Unterwegs im Koreanischen
Unterwegs im Koreanischen

KDrama nach Themen

Mehr Drama geht immer

Makjang - KDrama kann Drama

Makjang bezeichnet im KDrama die Tendenz, dramatische Wendungen und Schicksalsschläge bis zum Äußersten zu treiben. Ereignisse und Vorfälle, die im normalen Leben eher unwahrscheinlich erscheinen, werden im Makjang KDrama mit Sicherheit eintreten. Wenn jemand denkt, schlimmer kann es nicht mehr werden, dann kann man sich in einer Makjang Serie sicher sein: Es geht immer noch heftiger.

 

KDrama kann Drama. Die Produktionsteams inszenieren mit besonders viel Liebe zum Detail. Aber es bedarf dazu auch der passenden Zuschauer*innen – und die koreanischen Zuschauer*innen scheinen besonders viel Drama auszuhalten. Vielleicht liegt dies an einer besonders hohen Leidensfähigkeit als typisch koreanischem Charakteristikum? Das Land und seine Bevölkerung mussten über die Jahrhunderte viel ertragen. Betrachtet man allein das vergangene Jahrhundert der koreanischen Geschichte, entspricht dies im Grunde schon dem Makjang-Gedanken: Das japanische Protektorat – und damit einhergehend Missbrauch und Unterdrückung –, der Zweite Weltkrieg, der Koreakrieg, Militärputsch und Diktatur, die Unterdrückung demokratischer Bestrebungen mit Massakern am eigenen Volk, die willkürlichen Machenschaften der Jaebeol, die Asienkrise, endlich das zarte Pflänzchen Demokratie – und dann die eigene, gewählte Präsidentin wegen Korruption zu 22 Jahren Gefängnis verurteilt … Das ist ganz schön viel für ein Menschenleben. Im KDrama wäre das schon Makjang – für Korea ist es gelebtes Leben und nicht ganz so absurd. Mag sein, dass Makjang viel Drama auf einmal ist, aber so übertrieben ist es dann gar nicht.

 

Allein die jüngere Geschichte, die Gegensätze zwischen arm und reich, Stadt und Land, dazu die hierarchischen und tugendhaften familiären koreanischen Traditionen, das Wertesystem, der Einfluss der Jaebeol auf das gesellschaftliche Leben – all das bietet ein perfektes Umfeld für die unterschiedlichsten Spielarten von Drama. Und vertauschte Babys, Verwandtschaft, wo keine sein sollte, Verrat, Geheimnisse, Lügen, Gier – die Ursachen oder Auslöser unzähliger dramatischer Schicksalswendungen sind noch lange nicht zu Ende durchdekliniert. Für westliche Zuschauer*innen mag das zunächst befremdlich und unrealistisch wirken. Aber mit etwas Hintergrundwissen zur Kultur wird schnell klar, dass das KDrama im Detail zwar der dichterischen Freiheit geschuldet ist, die Geschichten aber durchaus vom (koreanischen) Leben inspiriert sind – und dem koreanischen Publikum viel näher als vielleicht dem deutschen.

Katharsis

Vielleicht ließe sich das Prinzip Makjang im KDrama mit dem Konzept der Katharsis in Verbindung bringen – wie es Aristoteles in seiner Tragödientheorie beschreibt. Leidensfähigkeit ist eine Eigenschaft, die das KDrama von seinem Publikum verlangt; ohne sie funktioniert es nicht. Diese Fähigkeit ist zwar nicht spezifisch koreanisch, aber das koreanische Volk scheint darin besonders geübt zu sein. In die emotionale Achterbahn menschlicher Gefühle zwischen Gier, Liebe, Verrat, Hass und Vergebung einzusteigen und im Mit- und Nachfühlen der Protagonist*innen mitzuleiden, zu schimpfen, zu lachen, zu weinen, mitzufühlen – das kann befreiend wirken, wie man es von der Katharsis im Zusammenhang mit der griechischen Tragödie kennt.

 

Im Druck des koreanischen Alltags mag eine solche „KDrama-Katharsis“ guttun. Und auch unter dem Alltagsdruck fast jeder anderen Kultur wirkt sie wohltuend – das könnte vielleicht mit erklären, warum die Welle (trotz kultureller Unterschiede) so weite Kreise zieht.

 

Jedenfalls: Wer will, kann sich emotional ganz schön ereifern und austoben. Und wer möchte, kann auch einfach abschalten. Doch für all jene, die sich lieber auf das Drama einlassen, hier ein paar Klassiker für „Mehr Drama geht immer“:

Beispiele

Druckversion | Sitemap
© Wörtertanz.com 2021-2025