KDrama nach Themen
Stichpunkt Massenbewusstsein: Auf breiter Basis des südkoreanischen KDrama‑Publikums ist die Offenheit und Öffentlichkeit für magische sowie zukunftsvisionäre Themen anscheinend wie selbstverständlich vorhanden. Die starke Repräsentanz im Spektrum der KDramen ist ein Zeichen für die positive Grundeinstellung zu neuen Technologien, aber auch für die Begeisterung für Magie und Mystik. Was für das westliche Selbstverständnis vielleicht wie ein Widerspruch scheint, ist in der koreanischen Kultur und der neueren (Wirtschafts‑)Geschichte des Landes begründet. Oder vielleicht bedingt sie den Fortschritt der letzten Jahrzehnte ja auch – wenn es um innovative, neue Technologien geht, ist eine gute Portion Fantasie wohl eine wichtige oder zumindest hilfreiche Voraussetzung …
Südkorea steht für technologische Innovation, insbesondere im Bereich moderner IT- und mobiler Kommunikationstechnologien. Investitionen in neue Technologien wurden zu Exportschlagern und öffneten dem Land das Tor zur Welt. Mit einem globalen Marktanteil von 11 Prozent ist die südkoreanische Halbleiterindustrie weltweit führend.
Die Technologie für Künstliche Intelligenz wird stetig ausgereifter – und der Moment, in dem sie im Alltag tiefgreifenden Einfluss nehmen wird, rückt unaufhaltsam näher. Es ist daher naheliegend, dass sich auch das Medium Film intensiv mit dem Thema und seinen Konsequenzen für Mensch und Gesellschaft auseinandersetzt. KDramen tun dies bereits seit einigen Jahren: Sie loten aus, was ein Leben mit KI für Menschen bedeuten könnte – welche Sehnsüchte, Gefahren und Erkenntnisse im Fahrwasser entstehen oder entstehen sollten.
Bereits 2016 veröffentlichte die koreanische Regierung ihre Intelligent Information Industry Development Strategy mit dem Ziel, bis 2020 bis zu 940 Millionen US‑Dollar in KI und verwandte Technologien zu investieren. Begleitet wurden diese Entwicklungen offenbar von passenden KDramen, die die Öffentlichkeit gleichsam „seelisch und moralisch“ auf die neuen Technologien vorbereiteten. Ob hier eine gezielte Steuerung „von oben“, reine zeitliche Koinzidenzen oder dynamisch-organische Wechselwirkungen in einer Gesellschaft vorliegen, in der viele Menschen in KI‑nahen Branchen arbeiten, bleibt offen. Sicher ist jedoch: In Südkorea hatte sich längst schon einiges im Massenbewusstsein verändert, als in Deutschland 2021 auf der Berlinale Maria Schraders Ich bin dein Mensch Premiere feierte.
Hier waren da z.B. bereits vertreten: "I am not a Robot" (2017), "Are you human too" (2018) und "My Holo Love" (2020).
Man kann sich sicher sein: Früher oder später begegnet man im KDrama Zeitreisen, Parallelwelten oder anderen Kreaturen – nicht als Ausnahme, sondern als beinahe durchgängige Erzählkonvention. Das südkoreanische Publikum, geprägt von starken buddhistischen Einflüssen und dem vertrauten Gedanken der Reinkarnation einerseits, zeigt andererseits auch keinerlei Berührungsängste mit modernster Quantenmechanik. So werden Zeitreisen, alternative Realitäten, Wiedergeburt und komplexe zeitliche Verflechtungen mit schöner Regelmäßigkeit zu Aufhängern für fesselnde Geschichten.
Die im Folgenden genannten KDramen bilden dafür nur eine kleine Auswahl – das erzählerische Spektrum ist noch weit größer. "Faith or the Great Doctor" (2012), "Moon Lovers - Scarlet Heart Ryeo" (2016), "Live up to your Name" (2017), "Tunnel" (2017), "Saimdang" (2017), "Hotel de Luna" (2018), "Train" (2020), "The King: Eternal Monarch" (2020), "Alice" (2020), "Kairos" (2020), sowie "Sisyphus" (2021).
In Südkorea gehören andere – oder für westliche Zuschauer noch fremde – Wirklichkeiten so selbstverständlich zum Serienkosmos wie bei uns die Krankenhausserie oder der Krimi. Auch Schaman*innen treten dort mit derselben Selbstverständlichkeit auf wie in westlichen Formaten der Privatdetektiv.
Die älteste Religion des Landes, der Schamanismus, ist bis heute fest in der Alltagskultur verankert. Entscheidungen wie die Namensgebung eines Kindes, die Wahl eines Hochzeitstermins oder sogar die Partnerwahl werden oft nach Rücksprache mit einer Schamanin oder einem Schamanen getroffen. Magie und Mystik haben damit auch in der modernen Welt einen festen Platz. Dort kommen mühelos Kreaturen aus Märchen vor (z.B. "Goblin: The Lonely and Great God", "Tale of the Nine Tailed", "Bulgasal: Immortal Souls" oder "The Legend of the Blue Sea"), oder Außerirdische (z.B. "My Love from the Star") sowie ein schicksalsträchtiger Körpertausch (z.B. "Room No. 9"). Außerdem gibt es reichlich Geschichten, in denen Geistergestalten von Seelen verstorbener Menschen eine Rolle spielen (z.B. "Master´s Sun", "Hotel del Luna" oder "The Cursed").
Jedenfalls schadet es nicht. Im Gegenteil, der spielerische, kreative Umgang mit den Wirklichkeiten (und Möglichkeiten) des menschlichen Seins bietet fantastische dramaturgische Ansätze, um das zeitlose Thema der großen Gefühle immer wieder mitreißend, bewegend und neu zu erzählen.
An anderer Stelle gelistet:
"Il Mare" (2000)
"My Mother, the Mermaid" (2004)
"Padam Padam" (2011)
"Faith or the Great Doctor" (2012)
"Moon Lovers - Scarlet Heart Ryeo" (2016)
"Chicago Typewriter" (2017)
"Live up to your Name" (2017)
"One Day" (2017)
"Saimdang" (2017)
"Hotel de Luna" (2019)
"See you in my 19th Life" (2023)