzt während der Asienkrise. Und: die Gesellschaft überaltert. Das Bruttoinlandprodukt ist zwar aktuell (Anfang 2020er Jahre) noch auf Wachstumskurs, mit jährlich knapp 3% jedoch von jenen schwindelerregenden Dynamiken der Post-Asienkrisenjahre und deren BIP-Zahlen, die dreimal höher waren, weit entfernt.
Südkoreas Konzerngründer besitzen immer noch Heldenstatus. Doch das bewährte System ist ausgelaugt. Die nachfolgenden Jaebeol-Generationen machen sich gegenseitig das Leben mit Erbstreitereien schwer und leben selbstverliebt ihren praktisch geadelten Status hemmungslos aus. Sie haben ein erfolgsversprechendes, visionäres Wachstum, soziale Verantwortung und das nationale Wohlergehen längst aus den Augen verloren. Es braucht neue erfolgsversprechende Impulse. "Reborn Rich" findet eine gelungene Ausdrucksform für diese diffizile, national emotionale Gemengelage.
Der in die Jaebeol Dynastie unvermittelt hineingeborene jüngste Enkel des Konzerngründers der Soonjang Gruppe ist kein verwöhnter Jaebeol, sondern ein intelligenter, fleißiger, kreativ denkender, anpassungsfähiger junger Mann, der ursprünglich (vor seiner unvermittelten Wiedergeburt) 2022 als ´Mädchen für alles´ (tatsächlich als leitender Finanzmanager) im Dienst der Soonyang Jaebeol beschäftigt war (und dort auch reichlich schikaniert wurde). Der Konzerngründer und nun (in seinem 2. Leben) sein Großvater war eigentlich ein Vorbild für ihn gewesen. Dessen Biographie kennt er fast auswendig. Aus dem unter dem Jaebeol Himmel wieder geborenen Jüngling wird ein cleverer Jurist und Investor, der seinem ´Opa´ auf Augenhöhe das Wasser reichen kann.
Zugegeben, da wird auch etwas (Zeit und Raum sind relativ?) geschummelt, denn der jüngste Enkel profiliert sich mit seinem beachtlichen Unternehmergenie ja aufgrund von Wissen aus der Zukunft, was ihm nicht unerhebliche Vorteile in der Konkurrenz mit dem Rest des Jaebeol Clans verschafft...
Dennoch: Der ambitionierte Fake-Jaebeol Enkel wäre einer, den das Land heute braucht. Sozial verantwortungsbewusst. Geerdet. Visionär. Mutig. OHNE (!) den Schmodder der ansonsten meist elitär abgehobenen Jaebeol-Sprösslinge. Stattdessen MIT dem unerschrockenen, hochmotivierten und visionären Esprit der ersten Jaebeol, die dem Land im Narrativ des Volkes Wohlstand und Ansehen brachten.
Die Themen, Herausforderungen und Probleme, denen sich die Soonyang Gruppe gegenüber sieht, kommen einem unterhaltsamen historischen Abriss jener turbodynamischen Entwicklungsphase Südkoreas gleich, die das Land in das hochdigitalisierte Konsumparadies der letzten knapp 2 Jahrzehnte führte. Obendrein darf sich auch Justitia in ihrem schweren Kampf gegen korrupte Netzwerke etwas Raum nehmen.
In "Reborn Rich" trifft alte Energie auf aktuellen Zeitgeist und ringt praktisch in kämpferischem Sportsgeist um die konstruktive ökonomische Gesinnung einer neuen, zukunftsweisenden Energie. "Reborn Rich" verspricht reichlich Spaß, Spannung und Serienvergnügen vor ernstem Hintergrund. Die pointiert porträtierte Opa-Enkel-Dynamik ist mit Song Joong-ki und Lee Sung-min zudem äußerst gelungen besetzt. Ich würde sagen, ein Prädikat "wertvoll" hat sich die knackige Serie redlich verdient.
Background: Apropos Asienkrise und IWF in Südkorea
Die Asien-Krise der 1990er Jahre brachte Südkorea an den Rande des Staatsbankrotts. Banken, sowie große und kleine Unternehmen mussten Konkurs anmelden, viele Menschen verloren ihre Arbeit, ihr Vermögen, ihre Perspektive.
In Südkorea ist jedoch bezeichnender Weise die Rede von der IWF-Krise. Das kommt daher, dass die Menschen die harten Auflagen des Internationalen Währungsfonds (IWF), die massive Eingriffe in die bestehenden Strukturen des Landes gleichkamen, annähernd als kolonialistische Übergriffe erlebten - wie damals durch die Japaner. Tatsächlich stellte der IWF Südkorea den bis dato größten Kredit (57 Mrd. Dollar) zur Verfügung, um das Land vor dem Ruin zu retten. Parallel brachte das als Kollektiv patriotisch motivierte Volk einzigartige Opfer, die bis zum Verkauf des eigenen Goldes im Dienste des nationalen Vorteils und den konsequent disziplinierten Verzicht auf Exportartikel reichten. Die Kombination aus finanzieller Hilfe von außen, Disziplin und Opferbereitschaft im Innern sowie gezielten wirtschaftspolitischen Restrukturierungsmaßnahmen manövrierten Südkorea in erstaunlicher Geschwindigkeit aus der Rezession heraus und torpedierte das Land gleichsam in den ungeahnten Wohlstand einer erstklassig digitalisierten Konsumgesellschaft. Hiervon zehrt das Land noch heute, doch langsam ist die Luft raus...
재벌집 막내아들 - Jaebeoljip Mangnaeadeul
Lit.: Jüngster Sohn der Jaebeol-Familie
2022, 16 Episoden
Hauptdarsteller*innen:
-Song Joong-ki
-Lee Sung-min
-Shin Hyun-been
-Yoon Je-moon
-Jo Han-chul
-Park Hyuk-kwon
Plot:
Yoon Hyun-woo ist Assistent für die Chefetage der Soonyang Gruppe. Er hat sich an die exaltierten Eskapaden des Jaebeol-Clans gewöhnt. Allerdings gerät er unter die Räder der Erbstreitereien, wird verraten und schließlich sogar ermordet.
Alles zurück auf Los. 1987. Aus Yoon Hyun-woo wurde auf magische Weise Jin Do-jun, der jüngste Enkel des Gründervaters der Soonyang Gruppe. Aus der Not eine Tugend machen, darin war Hyun-woo schon zuvor äußerst geübt. So auch jetzt. Er nutzt sein Wissen um die Familienverhältnisse und die wirtschaftlichen Entwicklungen der kommenden Jahrzehnte, um seine Position innerhalb und außerhalb des Jaebeol Clans solide aufzubauen und im geeigneten Moment Rache zu üben. Währenddessen gewinnt er durchaus Gefallen an seiner neuen Identität, am sportlichen Machtkampf mit seinem Großvater (und bewundertem Vorbild), sowie an den Möglichkeiten, die sich nun für ihn ergeben. Allerdings gilt auch in dieser Inkarnation: die Gefahr, unter die Räder der familieninternen Rivalitäten zu geraten, ist groß.