Unterwegs im Koreanischen
Unterwegs im Koreanischen

KDrama nach Themen: Zeit und Raum sind relativ

Revenant

"Revenant" ist für jene, die jenseitige Gefilde nicht scheuen, sicherlich ein KDrama, das man/frau gesehen haben muss. Hier stimmt so ziemlich alles. "Revenant" ist ein Krimi, der Zeit und Raum transzendiert, ein Thriller, der eine Welt umfasst, die mehr ist, als sich mit bloßem Auge und rationalem Verstand erschließen lässt. "Revenant" lässt sich ebenfalls als ein KDrama bezeichnen, das dem Horror-Mystery Genre entspringt. Doch es darauf zu reduzieren würde der Produktion nicht gerecht.

 

Dämonen, Geister von Verstorbenen, Menschen, die solche Wesenheiten sehen können, und Menschen, die von diesen Wesenheiten besetzt werden, das alles ist in der südkoreanischen Kultur traditionell stark verankert. Bis heute sind Volksglaube und Schamanismus gegenwärtig - mal mehr, mal weniger, mal gar nicht handlungsrelevant für die Einzelnen, dennoch gegenwärtig. Im Massenbewusstsein hat die übersinnliche Welt über die Jahrtausende hinweg einen festen Platz behalten. Und "Revenant" bezieht sich ausdrücklich darauf. Schamanistische Rituale haben hier ihre Hände mit im Spiel. Allerdings leider ohne dabei substanziell in die Tiefen zu gehen.) So gesehen ist "Revenant" keine ungewöhnliche KDrama Produktion für das südkoreanische Publikum. Zugleich handelt es sich um eine Produktion, die zeitnah über die Disney-Streaming Plattform ebenfalls das internationale Publikum erreicht. Damit exportiert diese Serie auch ein Stück der reichhaltigen Volkskultur über die Landesgrenzen hinaus. 

 

In "Revenant" zeigen Kim Tae-ri und Oh Jung-se (wieder einmal), was in ihnen steckt. Doch generell zeichnet sich das KDrama durch ein gelungenes Casting aus. Das Schauspiel allein macht es schon sehenswert. Außerdem ist die Story ist spannend und differenziert in ihrer Komplexität. Sie schöpft dabei aus der langen Tradition des südkoreanischen Schamanismus und vermengt sie mit einem modernen wissenschaftlichen Zugang einerseits, sowie verschiedenen persönlichen Haltungen diesbezüglich andererseits. Der Reiz von "Revenant" liegt dabei in der dramaturgisch intelligenten und schauspielerisch faszinierend dargebotenen Verflechtung von Krimi, kulturverankertem Volksglaube und Multidimensionalität des Seins. In dieser Geschichte werden Menschen von den Geistern Verstorbener besetzt und können so in geradezu verbrecherischer Manier agieren. Mit konventioneller Ermittlungsarbeit sind die Opfer solcher Astralwesen, die ihre Absichten durch ihre geistige Besetzung menschlicher Körper materialisieren, schwer aufzudecken. 

 

Für mich stellt "Revenant" jedoch nicht nur ein weiteres Highlight in einer vor Geistern eher unerschrockenen KDrama Tradition dar. Die Produktion ist außerdem eine von auffällig vielen Zeit und Raum sowie Diesseits und Jenseits transzendierenden KDramen, die 2023 die Screens via TV-Sender oder Streaming-Plattformen fluten. Es hat sich schon 2022 angedeutet, doch 2023 geht weit darüber hinaus: Geister, Dämonen, Reinkarnationen, Zeitreisen - die Welten überlagern sich zu Hauf, überschneiden sich, vermengen sich; Zeit und Raum sind definitiv relativ geworden. Der Vorhang zwischen den Seins-Dimensionen hat sich in letzter Zeit merklich gelüftet. Multidimensionales Sein ist nicht nur benannt und bekannt, sondern wird auch im weltweiten Massenbewusstsein zunehmend zur Normalität. Multidimensionalität ist etwas, womit sich die Menschen zunehmend (gerne) auseinandersetzen. Die Protagonist*innen in der Story, doch auch die Zuschauer*innen - in Südkorea, doch via Stream auch sonst wo auf diesem Planeten.

 

Südkorea hat damit aus Tradition keine Berührungsängste und geht im kreativen Umgang mit dem damit verknüpften Themenpool beherzt voran. Außer "Revenant" wurden 2023 u.a. "Island", "My Perfect Stranger", "See you in my 19th Life", "Heartbeat", "Durian´s Affair" und "Miraculous Brother" auf den Serienmarkt geworfen. Diese Liste ist bestimmt nicht vollständig, sondern bezieht sich nur mal auf das, was meine Horizonte bislang berührt hat. Das Jahr ist noch nicht um. (Zum Zeitpunkt, da ich dies schreibe, haben wir erst Juli 2023).

 

Generell finde ich das durchaus inspirierend. (Auch wenn nicht immer alles logisch völlig befriedigend daherkommen mag.) Zumal es uns (Menschen) in der Auseinandersetzung mit multidimensionalen Räumen, Zeiten und Wesenheiten immer wieder auf uns selbst zurückwirft und dabei neue Perspektiven darauf eröffnen kann, was uns ausmacht - das menschliche Mensch-Sein. 

 

 

 

PS:

Ein wohltuende Erkenntnis, die "Revenant" (irgendwo am Rande) zu bieten hat: die ´böse´ Absichten der Astralwesen können nur sooo böse sein (beziehungsweise wirksam werden), wie der menschliche ´Host´ es zulässt. An irgendeiner Stelle muss der Mensch sein ´Ok´ geben. Wenn ein Mensch keinerlei Groll oder Gier hegt und in sich gelassen ruht, dann lässt sich für umherwandelnde Geister in den erdnahen Bereichen durch diesen Menschen nicht viel Unheil anrichten. Das wäre doch mal eine gute Nachricht...

Leider, leider sind aber bekanntlich nur sehr wenige Menschen derart mit sich und der Umwelt im Reinen... Im Gegenteil: die bittere Erkenntnis bei alledem: Menschen sind hier, verglichen mit den Geistern, im Grunde gar die potenziell erschreckenderen Kreaturen...

악귀 - Akgwi

Lit.: Teufel

 

2023, 12 Episoden

 

Hauptdarsteller*innen:

-Kim Tae-ri
-Oh Jung-se
-Hong Kyung

 

Plot:

Ein Ethnologe, hochgradig spezialisiert auf Geisterwelten, stirbt eines mysteriösen Todes. War es Selbstmord? Ein Kollege, der im selben Spezialgebiet forscht, hat seine Zweifel. Er ist in der Lage, Geister zu sehen. Und er hat unter anderem auch gesehen, dass die Tochter des Verstorbenen, die durch Geldnöte gepeinigte Gu San-yeong, von einem Geist besetzt ist. Einem hungrigen Geist, der ihm vertraut scheint. Derweil sterben noch einige mehr.

 

Lee Hong-sae, als Ermittler mit jenen Fällen betraut, stolpert bei seinen Nachforschungen immer wieder über San-yeong, die er aus Schulzeiten kennt.  An Geister glaubt er nicht. Doch er kann auch nicht glauben, dass San-yeong sich seit damals so sehr verändert haben könnte, dass sie als Mörderin in Frage käme... 

Druckversion | Sitemap
© Wörtertanz.com 2021-2024