Unterwegs im Koreanischen
Unterwegs im Koreanischen

KDrama nach Themen: Mehr Drama geht immer

Motel California

Prolog:

„Motel California“ wartete mit einer Variation von ´Mehr Drama geht immer´ auf - wir fahren dabei im Rückwärtsgang sozusagen. Je mehr wir von der Vergangenheit erfahren, desto gewaltiger türmt es sich im JETZT auf…

Da ist viel Drama drin. Schwere auch, aber nicht nur. "Motel California" ist in sich rund, aber nicht gefällig. Voll ambivalenter Gefühle, die dennoch subtil eine seltsame Wärme erzeugen, denn es geht um Menschen. Zutiefst verletzte, verunsicherte, darunter auch verbitterte Menschen, die versuchen, ihr Leid beiseite zu packen, zu verdrängen gar, und ihr Leben trotzdem so gut es geht zu leben. 

"Motel California" ist fordernd, denn auf diese Menschen müssen wir uns einlassen und unser Herz für sie öffnen. Auch wenn es insbesondere anfangs schwer fällt… 

Eine bittere, bewegende und dann doch schöne Geschichte über trotz ihrer Makel und Mängel liebenswerte Menschen. 

 

 

 

 

 

„Motel California“ ist eine heilsame Geschichte inmitten einer strukturell krankmachenden, toxischen Arbeits- und Lebenswelt. Da geht es zuallererst um die ´gute´ Herkunft, den äußeren Eindruck, die ´richtige´ Bildungsstätte, das ´richtige Geschlecht (männlich), sowie um Ausbeutung, Diskriminierung und Mobbing.

Es handelt sich zudem um eine Geschichte über die Liebe. Vorrangig um die zwischen einem Jungen und einem Mädchen. Wobei sich das Mädchen letztlich als zutiefst traurige Einzelkämpferin durchs Leben schlägt, nachdem sie auch noch den einzigen treuen Gefährten zurücklassen muss – der einzige, der sie in ihren Augen in der für sie abweisenden, kalten Welt je hat Wärme, bedingungsloses Vertrauen, Zuverlässigkeit und Fürsorge erfahren lassen.

Es handelt sich bei „Motel California“ zudem um eine komplexe Geschichte, in der noch viel mehr tiefschichtige Konflikte und emotionales Drama drin stecken, als sich uns auf den ersten Blick offenbaren. Dabei liefern die immer wieder eingestreuten Rückblicke sukzessive immer weitere wertvolle Erkenntnisse. So können wird das, was sich uns „heute“ präsentiert, besser verstehen. Dementsprechend rücken wir den Protagonist*innen erst mit der Zeit, d.h. im Verlauf der zweiten Hälfte, gefühlsmäßig näher.

 

„Motel California“ erzählt vom komplizierten Leben, von großem Schmerz, und dabei allem voran von dem der Protagonistin, die mit einem verstörend abweisenden Panzer durchs Leben poltert. Doch noch einige mehr tragen Verletzungen und Narben mit sich. Wunderbare Schauspieler*innen helfen uns in ihrer starken Darstellung, das Drama im Drama besser mitzufühlen.

Die Story, die auf einer Buchvorlage basiert, arbeitet anspruchsvolles Material auf. Mutig, denn das, was die beiden Protagonist*innen innerlich quält und antreibt, ist für Außenstehende nicht immer gefällig. Insbesondere die Protagonistin ist mit ihrem unbelehrbaren Trotz und ihrer Maßlosigkeit manchmal schwer zu ertragen. Zudem kann ihr tiefer Schmerz, der ihr stellenweise regelrecht aus den Augen quillt, ganz schön nahe gehen. Dafür, sich in einem KDrama an solch finstere emotionale Realitäten im ansonsten hochglanzpolierten Südkorea 2025 trotzdem ran zu wagen, und für Lee Se-young, sich dieser schwierigen, schwer verletzten, ambivalenten und verunsicherten Figur der Ji Kang Hee anzunehmen, die auf scheinbar verlorenem Posten gegen den Rest der Welt kämpft, gibt es von mir das Prädikat „wertvoll“.

 

Dies ist kein unbeschwertes KDrama. „Motel California“ ist keine leichte Kost. Dennoch wird die latente Schwere immer wieder auch durch seelenwärmende Szenen aufgelöst oder durch pointiert eingestreute, humorvoll angelegte Szenen kanalisiert. Zwischen den Zeilen sind immer wieder wohltuende Details in Dialogen, Szenenbildern und Lichtstimmungen eingestreut.

 

Das, was sich letztlich dann doch als eine Liebesgeschichte entpuppt, präsentiert sich uns insbesondere zu Beginn etwas befremdlich. Zunächst gar als eine Studie über die fast schon verzweifelte emotionale Abhängigkeit zwischen einem Mann und einer Frau, die sich als ziemlich verkorkste Liebesbeziehung etwas unbeholfen und manchmal regelrecht unangebracht in ihrer Ambivalenz einen Weg im steinigen Terrain sucht. Mit der Zeit erschließen sich uns jedoch die Charaktere, ihre Motive und Hintergründe, sowie ihre nicht aufgearbeiteten, unerlösten Schuldgefühle etwas mehr. Mitgefühl macht sich breit. Und zwar so richtig. Das ist KDrama par excellence. Es lohnt sich, dabeizubleiben und die beiden (und alle anderen auch!) nicht im Stich zu lassen.

