KDrama nach Themen: Historiendramen
"Queen Woo" weckt (bei mir) ambivalente Gefühle. Für mich erweist sich dieses KDrama zwar als in gewisser Hinsicht unbefriedigend, nichtsdestotrotz führt es als KDrama-Produktion mal wieder eindrucksvoll die eigene erzählerische Klasse des ´KDramas´ vor.
Die schauspielerische Ausstrahlung ist exzellent, die Geschichte mit wenigen dramaturgischen Motiven stylisch eindrucksvoll inszeniert. Eine intelligente, starke Frau, die sich nicht auf ihr Frausein reduzieren lassen will, (und die es so tatsächlich gab), steht dabei im Rampenlicht. Sie weiß, was sie will. Sie hat Talente und Fertigkeiten, die landläufig eher Männern zugeschrieben werden. Sie wird flankiert von einigen machtvollen und machthungrigen Männern, die sie lieber als hilflos manipulierbare Schachfigur sehen würden. Das ist sie nicht.
"Queen Woo" ist eines der wenigen Historiendramen, die zur Zeit des frühen Königreichs Goguryeo spielen und von einer Königin erzählen, der es tatsächlich gelungen ist, zwei Mal als Königin über ihr Reich zu herrschen.
Es gibt 8 Folgen. Diese legen den Schwerpunkt (leider) auf Kampf- und Fluchtszenen. "Queen Woo" ist geradezu orgienhaft kampflastig, blutrünstig und freizügig. Soll damit demonstriert werden, wie wild und brutal das Leben um 200 war? Oder soll vielleicht eher das KDrama als feste Größe auch für ein breites männliche Publikum salonfähig gemacht werden? Die Produktion ist jedenfalls bewusst für das Streaming Publikum gemacht. Manchmal hatte ich fast den Eindruck, dass das historische Setting lediglich als Kulisse dienen sollte, um martialische, nahezu bestialische und dann auch noch ein paar für ein KDrama eher unpassend freizügige Szenen in HD in loser Folge aneinanderreihen zu können...
Und doch, es ist eben nicht ´nur´ so. Auf der Pro-Seite: die Serie wurde äußerst gelungen besetzt. Alle füllen ihre Rollen mit großer Ausstrahlung vorzüglich aus. So gewinnt das KDrama etwas an Tiefenwirkung. Visuelle Effekte, Kamera, Licht und Choreographie tragen ebenfalls zu einer gewissen Klasse bei. Dramaturgisch ein wirklich gelungener Schachzug, um das blutige Handlungsgefüge dann doch noch mit einem tiefgründigen Leitmotiv einzufangen: Janggi, eine koreanische Version von Schach, die dem chinesischen Xiangqi ähnelt (siehe dazu auch weiter unten). Die Königin spielt dies gerne mit dem Premierminister. Darüber kommen sie sich näher, führen einige Gefechte in ihren Köpfen und tauschen sich in diesem Zusammenhang auch kryptisch, unverfänglich über ihre Wünsche und Hoffnungen aus.
Insgesamt wird die Geschichte eher rudimentär erzählt, allerdings mit eindrücklichen Rückblicken à la KDrama, die emotional plastisch und plakativ Einblick in die tieferen Persönlichkeitsschichten der Protagonist*innen vermitteln sollen. Das muss reichen. Und das tut es. So entwickelt sich die eher skizzenhaft gezeichnete, hochgradig ästhetisierte Story, die in ihrem engen Zeitfenster dann doch auch einiges an Spannung aufbaut... der Königin bleiben nur 24 Stunden, wenn sie ihr Leben und das ihrer restlichen Familie retten will.
