Unterwegs im Koreanischen
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KDrama nach Themen: Bildung & Arbeitswelt

Our Unwritten Seoul

Erfreulicher Weise ein weiteres Juwel im KDrama Himmel 2025. „Our Unwritten Seoul“ gehört zu den KDramen, deren wahre Schönheit sich erst nach und nach entfaltet – wie die verschwiegene Blüte einer Nachtkerze, die sich still im Schutz der Dämmerung öffnet und ihren Glanz nur jenen zeigt, die geduldig verweilen.

 

Es gibt reichlich Stimmen, die sagen, die Serie sei emotional tiefgründig, poetisch, introspektiv, heilend… Die Serie war wochenlang in den globalen Netflix-Charts und wurde in über 28 Ländern unter die Top 10 gewählt. In jedem Fall ist es ein KDrama, das sich mit Identität, Selbstwahrnehmung und familiären Wunden beschäftigt. Und dabei wächst insbesondere Park Bo-young in ihrer Doppelrolle als Mi-ji und Mi-rae über sich hinaus.

 

Was zuerst nach einem ruhigen Drama aussieht, entpuppt sich als feingesponnenes Netz aus Schicksalen, Selbsttäuschung, Verwandlung und stiller Hoffnung. Es zeigt keine Welt, die besser wäre, sondern eine, die ehrlich ist. In der Träume scheitern, Familien müde sind, Menschen nebeneinander leben, ohne sich zuzuhören. Und trotzdem: Es gibt Erdbeeren. Es gibt warme Umarmungen. Es gibt die Möglichkeit, neu zu beginnen.

 

Die Geschichte zweier Zwillingsschwestern, die ihre Rollen tauschen, klingt wie ein bekanntes Muster – doch hier wird es zu einer Reflexion über Identität, Selbstwert und die Sehnsucht, einmal jemand anders zu sein.

 

Park Bo-young trägt die Serie nicht nur, sie formt sie. Als Mi-ji und Mi-rae – und eigentlich als vier substanzielle Versionen davon – Mi-ji und Mi-rae jeweils wie sie ´sind´ und wie sich als die jeweils andere im Rollentausch verhalten, daran wachsen. Ihre mimischen Nuancen, die leise Abgrenzung in Tonlage und Haltung, die sich verändernde Körpersprache, all das wirkt organisch. Selten war Doppelbesetzung so überzeugend.

 

Lee Ho-su (Park Jin-young) ist nicht der typische Love Interest. Er ist ein Mann mit Narben, sichtbaren wie unsichtbaren. Halb taub, halb fremd im eigenen Körper, wird er zum Spiegel des „Unvollkommenen“, was die Serie so wertvoll macht. Seine Beziehungen zum Mentor, zur Mutter, zur Vergangenheit, zu Mi-rae und Mi-ji – all das wird ohne Pathos erzählt.

 

Die Kantinenjobs, das Kleinstadtleben, die abgeplatzten Träume – sie machen „Our Unwritten Seoul“ zum Gegenentwurf mancher Serien, die im Glanz ersticken. Auch wenn die Stars hier aus dem KPop-Orbit stammen, sie finden in ihrem Spiel ein neues Level: zurückhaltend, reflektiert, menschlich. Selbst die Nebencharaktere haben ihre eigene Geschichte, die uns über die Zeit zu packen weiß. Das macht die Welt glaubwürdig und vielschichtig. Die Nebendarstellerinnen Cha Mi-kyung, Kim Sun-young und Jang Young-nam geben dem Drama dabei zusätzliche Tiefe, ohne den Raum zu dominieren.

 

Und dann die bewusst gesetzten Kontraste: Stadt und Land, Hochhaus und Erdbeerfarm. Die Szenen auf der Farm sind fast meditativ – ein Ort der Heilung. Dabei ist Han Se-jins Ausstieg aus der Hedge-Fund-Welt mehr als symbolisch: Es geht um das Wiederfinden einer Lebensform, die nicht effizient sein muss.

 

Schließlich bekommt auch das Thema Selbstmitgefühl hier erfreulicherweise seinen Raum: Die Serie fragt nicht nur, wie wir andere sehen, sondern wie wir uns selbst behandeln, wenn niemand hinschaut.

 

Der OST versteht sich als emotionaler Wegbegleiter. Die visuelle Qualität wurden ebenfalls sorgfältig auf die Geschichte abgestimmt. Die Serie nutzt dabei eine chiastische Struktur, d.h. sie arbeitet viel mit Gegensätzen und Spiegelungen, sodass Entwicklung und Heilung der Figuren sichtbar wird. Auch die Farben verändern sich nach und nach – je nachdem, wie es den Charakteren gerade geht.

 

Am Ende schließt die Geschichte einen Kreis. Die Protagonist*innen kehren an Orte zurück, enden dort, wo sie begonnen haben – verändert, gewachsen, mit ihren alten Wunden, die nun jedoch heilen können. Das ist subtil und wunderschön. Und: „wertvoll“.

미지의 서울 – Mijiui seoul

Lit.: Das Seoul, das wir noch nicht kennen

 

2025, 12 Episoden

 

Hauptdarsteller*innen:

- Park Bo-young

- Park Jin-young

- Ryu Kyung-soo

 

Plot:

Die Zwillingsschwestern Mi-ji und Mi-rae, äußerlich identisch, innerlich grundverschieden, beschließen, für eine Weile die Rollen zu tauschen. Mi-ji, einst sportlich begabt, lebt bescheiden im Heimatdorf und kümmert sich um die Großmutter. Mi-rae, akademisch versiert, lebt in Seoul und leidet unter dem Druck ihrer Karriere. Was als Spiel beginnt, wird bald zur Reise der Selbstverwirklichung – mit Erkenntnissen über Herkunft, Verletzungen, familiäre Erwartungen und stille Sehnsüchte.

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