 

Schicht für Schicht wird der Mantel des Vergessens und Verdrängens behutsam über die 12 Folgen hinweg abgetragen. Dieser Mantel hatte sich zwar durchaus auch schützend über die unerlösten Gefühle aller Beteiligten gelegt, doch letztlich entpuppt er sich als emotionales Gefängnis, das lange Zeit authentische, aufrichtige Begegnung und offene Kommunikation verhindert hat, die Heilung erst ermöglicht.

 

Das ´Motel California´ steht letztlich für das nährende Gefäß für solche Begegnung und Heilung. Symbolisch steht es in der Geschichte für Herkunft, Lebenstraum, Stigma und Chance gleichermaßen. „Home, Bitter Home“, so lautet der Titel der zugrunde liegenden Buchvorlage. Das ´Motel California´ bildet geradezu eine Insel im Meer grausamer Gerüchteküchen, sozialer Kontrolle, sozialer Ächtungen und Ausgrenzungen. Ein Refugium sozusagen.

 

Der Name des Motels – „California“ – repräsentiert den Traum von einer anderen Welt.

Das Motel als Etablissement wiederum steht für das, wofür sich die Protagonistin in ihrer Kindheit stets schämen musste. Für das, wodurch sie als Kind das schmerzhafte ´Othering` erleben musste. Sie war eben anders und wuchs unter zerrütteten, anrüchigen und letztlich tragischen Familienverhältnissen auf. Dass sie anders ist – nicht so, wie es sein soll – das wurde (und wird) ihr von ihrer Umwelt gnadenlos gespiegelt. Sie wurde in einer kleiner Welt, in der jeder alles über die anderen (besser) zu wissen scheint, nicht als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft anerkannt. Und das ´Anrüchige´, das ihr anhaftete, war in ihren Augen unweigerlich mit dem ´Motel´ verknüpft – das Motel als Spiegel ihrer für sie untröstlichen, schier unerträglichen und bis heute unerlösten Verletzungen ihrer Kindheit und Jugend.

Dennoch ist das Motel auch ihr Zuhause und Zeuge ihrer vergessenen (unter anderem auch guten) Kindheitserinnerungen. Zudem wird es zu einem sozialen Zentrum, in dem diejenigen, die dafür bereit sind, Erlösung finden können. Dies nicht zuletzt dank Kang Hees Vater, der in seiner liberalen, immer wieder unverwechselbar geduldigen und vertrauensvollen Art das Feld dafür eröffnet.

 

 

 

Nichtsdestotrotz habe ich auch Kritik:

Ziemlich unpassend in Anbetracht der schwierigen, emotional komplexen Thematik dieses KDramas wirken da in meinen Augen die aufdringlichen, platten Produktplatzierungen – fast so, als wäre immer mal wieder eine Werbepause zwischengeschaltet… Peinlich!

(Deswegen: KEIN Prädikat “besonders wertvoll“…)

모텔 캘리포니아 - Motel kaelliponia

Lit.: Motel California

 

2025, 12 Episoden

 

Hauptdarsteller*innen:

- Lee Se-young

- Na In-woo

- Choi Min-soo

 

Plot:

Kang-hee hat vor 12 Jahren ihre Heimat verlassen und kategorisch alle Kontakte abgebrochen. Sie hatte genug von all dem Tratsch, der ihr das Leben seit Kindheit schwer gemacht hat, und wollte ihr Glück in Seoul versuchen. Nur einen hätte sie gerne mitgenommen: ihren über alles geliebten Kindheitsfreund, Cheon Yeon-soo. Doch der wollte nicht fortgehen.

 

Das Leben in Seoul gestaltet sich allerdings nicht so frei und unbeschwert, wie sie dachte. Auch da weht ihr ein garstiger Wind ins Gesicht und auch da muss sich wehren und ihren Raum schwer erkämpfen. Schließlich zieht sie das Glückslos und trifft auf die CEO Hwang Jeong-gu, die ihr Potenzial erkennt. Plötzlich eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten für Kang-hee und sie kann sich als Innenarchitektin entfalten.

 

Doch dann erhält sie einen Auftrag in ihrem Heimatort… und unvermittelt holt sie die Vergangenheit wieder ein.  Bis auf Yeon-soo, den sie zunächst fast nicht erkannt hätte, hat sich nichts verändert. Ihre Gefühle für Yeon-soo nicht. Und seine für sie auch nicht. Doch auch die der anderen ihr gegenüber nicht. Und so scheint es wieder keine gemeinsame Zukunft für die beiden zu geben…

Druckversion | Sitemap
© Wörtertanz.com 2021-2025