"Queen Woo" kommt zwar in historischen Gewändern, dennoch wird Historisches eher zur Nebensache. Klar, das Königreich setzt sich als Federation der historischen fünf Stämme zusammen. Klar, die Königin (plötzlich ohne König) muss um ihr Leben fürchten und sich beeilen, einen der Prinzen als neuen Gemahl zu gewinnen - ein historisches Beispiel von Leviratsehe, wenn der Bruder eines Verstorbenen dessen Frau (und nun Witwe) heiratet. In Goguryeo, zu einer Zeit, als Stammes-Strukturen noch besonders ausgeprägt waren, war das durchaus legitim. Klar, es gibt Machtkämpfe und Intrigen um Thron und Herrschaft. Doch über das Wirken und Herrschen der historischen Königin U und über ihr Leben erfahren wir wenig. Ein (kritisches) Segment ihrer Zeit als Königin U wurde da herausgepickt - der Tod des Königs - und ein weiteres, das sie auch weiterhin in Atem halten sollte, angedeutet - die Tatsache, dass sie offenbar keine Kinder bekommen kann. Das Ende im KDrama ist keinesfalls das Ende ihrer Zeit als Königin. Das Ende in "Queen Woo" wirkt da dann doch irgendwie unmotiviert abrupt. Das weitere Leben der Königin U hätte da noch einiges an Drama und Intrigen geboten, allerdings, zugegeben, mit weniger Raum für das Schwert...
Alles in allem ist die Serie dann doch erstaunlich gelungen. Sicherlich, ich hätte mir dies und das anders gewünscht und man/frau muss bestimmt nicht alles gut finden, doch schlecht ist das KDrama deswegen keinesfalls. Es vermag das Publikum durchaus in seinen Bann zu ziehen. Das Pensum an blutrünstiger Gewaltinszenierung ist Geschmacksache, doch "Queen Woo" ist eben auch mehr als das. Selbst die härtesten Jungs zeigen sich berührbar. Es fließt nicht nur Blut. Auch die emotionalen Saiten kommen zum Klingen. Täter sind ebenfalls Opfer. Opfer werden zu Tätern. Und wieder einmal bleibt sich das KDrama in einem erstaunlichen Balanceakt auch in dieser härteren Ausführung seinem eigenen, unverwechselbaren Stil treu…
PS.:
Janggi,
...eine sehr alte koreanische Version von Schach.
Die Figuren bewegen sich dabei auf 9x10 Linien, die 90 Schnittpunkte aufweisen. Janggi erfordert strategisches Geschick und entwickelt sich zu einem mentalen Kampf, bei dem Kalkül, Geduld, Flexibilität und Weitsicht entscheidend sind. Ein Spiel kann durchaus bis zu 150 Züge umfassen und zieht sich weit länger hin als das Schach westlicher Tradition. Die Spielfiguren umfassen den General als zentrale Figur sowie Palastwachen, Pferde, Elefanten, Wagen, Kanonen und Soldaten. Das Ziel besteht darin, den gegnerischen General schachmatt zu setzen.
우씨왕후 - Ussiwanghu
Lit.: Königin U
2024, 8 Episoden
Hauptdarsteller*innen:
-Jeon Jong-seo
-Kim Mu-yeol
-Ji Chang-wook
-Jeong Yu-mi
-Lee Soo-hyuk
-Park Ji-hwan
Plot:
Königin U ist mit König Gogukcheon, dem 9. König von Goguryeo, verheiratet. Der kommt nach langer, kräftezehrender Schlacht endlich wieder an den Palast zurück, nur um sich dort mit internen Intrigen
auseinandersetzen zu müssen.
Nach dem ungeklärten Tod des Königs hoffen einige, sich das Machtvakuum zu Nutzen machen zu können. Ohne ihren König ist das Leben der Königin und ihrer gesamten Familie in Gefahr. Sie hatte mit dem König kein Kind zeugen können. Ohne Thronerben hat sie nun keine Funktion mehr. Ihr bleibt nur ein Ausweg: innerhalb von 24 Stunden einen der Prinzen als neuen König an ihrer Seite zu gewinnen. Aber welchen nur?