Unterwegs im Koreanischen
Unterwegs im Koreanischen

KDrama nach Themen: Von der Macht der Mächtigen

Insider

"Insider" hat mich von der ersten Minute an gepackt. Es war spannend und unvorhersehbar, faszinierend rund um die Welt des Kartenglückspiels und durchweg hochkarätig besetzt mit überzeugenden Mimen. Die Story ist um das ewig aktuelle Thema der korrupten südkoreanischen Gesellschaft gestrickt. Gut und Böse im klassischen Sinne wird man/frau nicht finden. Dunkle Grautöne auf der düsteren Seite bestimmen das Bild. Im Vordergrund steht die ernüchternde Praxis, Moral auf der Strecke durch Kompromisse zu ersetzen. Und wer nicht willig ist, darf Gewalt erleben. Brutal ist das KDrama in diesem Zusammenhang ebenfalls auf hohem Niveau.

 

Kann eine Person an den misslichen Umständen einer korrupten Gesellschaft etwas ändern? In den letzten Jahren stellt das KDrama auffällig oft diese Frage. Hier versucht der Sohn es dem Vater gleich zu tun und es zumindest zu versuchen... denn: wenn man es nicht zumindest versucht, dann kann sich auch nichts ändern. Er will also ans Gericht und dort seinen Beitrag leisten, für Gerechtigkeit zu sorgen. Wenn es sein muss auch Undercover. Die Frage bleibt: Kann eine Person an den korrupten Gesellschaftsstrukturen etwas ändern? Hilft es dabei, wenn illegale Machenschaften aufgedeckt werden? Oder bleibt am Ende alles wie es war, da schlichtweg neue Figuren die freigewordenen Rollen besetzen?

 

"Insider" rückt die Vernetzung von Politik, von Strafverfolgung und von gezielt institutionalisierten kriminellen Organisationen in den Mittelpunkt. Die Demokratie hat im Angesicht dieser schier übermächtigen Netzwerke, die im Hintergrund entscheiden und Fakten schaffen, praktisch keine Chance. Das ist bitter anzusehen. Insbesondere der hier gezeigte Umgang mit dem Gesetz, das geradezu wie ein Schwert im Interesse der Mächtigen geschwungen wird, zerstört schonungslos jegliche Hoffnung auf Gerechtigkeit für die redlichen Menschen.

 

Insofern ist "Insider" eher eine pessimistische Geschichte. Ich gestehe, ich stehe diesem dann insgesamt auch recht brutalen KDrama ambivalent gegenüber. Es ist abstoßend und faszinierend zugleich. Schonungslos breitet die Story ihre undurchdringlich verstrickten Fäden aus. Sie erzählt von ungeheuerlichen Machenschaften der Mächtigen sowie von infernalischen Umgangsformen im Gefängnis. Auch davon, erbarmungslos auf sich alleine angewiesen zu sein. Sie erzählt vom verzweifelten Versuch, Unrecht zu rächen.

 

Das dramaturgische Leitmotiv, das sich durch alle 16 Episoden durchzieht, ist ganz konkret und auch symbolisch das undurchdringliche Pokerface. Illegales Glücksspiel mit Karten dominiert "Insider" von der ersten Minute an bis zum Schluss. Insbesondere zu Beginn steht das Kartenspiel selbst im Vordergrund. Im Verlauf verschiebt sich die Zuschauerperspektive dann auf die Metaebene des Casino Managements und was da dran hängen mag. Doch wer hier was im Schilde führt und wer auf Seiten des Protagonisten steht, ist und bleibt praktisch bis zum Schluss unklar. Auf wen oder was soll man/frau setzen? Da zeigt uns das KDrama ebenfalls sein Pokerface und spielt einfach ungerührt seine Karten aus - eine Episode nach der anderen, bis zum Schluss.

 

Meiner Meinung nach ist die permanente Spannungssteigerung der ersten, hauptsächlich auf das Gefängnis konzentrierten ca. 8-10 Episoden ein einziger permanent sich steigernder Höhepunkt - und der eindrucksvolleste Teil. Danach kann dann der eigentliche Rachefeldzug nur verlieren. Nicht etwa weil er nicht ebenfalls auf hohem Qualitätsniveau angesiedelt wäre. Einfach deshalb, da diese permanente Spannungssteigerung nicht ewig weitergeführt werden kann. Inzwischen halten die Zuschauer*innen so viele offene Handlungsfäden in Händen, dass diese nun doch auch aufgelöst werden wollen, bevor man/frau komplett den Überblick (und das Interesse) verliert.

 

Kang Ha-neul ist unglaublich. Er verkörpert den diffizilen Veränderungsprozess in der Persönlichkeit eines hochmotivierten jungen Juristen, der unfreiwillig  das dunkle Ende der Gesellschaft aus allernächster Nähe kennenlernen muss. Wenn er sich nicht anpasst und nach deren Regel mitspielt, wird er nicht überleben. Wenn er in dieser düsteren Parallelwelt jedoch überlebt, dann kann er nie mehr sein, wer er war.

 

Doch auch alle anderen um ihn herum halten das intensive Feld und tragen zur überzeugenden Gesamtleistung bei. Insbesondere begeisterte mich dabei Kang Young-seok, der in der ersten Hälfte praktisch Seite an Seite mit Kang Ha-neul brilliert. Unglaublich, wie es ihm gelingt, einerseits unbarmherzig übelste Gewaltbereitschaft zu verkörpern und dabei andererseits doch auch irgendwie Sympathien zu gewinnen. Ein starker, unvergesslicher Auftritt!

인사이더 - Insaideo

Lit.: Insider (anglizistisch)

 

2022, 16 Episoden

 

Hauptdarsteller*innen:

-Kang Ha-neul
-Lee Yoo-young
-Heo Sung-tae
-Moon Sung-keun
-Yoo Jae-myung 
-Kim Sang-ho 
-Kang Young-seok 

 

Plot:

Der junge Gerichtspraktikant Kim Yo-han hat einen Undercover-Einsatz bei der Ermittlung gegen Drahtzieher im illegalen Glückspiel. Im Verlauf bittet ihn sein Vorgesetzter; sogar noch tiefer einsteigen und sich im Dienste der Ermittlungen ins Gefängnis einweisen zu lassen. Die verdeckte Mission entpuppt sich als geradezu lebensgefährlich. Zudem steht Yo-han alleine da und sitzt plötzlich im Gefängnis fest, denn seine Vorgesetzten können sich nicht zu ihm bekennen.

 

Es ist nicht leicht, in der Haftanstalt Seongju zu überleben. Da hilft es ihm, dass er im Kartenspiel bewandert ist, denn das Gefängnis entpuppt sich zugleich als eine der gefragtesten illegalen Spielhöllen des Landes. Innerhalb dieser Strukturen und mit der Hilfe eines hochbegabten Soziopathen arbeitet sich Yo-han nach oben, muss dabei jedoch einige Federn lassen.

 

Schließlich überholen ihn die Ereignisse und auch nach dem Ende seiner Haftstrafe kann er nicht mehr hinter das zurück, was er inzwischen weiß und erlebt hat. Er will Rache und Genugtuung. Dabei wählt er riskante Wege. Und dabei weiß er außerdem, immer wieder Alliierte zu gewinnen. Er will nun selbst ganz oben mitmischen... 

Druckversion | Sitemap
© Wörtertanz.com 2021-2024