Unterwegs im Koreanischen
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KDrama nach Themen

Von der Macht der Mächtigen

Bestechungsskandale, Geldwäsche, Erbschaftsstreitereien, Rosenkriege

Die Jaebeol sind durch die Produkte ihrer zahlreichen Tochterunternehmen in nahezu allen Lebensbereichen der südkoreanischen Bevölkerung präsent. Nicht zwangsläufig persönlich, wohl aber über die Abhängigkeiten, in die man unweigerlich gerät – sei es als Angestellte*r in einem ihrer Betriebe, als Käufer*in ihrer Konsumgüter oder als Mieter*in einer Wohnung aus dem Konzernportfolio.

Die Medien decken zudem regelmäßig Verstrickungen im Schatten der Politik auf – von Korruptionsaffären bis zu Familienskandalen wie Selbstmord, Drogen oder Rosenkriege. All dies gelangt ins öffentliche Bewusstsein.

Was für deutsche Zuschauer*innen mitunter wie Makjang (übertrieben, unrealistisch) wirken mag, ist aus südkoreanischer Sicht keineswegs fern der Realität. Viele KDramen, die offiziell unter anderen Themen laufen, könnten ebenso gut unter dem Titel „Die Macht der Mächtigen“ firmieren – denn die Mächtigen mischen fast immer mit.

 

Manche Figuren oder Konstellationen in "Don´t Look Back: Legend of Orpheus", "Money Flower", "Room No. 9", "Misty", "Mine", "Crash Landing on you", "That Winter the Wind Blows", "Chocolate" oder "Encounter" mögen gar an lebende oder verstorbene Jaebeol erinnern - wobei die Ähnlichkeiten bekanntlich ja völlig zufällig sind...

Exemplarischer Exkurs zur Samsung Sippe

Allein die jüngsten Schlagzeilen rund um den Familienclan des Samsung‑Konzerns und den 2020 verstorbenen Lee Kun‑hee bieten Stoff für mehrere Serienstaffeln.

 

Lee Kun‑hee, Sohn des Firmengründers, übernahm 1987 den Vorstand und machte Samsung zu einem globalen Technologiegiganten. Seit den 1990er‑Jahren wurde er mehrfach wegen Bestechung früherer Präsidenten, Korruption und Steuerhinterziehung angeklagt – kam jedoch stets durch Begnadigungen frei. Nach einem Herzinfarkt lag er jahrelang im Koma und verstarb 2020. Sein Erbe teilen sich drei Kinder – die jüngste Tochter nahm sich 2005 in New York das Leben, nachdem die Familie ihren Partner nicht akzeptiert hatte.

 

Der älteste Sohn, Lee Jae‑yong, war als Vizepräsident eingesetzt, sitzt jedoch wegen Bestechung – unter anderem im Zusammenhang mit Ex‑Präsidentin Park Geun‑hye – und Veruntreuung in Haft. Seine Schwester Lee Boo‑jin, CEO der Luxushotelkette Shilla und eine der einflussreichsten Frauen Südkoreas, konnte zwar ihre nicht standesgemäße Ehe durchsetzen, scheiterte jedoch privat und ist inzwischen geschieden. Die jüngere Schwester, Lee Seo‑hyun, ist mit Kim Jae‑yeol verheiratet, der ebenfalls in den Präsidentschaftsskandal verwickelt ist. Alle drei bekleiden Führungspositionen in Tochterunternehmen. Zusätzlich mussten sie sich immer wieder mit den neun Geschwistern ihres Vaters auseinandersetzen, von denen sich einige um ihr Erbe betrogen fühlen.

 

Bestechungsskandale, Erbschaftsstreitigkeiten und Rosenkriege – oft verbunden mit Sorgerechtskämpfen – liefern reichlich Stoff für Dramen. Ein weiteres Beispiel ist Lee Myung‑hee, Schwester von Lee Kun‑hee und Vorstand der Shinsegae‑Gruppe, einer der größten Kaufhausketten des Landes. Im Rosenkrieg zwischen ihrem Sohn und der Schauspielerin Go Hyun‑jung verlor diese das Sorgerecht für ihre Kinder. Zudem ordnete der Konzern an, dass keine Produkte oder Projekte mit Bezug zu Go Hyun‑jung in den Kaufhäusern verkauft oder unterstützt werden. Die Schauspielerin setzte ihren Weg dennoch unbeirrt fort – Respekt.

Kredithaie

Die übermächtige Präsenz der Großkonzerne erschwert mittelgroßen und kleinen Unternehmen zunehmend das wirtschaftliche Überleben. Der Preisdruck, den die „Großen“ ausüben, ist enorm. Hinzu kommen Korruption und Bestechung, mit denen Marktpositionen abgesichert werden – für kleinere Betriebe oft eine untragbare finanzielle Last. Zwar schreibt das Gesetz vor, dass Banken rund 45 Prozent ihres Kreditvolumens an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vergeben, doch wird diese Vorgabe häufig umgangen. Gleichzeitig dringen die Großkonzerne ungebremst in die Geschäftsfelder der KMU ein, werben qualifizierte Fachkräfte ab und verschärfen so den Wettbewerbsdruck.

Während sich die KMU in diesem ungleichen Kampf verschulden, geraten auch viele Privathaushalte in die Schuldenfalle – befeuert durch die Kreditkartenindustrie und eine zunehmend kreditfinanzierte Konsumkultur. Kredite bei Kredithaien sind für Unternehmen wie Privatpersonen oft der schnelle, aber riskante Ausweg. Etwa zehn Prozent der erwachsenen Bevölkerung sind aufgrund von Zahlungsausfällen von der regulären Kreditvergabe durch Banken ausgeschlossen – im Notfall springt der Kredithai ein. Dieses Szenario findet sich im KDrama als wiederkehrendes Motiv: mit lautstarken, skrupellosen Geldeintreibern, die in brutaler Manier ihre Forderungen eintreiben.

KDramen greifen diese Kapitel des südkoreanischen Alltags immer wieder auf und betten sie in größere gesellschaftliche Zusammenhänge ein – sei es in Dramen über wirtschaftliche Abhängigkeiten oder in Geschichten über den Kampf „der Kleinen“ gegen die Macht der Großkonzerne.

Im KDrama kann man dieses Kapitel südkoreanischen Alltags z.B. in folgenden Serien frisch aufbereitet und in den größeren Zusammenhang gestellt erleben: "Itaewon Class", "My Fellow Citizens".

Beispiele

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